Wer auf den Waldhof zufährt, dem sticht sofort etwas ins Auge. Nein, es ist nicht der Reitplatz, obwohl man das auch nicht gerade bei jedem Landwirtschaftsbetrieb sieht. Es sind die unzähligen Hochstammbäume, die den Hof umgeben. Im Gespräch mit dem Betriebsleiter Stefan Sommer erfahre ich dann, wie viele es sind: 1850 Stück. Wer mit Bäumen auf Wiesen und Äckern auf Kriegsfuss steht, wird sich spätestens jetzt seine Gedanken machen. Auch mir ging es anfänglich nicht anders – wieso um Himmels Willen hat jemand freiwillig so viele Bäume?
Mostobst und Pferdeweide
Die Antwort ist einfach: Sie passen auf Sommers Betrieb. Hier werden rund 30 Pensionspferde gehalten und es wird Futter für diese Tiere produziert. Die Flächen, auf denen die Hochstammbäume stehen, werden als Pferdeweiden genutzt. Deshalb hat es auch nur auf den arrondierten Flächen Bäume. Die Pferde schätzen den Witterungsschutz der Bäume, insbesondere den Schatten. Die übrigen Wiesen werden zur Heu- und Emdproduktion genutzt.
Betriebsspiegel Waldhof
Name: Stefan Sommer
Ort: Hörhausen TG
Produktionsform: Bio Suisse
Fläche: 20 ha
Kulturen: 1850 Hochstammbäume, Naturwiese, Ökoflächen
Tiere: 30 Pensionspferde
Arbeitskräfte: Betriebsleiter, 1 Vollzeit-Angestellte
In den Jahren 2011 und 2018 hat Stefan Sommer jeweils 500 bis 600 Obstbäume gepflanzt – nicht wenige also. Der Landwirt machte sich während der Planungsphase Gedanken über die Finanzierung des Projekts. Ein Kollege hatte ihn damals auf den Fonds Landschaft Schweiz (FLS) – der dieses Jahr übrigens das 30-jährige Jubiläum feiern darf – aufmerksam gemacht. Daraufhin begann Sommer zu recherchieren und Informationen dazu einzusammeln. Schlussendlich stellte er beim FLS ein Gesuch, welches genehmigt wurde. Bei der Pflanzung der Bäume im Jahr 2011 hat der Fonds im Rahmen seiner Alleenkampagne 50 Prozent der Investitionskosten übernommen.
«Hallo, wir möchten dir etwas bezahlen»
«Für solche Recherchen muss man sich Zeit nehmen», erklärt Sommer. «Da kommt nicht ein Brief zu dir nach Hause, in dem steht: Hallo, wir möchten dir etwas bezahlen.» Wenn man sich die Zeit nehme, um sich vertieft mit Finanzierungsmöglichkeiten für derartige Projekte zu beschäftigen, werde man bei Stiftungen oder dem FLS meistens fündig – sei es mitzinslosen Darlehen, Einmalzahlungen etc.
Kooperation mit Ramseier
Ohne die finanzielle Unterstützung des Fonds Landschaft Schweiz hätte der Landwirt sicherlich nicht zwei Projekte in dieser Grössenordnung umgesetzt, wie er selbst sagt. «Obstbäume hätte ich wahrscheinlich trotzdem gepflanzt, aber nicht so viele.» Beim zweiten Projekt 2018 hat sowohl der FLS als auch die Firma Ramseier jeweils einen Drittel der Investitionskosten übernommen. Den Rest bezahlte der Landwirt selbst.
Stefan Sommer hat mit Ramseier einen Abnahmevertrag für den grössten Teil seines Mostobst-Ertrags. Biomostobst sei momentan gesucht und werde mit guten, stabilen Preisen bezahlt, erklärt er. Was nicht an Ramseier geht, wird direkt verkauft oder zu Dörrfrüchten verarbeitet und so haltbar gemacht.
Weniger Fliegen dank Vogelhäuschen
«Man muss einfach das machen, was einem Freude macht», ist Sommer überzeugt – und bei ihm ist das der Obstbau. Der passt auch hervorragend in die Betriebsphilosophie des Waldhofs. Die extensive Bewirtschaftung mit den vernetzten Strukturen bietet vielen Nützlingen Unterschlupf. Rund um den Hof sind zum Beispiel 100 Vogelhäuschen installiert, wodurch die Fliegenpopulation merklich dezimiert werden kann – das freut nicht nur den Landwirt, sondern auch die Pferde.
