Nimmt die deutsche Regierung die schrittweise Aufhebung der Subventionen für den Agrardiesel nicht zurück, könnten die Bauernproteste in Deutschland schon bald wieder aufflammen. Der Ball liege nun im Spielfeld der Politik, sagte Bauernpräsident Joachim Rukwied am Mittwoch am Agrarpolitischen Jahresauftakt des Deutschen Bauernverbandes (DBV). Gebe es kein Einlenken vonseiten der Regierung, gehe er davon aus, dass es «weitere Proteste und Demonstrationen» geben werde.

Zu Wort kamen an der Podiumsdiskussion zum Jahresauftakt auch Vertreterinnen und Vertreter der Regierungsparteien SPD, FDP und Grüne. Sie äusserten Verständnis für den Unmut der Bauern, zeigten aber Härte in der Sache. Eine Rücknahme der Streichung der Agrardieselsubventionen wurde nicht in Aussicht gestellt. Rukwied bezeichnete die Diskussion im Anschluss als «aus landwirtschaftlicher Sicher mehr als enttäuschend»: «Die Koalitionspartner haben klar signalisiert, dass sie sich beim Agrardiesel nicht mehr bewegen wollen», so sein Fazit.

«Versuch, die Proteste zu diskreditieren»

Auf Seite der Bauern hatte sich einzig Alexander Dobrindt von der oppositionellen Christlich Demokratischen Union (CDU) gestellt. Grund für die Sparmassnahmen seien nicht die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, sondern ein selbst verschuldetes «Haushaltsdesaster» der sogenannten Ampel-Koalition. «Sie haben sich einige Gruppen ausgesucht, die das bezahlen sollen», so sein Vorwurf an die Regierung. Dass im Laufe der Aktionswoche von Vertretern der Regierungsparteien Ängste vor einer rechtsextremen Unterwanderung geschürt worden seien, wertete Dobrindt als «einen Versuch, die Proteste zu diskreditieren».

Der SPD-Fraktionsvorsitzende Rolf Mützenich verwies in einer Videobotschaft auf die Schuldenbremse, ohne die weniger hätte gespart werden müssen. «Wir Sozialdemokraten sind der festen Überzeugung, dass der Staat gerade in diesen Zeiten eine starke Möglichkeit haben muss, die Gruppen, die den Wandel auch wollen, zu unterstützen», sagte er.

«Zeitenwende in der Landwirtschaft»

Aktualisiert Bauernproteste Das war die grosse Bauerndemo in Berlin: Eindrücke vor Ort Monday, 15. January 2024 Vonseiten der Grünen kritisierte Britta Hasselmann die Landwirtschaftspolitik der Vorgängerregierungen. «Niemand kann die Augen davor verschliessen, dass es in der Landwirtschaft nicht mehr so weitergehen kann wie bisher», sagte sie und nannte die Zahl von 140 000 Betriebsaufgaben im Zeitraum von 2005 bis 2021. Es brauche nun viel mehr als Agrardieselsubventionen. «Nichts tun und die Hände in den Schoss legen hatten wir lange genug in der Landwirtschaft», sagte sie bestimmt.

Vom Wandel sprach auch der Vertreter der kleinsten Regierungspartei, FDP, Christian Dürr: «Wir haben in den letzten Jahren viel über ‹Zeitenwende› gesprochen, die braucht es jetzt auch in der Landwirtschaft.»

Ampel verspricht Landwirtschafts-Paket

Alle drei Regierungsvertreter verwiesen darauf, dass die Regierung mit dem Verzicht auf die Aufhebung der KfZ-Steuer-Befreiung für Forst- und Landwirtschaft und der Streckung des Abbaus der Agrardieselsubventionen den Bauern bereits entgegengekommen sein. Das sei erst der Anfang, so die Versprechung der Regierungsparteien.

SPD-Vertreter Matthias Miersch erinnerte an die Gespräche, die am Montag nach der Demonstration vor dem Brandenburger Tor zwischen Vertretern der Regierungsparteien und der Bauern stattgefunden hatten. Auch wenn es beim Agrardiesel keine Einigung gebe, seien diese doch nicht ergebnislos verlaufen, gab er zu bedenken. «Es geht um viel mehr: Planungssicherheit, Bürokratieabbau». Schon im Sommer werde das Parlament ein neues Landwirtschaftspaket beschliessen, das auch die gesicherte Finanzierung des Stallausbaus beinhalten werde, so Miersch. «Man wird dann sehen, ob das Paket, das wir als Ampel schnüren, nicht viel zukunftsfähiger ist als der festgefahrene Kampf um Agrardiesel».

Rukwied sieht keine Alternative zu Diesel

Bei Joachim Rukwied kam er damit nicht gut an. «Jetzt geht es um Agrardiesel. Wenn das Thema vom Tisch ist, können wir gerne in Ruhe über alles andere sprechen», stellt er klar. Die Rücknahme sei Voraussetzung für weitere Gespräche. Denn ohne Agrardieselsubventionen sei die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Landwirtschaft nicht mehr gegeben. «Wir hätten zusammen mit den Niederlanden den teuersten Diesel in Europa», sagte er. Und ohne Diesel gehe es nicht: «Für grosse Traktoren, Mähdrescher, und Feldhäcksler wird es auf absehbare Zeit nur Diesel geben.»