Die Formel für eine spürbare administrative Entlastung der Landwirtschaftsbetriebe lautet «1:1:1»: höchstens eine Grund- oder Standardkontrolle pro Betrieb und Jahr. «Das gilt für öffentlich-rechtliche Kontrollen für Direktzahlungen ebenso wie privatrechtliche Label-Kontrollen», erklärte Christian Hofer, Direktor des Bundesamts für Landwirtschaft (BLW) anlässlich eines Hintergrundgesprächs vor den Medien.

Alle Beteiligten zusammen

Die zuständigen Bundesämter, Kantone und privatrechtliche Organisationen (Labels) haben sich auf einen gemeinsamen Aktionsplan Kontrollen geeinigt. Das Dokument wurde gestern Donnerstag nach dem zweiten Runden Tisch zur Vereinfachung des Kontrollwesens in Bern im Beisein von Bundesrat Guy Parmelin unterzeichnet. Es schaffe eine gewisse Verbindlichkeit, sagte Christian Hofer. 17 Behörden- und Verbands- bzw. Labelvertreter haben ihre Unterschrift unter den neuen Aktionsplan gesetzt (siehe Kasten). Es sei das erste Mal, dass alle Beteiligten – inklusive der privatrechtlichen Akteure – so zur administrativen Entlastung der Landwirt(innen) zusammenarbeiten. «Jede Organisation soll ihren Beitrag leisten», so der BLW-Direktor. Die Umsetzung der rund 60 Massnahmen beginne quasi ab sofort, sicher aber ab 2026.

Der Aktionsplan Kontrollen umfasst vier Teilbereiche, zu denen das BLW einzelne Beispiele gab:

  • Kontrollintervall: Label-Organisationen und Bundesämter überprüfen, ob sie ihre Intervalle anpassen und die Kontrollen so optimieren bzw. besser aufeinander abstimmen können. Möglich wäre etwa ein vermehrt risikobasierter Ansatz statt fixer jährlicher Kontrollen – oder Kontrollen im Büro statt vor Ort auf den Betrieben. Seitens BLW ist vorgeschlagen, pro Jahr bei maximal 10 % der Betriebe keine Grundkontrolle durchzuführen, was der Bundesrat noch verabschieden muss. Eine Neuanmeldung zu einem Programm soll nicht mehr automatisch eine Kontrolle auslösen, sondern nur, falls der zu erwartende Beitrag über 500 Franken liegt.
  • Koordination und Kombination: Ein Erfahrungsaustausch unter den Kantonen soll dafür sorgen, dass bereits funktionierende Verschlankungen weitergegeben und Prozesse national harmonisiert werden können. Weiter prüft man die Einrichtung einer einzigen Koordinationsstelle unter Beteiligung aller Akteure. IP-Suisse möchte den Anmeldeprozess so anpassen, dass die Kontrollstellen ihre Aufträge bereits zu Jahresbeginn erhalten, was die Koordination vereinfachen würde.
  • Kontrollpunkte: Alle Organisationen haben ihre Kontrollpunkte an das BLW geliefert. Künftig sollen sie auf einer Website aktualisiert und transparent einsehbar sein.
  • Kontrolldaten austauschen: Die Ergebnisse von öffentlich- und privatrechtlichen Kontrollen können von jeweils anderen Organisationen eingesehen werden, was eigene Kontrollen ersetzen kann. Voraussetzung dafür ist, dass der Landwirt oder die Landwirtin diese Daten freigibt (siehe unten).

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Resultate werden überprüft

«Wir können die privatrechtlichen Organisationen nicht zum Handeln zwingen», stellte Christian Hofer klar, «aber wir bleiben dran.» So werde es ein Monitoring geben, die Resultate der Bemühungen im Rahmen des Aktionsplans Kontrollen würden spätestens im ersten Halbjahr 2027 überprüft. Das Ergebnis ist ein Bericht zuhanden des Departementschefs Guy Parmelin. In der Folge könnte es bei Bedarf Anpassungen geben.