«Ich finde es wichtig, diese Sorten zu erhalten»
Auf dem Waldhof finden sich zirka 200 verschiedene Apfelsorten, darunter auch sehr alte. «Ich finde es wichtig, diese Sorten zu erhalten. Sie bilden die Grundlage für die Entwicklung neuer Sorten», erklärt der Landwirt. Gerade im Hinblick auf den Klimawandel und die sich verändernden Anbaubedingungen sei das sehr wichtig. Die Landwirtschaft ist auf die Natur angewiesen – für Sommer ist es deshalb eine logische Folge, dass man sich auch um sie kümmern muss. Ein solches Projekt sei «vielleicht auch Idealismus», und viele Bauern würden wohl denken, er spinne.
Aber der Bund will nun einmal die Biodiversität und die Natur mit Beiträgen fördern. Es ist jedoch nicht in Stein gemeisselt, dass das immer so bleiben wird. Sollten Obstbäume vielleicht einmal nicht mehr gefördert werden, sind die Bäume auf dem Waldhof genügend gross und alt, um gute Erträge abwerfen und somit Einnahmen generieren zu können.
Hilfe zur Finanzierung von Projekten einholen
Wer ein Projekt zur Förderung der Biodiversität, Landschaft, Umwelt etc. plant, kann bei diversen Organisationen und Stiftungen ein Gesuch für Mitfinanzierung stellen. Mögliche Anlaufstellen sind beispielsweise:
Stiftung Landschaftsschutz Schweiz
Paul Schiller Stiftung
Binding Stiftung
Stiftung Umwelteinsatz
Stiftung Natur & Wirtschaft
Je nach vorgesehenem Projekt können auch noch andere Institutionen in Frage kommen. Eine Recherche im Internet lohnt sich. Die Geschäftsstellen geben gerne Auskunft und beantworten Fragen.
«Baum-konformer» Maschinenpark
Stefan Sommer hat 100 Bäume pro Hektare gepflanzt. Bei der Planung der Anlage ist zu beachten, dass diverse Auflagen erfüllt werden müssen, beispielweise der Grenzabstand zu Nachbarparzellen. Die Bäume haben zueinander jeweils zehn Meter Abstand. Sein Maschinenpark ist entsprechend «baum-konform»: statt immer auf neue und noch grössere Maschinen zu setzen, fährt Stefan Sommer lieber mit etwas kleineren Traktoren und Geräten. «Dafür komme ich gut unter und zwischen den Bäumen hindurch», sagt er schmunzelnd.
Landwirte werden nicht unter Druck gesetzt
Nicht bei allen Vorhaben kommt der FLS vorbei, um das Projekt am Schluss abzunehmen. Wenn aber jemand vorbeikommt, ist die Kontrolle auf alle Fälle nicht dazu da, die Landwirtinnen unter Druck zu setzen. «Es geht ihnen vor allem darum, zu sehen, ob das Geld auch wirklich dafür eingesetzt wird, wofür es gesprochen wurde», erklärt Sommer. Solange man aber das Geld wirklich auch rechtmässig verwende, habe man bei diesen Kontrollen überhaupt nichts zu befürchten.
Nachgefragt bei Bruno Vanoni
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Wie ist der Fonds Landschaft Schweiz (FLS) aufgebaut?
Der FLS wurde 1991 zur 700-Jahr-Feier der Eidgenossenschaft vom schweizerischen Parlament gegründet, das in jenem Jubiläumsjahr «etwas von bleibendem Wert» schaffen wollte. Seither haben der National- und der Ständerat die rechtlichen und finanziellen Grundlagen des FLS drei Mal erneuert – zurzeit gültig bis 2031. Der FLS ist ein verwaltungsunabhängiges Förderinstrument des Bundes; über Förderbeiträge auf Gesuch hin entscheidet eine 13-köpfige Kommission, die vom Bundesrat gewählt und von der ehemaligen Zürcher Ständerätin Verena Diener präsidiert wird.
