«Fünf Alphütten im Visier der Baupolizei», «Auch der Blausee-Besitzer vermietet in der Landwirtschaftszone», so lauten Schlagzeilen der letzten Wochen von der Regionalzeitung «Berner Oberländer». Offenbar sind die Besitzer von Alphütten ins Visier der Behörden geraten, oder zumindest der Presse. Begonnen hat alles mit einem Artikel im «Blick»: «Illegales Millionengeschäft mit Alphütten!», titelte er. Doch was ist wirklich Sache? Darf man eine Alphütte nicht legal ausbauen?
Streng geregelt
Tatsächlich geht es bei dem Thema um das Raumplanungsgesetz, wie Marcel Guinand, Bauverwalter von Innertkirchen im Berner Oberland erklärt. Beim Umbauen von einer Alphütte oder Weidehütte geht es um das Bauen ausserhalb der Bauzone. Dies ist grundsätzlich nur möglich, wenn das Gebäude landwirtschaftlich genutzt wird. Ansonsten braucht es eine Ausnahmebewilligung. Eine Ausnahmebewilligung kann nur von der zuständigen kantonalen Behörde erteilt werden.
Das Raumplanungsgesetz sieht gemäss Artikel 24d vor: «In landwirtschaftlichen Wohnbauten, die in ihrer Substanz erhalten sind, können landwirtschaftsfremde Wohnnutzungen zugelassen werden.» Zudem können Gebäude, die von einer zuständigen Behörde unter Schutz gestellt wurden, vollständig im Zweck geändert werden. Damit diese Bewilligungen erteilt werden können, gelten strenge Auflagen.
Die Baute: Sie wird für den bisherigen Zweck nicht mehr benötigt, ist für die vorhergesehene Nutzung geeignet, hat keine Ersatzbaute zur Folge.
Die äussere Erscheinung: Die bauliche Grundstruktur bleiben im Wesentlichen unverändert.
Erschliessung und Kosten: Notwendig ist höchstens einegeringfügige Erweiterung der bestehenden Erschliessung. Sämtliche Infrastrukturkosten, die im Zusammenhang mit der vollständigen Zweckänderung der Bauten und Anlagen anfallen, werden auf deren Eigentümer überwälzt.
Bewirtschaftung: Die landwirtschaftliche Bewirtschaftung des umliegenden Grundstücks ist nicht gefährdet.
Gegeninteressen: Dem Bauprojekt stehen keine Gegeninteressen gegenüber.
Werden all diese Bedingungen erfüllt und erteilt der Kanton die Baubewilligung, ist der Umbau einer Alphütte legal.
Kulturlandschaft erhalten
«Einen reinen Stall kann man nicht ausbauen zu Wohnzwecken», erklärt Marcel Guinand, «aber wenn bereits Wohnraum vorhanden sei, gäbe es Möglichkeiten. Und diese würden auch genutzt.
«Für die Gemeinden ist es wichtig, dass diese Hütten erhalten bleiben. Sie gehören zu unserer Kulturlandschaft.»
Daneben müsse man berücksichtigen, dass im es Alpgebiet viele Hütten oder Häuser gibt, die im Baurecht sind. Das heisst der Boden bleibt bei der Alp aber das Gebäude wird nicht mehr voll landwirtschaftlich genutzt.
Region weiterentwickeln
Walter Brog, Gemeindepräsident von Innertkirchen findet es höchst kritisch, dass seit diesen Zeitungsartikeln alle Bauverwalter und Gemeinden unter Generalverdacht gestellt würden.
«Wenn jemand die Bewilligung hat, ein Maiensäss auszubauen, steht dem nichts im Weg.»
In ihrem Gemeindegebiet seien ihm keine Ausufernden Sachen bekannt. Lediglich in zwei bis drei Fällen mussten sie intervenieren. «Ich denke, dass diese Diskussion durch Neid und Missgunst ausgelöst wurde», sagt Brog. «Jedoch hoffe ich, dass Politik und die kantonalen Behörden nun nicht überreagieren.»
Er fragt sich ausserdem, wer oder was einen Schaden davonträgt, wenn eine Alphütte massvoll ausgebaut wird. Weder die Umwelt noch die Umgebung würden dadurch geschädigt, solange nicht gerade Prunkbauten erstellt werden. «Wir sind froh, wenn jemand die Liegenschaften erhält und das Berggebiet noch bewirtschaftet wird», sagt der Gemeindepräsident.
Brog macht sich grosse Sorgen, was die Regierung mit dem Berggebiet vorhat, wenn er die Weiterentwicklung des Raumplanungsgesetzes betrachtet.
«Wie sonst soll sich das Berggebiet weiterentwickeln als mit nachhaltigem, sanftem Tourismus?!»
Vorstösse abgelehnt
Doch nicht nur den Kanton Bern ist von der Problematik betroffen. So reichten die Kantone Graubünden und Wallis im Jahr 2016 zwei Vorstösse ein, in denen es darum ging, das Raumplanungsgesetz anzupassen.
Die Bündner möchten die nicht mehr genutzten Maiensässe zu Wohnraum umnutzen, solange ihre Identität gewahrt bleibt. Die Walliser schlossen sich den Bündnern an. Die Kommissionen für Umwelt, Raumplanung und Energie vom Ständerat und Nationalrat lehnten die Initiativen der beiden Kantone ab.