Wie weiter in der Agrarpolitik? Der Bundesrat peilt eine grüne, produktive und vermehrt pflanzliche Landwirtschaft an Thursday, 23. June 2022 «Kommt der grosse Systemwechsel oder bleibt alles beim Alten?» – diese Frage stellten die Berner Junglandwirte Simon Lanz. Der ETH-Agronom leitet beim Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) den Fachbereich Agrarpolitik und Strategieentwicklung und erklärte gleich zu Beginn: «Ob der Umbruch kommt, kann ich heute nicht sagen – aber, in welche Richtung es geht.»

«Starkes Bekenntnis»

Vor den rund 85 Versammelten erklärte Simon Lanz die Hintergründe des Zukunftsbildes 2050 des Bundesrates und dessen wichtigste Eckpunkte. Dazu gehört auch der Erhalt des Selbstversorgungsgrades (SVG) bei mindestens 50 %. «Das ist ein mega starkes Bekenntnis zur Schweizer Produktion, insbesondere angesichts wachsender Bevölkerung und der Herausforderungen im Pflanzenschutz», betonte er, denn in den letzten Jahren habe der SVG eher bei 45 % gelegen.

Ausserdem strebe der Bundesrat eine vielfältige Produktion an und ihm sei eine gerechte Verteilung der Wertschöpfung im asymmetrischen Markt wichtig.

Für Stirnrunzeln sorgte das bundesrätliche Ziel, die Arbeitsproduktivität in der Landwirtschaft um 50 % zu steigern. «Manchmal wird das als Anspruch an die Landwirte gelesen», konstatierte Simon Lanz. Es gehe aber darum, mehr zu verdienen – entweder durch mehr Wertschöpfung oder gezielteren Einsatz der Arbeitszeit.

Die 50 % seien nicht aus der Luft gegriffen, denn in den letzten 20 Jahren stieg die Arbeitsproduktivität um rund ein Drittel. Auch ist Lanz zuversichtlich, dass sich der Anteil der Produzenten am Konsumentenfranken vergrössern lässt. Das BLW setzt dabei grosse Hoffnungen in die Zielvereinbarungen mit dem Detailhandel, die aktuell diskutiert werden. «Das Umfeld ist rau, da gebe ich Ihnen recht. Aber das war schon vor 20 Jahren so», bemerkte Lanz.

Abgabe statt «Korsett»

Ein weiteres schwieriges Thema bei der AP 2030 sind Lenkungsabgaben. Wenn, dann solle es solche Abgaben nur auf Betriebsmittel geben, sagte Simon Lanz. Das Ziel sei ein Anreiz, Pflanzenschutzmittel und Dünger effizienter einzusetzen: Zum Beispiel würden Herbizide teurer und damit weniger attraktiv, dafür entfiele die Aufzeichnungspflicht für ihren Einsatz. Dank einer einfachen Rückverteilung der eingezogenen Beträge aus dem Verkauf von Herbiziden – basierend etwa auf der Grösse eines Betriebs – würden jene von der Lenkungsabgabe profitieren, die weniger Herbizide genutzt hätten. «Dieser Anreiz existiert bereits», hielt Leana Waber, Co-Geschäftsführerin der Berner Junglandwirte dagegen. «Das heutige Direktzahlungssystem ist massnahmenbezogen und ein wahres Korsett», erwiderte Lanz. Lenkungsabgaben könnten die bisherigen Bundesprogramme ersetzen und die Rentabilität neuer Technologien über die Rückverteilung der eingezogenen Abgaben verbessern. Das Ganze solle aber nicht zu einer Extensivierung führen, das Niveau der Produktion sei vielmehr zu halten. «Lenkungsabgaben gehen nur, wenn heutige Extensivierungs-Programme wegfallen. Nicht obendrauf, sondern als Alternative», so der BLW-Mitarbeiter.