«Was wir hier machen, ist ein erster Schritt zur Reduktion der unnötigen administrativen Belastung», fuhr Hofer fort. Er zeigte sich zuversichtlich, dass etwas erreicht werden kann. Neben dem Aktionsplan zum Kontrollwesen gibt es aber noch zwei weitere Etappen, die dieses Ziel verfolgen:

  • Landwirtschaftliches Verordnungspaket 2026: Vorschläge bei den Direktzahlungen sind in Vorbereitung und werden Anfang 2026 in Vernehmlassung gehen. Möglicherweise werden etwa gewisse Kontrollpunkte wegfallen.
  • AP 30+: Die Inhalte dieser Reform werden noch diskutiert, sollen aber ebenfalls zur Vereinfachung des Systems und der administrativen Entlastung beitragen. Vorschläge sind etwa eine Neuausrichtung der Direktzahlungen auf Wirksamkeit statt Massnahmenumsetzung oder Programme mit einmaligen statt regelmässigen Beiträgen abzugelten.

Trotz vereinter Bemühungen wird die administrative Entlastung nicht für alle Betriebe gleichermassen oder unmittelbar spürbar sein, ist sich der BLW-Direktor bewusst. «Die Entlastung erfolgt mit der Zeit und schrittweise.» Die Glaubwürdigkeit des Kontrollsystems und damit der Labels sei indes weiterhin sichergestellt. Am Runden Tisch hätten auch Vertreter(innen) des Detailhandels gesessen, für die ebendies besonders wichtig sei. Risikobasierte Kontrollen blieben in allen Bereichen ein wichtiger Pfeiler des Systems. Dank des Einbezugs des Schweizer Bauernverbands (SBV) und der verschiedenen Verbandspräsidenten, die teilweise selbst Betriebe führen, seien die Bauern «voll vertreten» gewesen.

Datenfreigabe ist Voraussetzung

BLW-Direktor Christian Hofer betonte, Daten zu Kontrollergebnissen würden nur nach erfolgter Freigabe durch den Landwirt oder die Landwirtin anderen Organisationen zugänglich gemacht.

Dazu dient eine neue Plattform. Damit die Daten verschiedener Herkunft kompatibel sind, sorgt das BLW für deren Standardisierung. Die Plattform diene allein dem Austausch von Daten, versicherte Hofer: «Es wird nichts gespeichert, wir sammeln keine Daten, die nichts mit öffentlich-rechtlichen Kontrollen zu tun haben.»

Wenn sich ein Betriebsleiter gegen die Freigabe seiner Daten entscheidet, brauche es je nachdem auf diesem Hof mehr Kontrollen. Laut BLW haben sich die unterzeichnenden Organisationen des Aktionsplans verpflichtet, ihre Mitglieder zu sensibilisieren. Es soll klar sein, wie mit Daten umgegangen wird.


Wer hat unterschrieben?

Folgende Bundesämter, kantonale Stellen und privat-rechtliche Organisationen haben den «Aktionsplan auf Landwirtschaftsbetrieben» unterzeichnet:

  • Bundesamt für Landwirtschaft (BLW)
  • Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV)
  • Bundesamt für Umwelt (Bafu)
  • Landwirtschaftsdirektorenkonferenz (LDK)
  • Konferenz der Landwirtschaftsämter der Schweiz (Kolas)
  • Vereinigung der Schweizer Kantonstierärzt(innen) (VSKT)
  • Konferenz der Umweltämter (KVU)
  • Swissgap
  • IP-Suisse
  • Bio Suisse
  • Schweizer Bauernverband (SBV)
  • Agro-Marketing Suisse (AMS)
  • Mutterkuh Schweiz
  • Koordinationsstelle Integrierte Produktion (KIP)
  • Groupement pour la production intégrée dans l’Ouest de la Suisse (Pioch)
  • Agrosoultion
  • IG Detailhandel