Für welche Projekte können Landwirt(innen) beim FLS Gesuche um Finanzierung stellen?
Grundsätzlich für alles Mögliche, wenn es dem gesetzlichen Zweck des FLS entspricht, naturnahe Kulturlandschaften und deren Elemente zu erhalten und aufzuwerten. Die häufigsten FLS-Beiträge an Bauern waren bisher für die Pflanzung von Hochstammbäumen bestimmt. Weil solche Pflanzungen zunehmend auch durch Direktzahlungen für Landschaftsqualität gefördert werden, ist die Zahl solcher Beiträge eher rückläufig.
Zuweilen erhält der FLS auch Gesuche von Landwirtinnen für die Erneuerung von Trockenmauern, für die Pflanzung von Kastanienhainen (im Tessin), für das Ausdolen von Wiesenbächlein oder auch für Projekte, die mehrere Massnahmen auf einem Bauernbetrieb vorsehen: zum Beispiel Hecken aufwerten, traditionelle Holzzäune errichten, ein Biotop für Amphibien schaffen, etc.
An welchen Kriterien orientiert sich der FLS bei der Beurteilung der Gesuche?
Beiträge gibt es nur für freiwillige Massnahmen, die einen Mehrwert in der Landschaft bringen.
Landbesitzende und Bewirtschaftende müssen damit einverstanden sein. Auch wenn Gesuche nicht direkt von Bauern stammen, fördert der FLS grösstenteils Massnahmen auf landwirtschaftlichen Nutzflächen und im Sömmerungsgebiet. Nur schon daher kann man sagen, dass ein sehr grosser Teil der jährlich vergebenen FLS-Beiträge (vier bis fünf Millionen Franken) direkt oder indirekt der Landwirtschaft zu Gute kommen. Eine Jahresauswertung für 2017 hat ergeben, dass rund 80 Prozent der FLS-Gelder auch gut für die Landwirtinnen sind. Die entsprechenden Gesuche werden oft von Gemeinden, engagierten Vereinen und andern örtlich verankerten Projektträgerschaften gestellt.
Wie läuft der Prozess von der Gesuchstellung bis zur Auszahlung des Geldes ab?
Gesuche, im Zweifelsfall zuerst auch gerne informelle Anfragen, sind an die FLS-Geschäftsstelle zu richten. Aufgrund ihrer Vorarbeiten berät ein Projektausschuss der FLS-Kommission über die Beitragsgewährung und -höhe. Das letzte Wort hat die FLS-Kommission. Nach ihrem Entscheid erhalten Gesuchsstellende eine anfechtbare Verfügung und müssen sich zur Ausführung der geförderten Massnahmen mit allfälligen Auflagen verpflichten.
Das Geld wird ausbezahlt, sobald die vereinbarte Umsetzung nachgewiesen ist. Je nach Höhe des Beitrags reichen dafür Fotos und schriftliche Berichte – bei grösseren Projekten begleiten und besuchen FLS-Verantwortliche das Projekt vor Ort.
Wie viele Projekte begleitet der FLS jährlich?
Im letzten Jahr sind beim FLS mehr als 150 Gesuche eingegangen, rund 130 davon haben einen Beitrag zugesichert erhalten. Weil oft auch mehrjährige Projekte gefördert werden, begleiten die wissenschaftlichen Mitarbeitenden und – bei grösseren Vorhaben – auch Kommissionsmitglieder immer auch Projekte aus Vorjahren.
Aktuell sind deshalb rund 350 Projekte am Laufen – bei Bedarf mit fachlicher Begleitung durch den FLS. Insgesamt hat der FLS seit seiner Gründung bereits mehr als 2900 Beiträge für insgesamt 158,7 Millionen Franken an Projekte in allen Landesgegenden gesprochen.
Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit mit den Landwirt(innen) während und nach der Umsetzung eines Projekts?
Während der Umsetzung steht der FLS bei Bedarf für fachliche Begleitung zur Verfügung. Nach der Abnahme eines Schlussberichts und der Auszahlung ist die Zusammenarbeit beendet. Beim FLS freut man sich aber natürlich über jede nachfolgende Information über die erzielte Wirkung, über neue Gesuche für Folgeprojekte – oder auch einfach über die sichtbaren Resultate der geleisteten Unterstützung in der Landschaft.