Was ist der grösste Schaden der Sistierung?
Hansjürg Jäger: Ein Reformstau, der die Labelorganisationen Marktanteile und die Landwirtschaft Vertrauen kosten kann. Die Sistierung ist eine Enttäuschung für alle, die sich im guten Willen für eine ausgewogene und komplette Vorlage eingesetzt haben.

Sind die Vierjahresrhythmen mit grossen Politpaketen überhaupt zeitgemäss?
Grosse Politpakete werden sowieso nicht alle vier Jahre geschnürt. Schon die AP 07 machte 2011 nur einen Zwischenschritt und dauerte sieben Jahre. Die AP 14–17 wurde 2018 leicht angepasst und wäre selbst mit der AP 22+ acht Jahre in Kraft gewesen.

Sie wollen auch ohne politischen Support weitere Schritte Richtung Nachhaltigkeit unternehmen. Braucht es die Politik gar nicht mehr?
Doch. Landwirte, Label- und Produzentenorganisationen entwickeln mit ihren Marktpartnern nachhaltigere Produkte. Davon sind nicht alle Elemente marktfähig – beim Klimaschutz oder beim pestizidfreien Getreideanbau sind die Kosten beispielsweise höher als die Erträge. Die Politik kann hier helfen, Lücken zu schliessen und Innovation nachhaltigerer Anbausysteme und Produkte unterstützen.

Die Umweltverbände sind im Moment gegenüber der Landwirtschaft sehr aggressiv unterwegs. Sind sie in der Agrarallianz noch tragbar?
Ja. Die Agrarallianz entwickelt Lösungen, die alle Akteure weiterbringen. Wir unterstützen positive Dynamiken, beteiligen uns, wo sinnvoll, gemeinsam am politischen Prozess – und das ohne Hinterzimmer-Deals.

Befürchten Sie nicht den Austritt von IP-Suisse?
Nein. Die Stärke der Agrarallianz ist der offene und zielgerichtete Austausch zwischen ihren Mitgliedern. Uns vereint, dass wir von der Heu- bis zur Essgabel eine enkeltaugliche Land- und Ernährungswirtschaft vorantreiben. Das Gemeinsame ist dabei wichtiger, als es die Differenzen sind.