Als das Bäuerliche Bodenrecht (BGBB) 1994 in Kraft getreten ist, war die Schweizer Landwirtschaft eine andere: «Damals gab es noch 100'000 Betriebe, heute sind es weniger als 50’000», erläuterte Christian Hofer, Direktor des Bundesamts für Landwirtschaft (BLW) vor den Medien. Inzwischen ist nicht nur die Anzahl Betriebe zurückgegangen, auch die Pachtland-Flächen haben sich vergrössert (auf aktuell rund die Hälfte der bewirtschafteten LN). Angesichts dieser Veränderungen sei es sinnvoll gewesen, das BGBB zu überprüfen, hielt Hofer fest.
Drei Bereiche im Fokus
Den Rahmen für die aktuell vom Bundesrat vorgeschlagenen Massnahmen gibt eine Motion des Ständerats vor. Daher konzentrieren sich die Anpassungen des BGBB auf drei Bereiche: Stärkung der Selbstbewirtschaftung, Stärkung der Position von Ehepartnern und Stärkung des Unternehmertums.
Klare Regeln zur Selbstbewirtschaftung
Im Bereich Selbstbewirtschaftung ist das oberste Ziel, Landwirtschaftsland vor Spekulationen durch Konzerne zu schützen. Der Grundsatz lautet: Wer das Land besitzt, soll es auch bewirtschaften. Es ist auch eine Einschränkung zum Kauf von Landwirtschaftsland durch zeitweise «Hobbybauern» sowie für den Natur- und Heimatschutz vorgeschlagen.
Anforderungen an juristische Personen: Klärung der Voraussetzungen für eine Erwerbsbewilligung für juristische Personen (nur AGs und GmbHs mit ¾-Mehrheit an Kapital und Stimmen bei natürlichen, selbstbewirtschaftenden Personen), zusätzlich Bewilligungspflicht für sämtliche Handänderungen an Stimmen oder Aktien.
Auflagen für Erwerbsbewilligung: Bewilligungsbehörden können Auflagen an Selbstbewirtschafter stellen, deren Verletzung innerhalb von 10 Jahren nach dem Kauf von Landwirtschaft zum Widerruf der Bewilligung führen können. «Wenn etwa ein Arzt Landwirtschaftsland kauft und sich dazu verpflichtet, es zu bewirtschaften, sich aber nach sieben Jahren wieder Vollzeit seinem Hauptberuf widmen will», gab BLW-Vizedirektor Bernard Belk ein Beispiel. In einem solchen Fall würde der Arzt seine Bewilligung verlieren.
Bildung von Landreserven regeln: Realersatzland durch Kantone und Gemeinden für Hochwasserschutz, Pump- und Speicherbecken sollen eine Bewilligung brauchen, die Umfang, Verwendung und Einhalten zulässiger Preise (keine übersetzen Bodenpreise) regelt. Der Kauf von Landwirtschaftsland für den Natur- und Heimatschutz soll nur noch für national geschützte Objekte und in der Raumplanung ausgeschiedene Zonen möglich sein. Bisher habe das Nest eines geschützten Vogels gereicht, damit ein Umweltverband die betroffene Fläche erwerben konnte, so Bernard Belk.
Ehepartner vor Geschwistern
Ein weiteres Augenmerk bei der Anpassung des BGBB lag auf der Position von Ehepartnern, die es als Teil der Bauernfamilie zu stärken gelte. Beispielsweise sei das Engagement von Frauen im landwirtschaftlichen Betrieb in Form von Arbeit und Kapital von grossem Umfang.
Vorkaufsrecht: Sofern Ehefrau oder Ehemann den Betrieb selbst bewirtschaften können, soll ihnen ein Vorkaufsrecht zum Ertragswert eingeräumt werden. Somit wäre die neue Rangordnung im Falle eines Verkaufs; Nachkommen, Ehegatten, Geschwister und deren Kinder.
Längere Abschreibung: Bisher können beim Übergabepreis eines Betriebs nur Investitionen der letzten 10 Jahre angerechnet werden. Da Investitionen z. B. in Gebäude aber eine sehr viel längere Nutzungsdauer aufweisen, soll die Abschreibungsdauer neu je nach Investitionsobjekt zwischen 10 (z. B. Melkroboter) und 20 (Gebäude) bzw. 25 Jahren (Grundstücke) festgelegt werden. Somit erhöht sich der Anrechnungswert bei einer Erbteilung oder einer güterrechtlichen Auseinandersetzung, was mehr Gerechtigkeit schaffe.
Bewilligungsfreie Überschreitung der Belastungsgrenze: Das geltende Recht erlaubt keine Überschreitung der Belastungsgrenze für güterrechtliche Forderungen aus Scheidung oder Trennung. Es besteht die Gefahr, dass der oder die wegziehende Partner(in) letztlich leer ausgeht. Künftig sollen Hypotheken bewilligungsfrei möglich sein, um gerichtlich festgelegte Forderungen aus Ehetrennung oder -scheidung zu decken.
Grosse Betriebe aufteilen
Bei der Stärkung des landwirtschaftlichen Unternehmertums sind sowohl die Finanzierbarkeit von Investitionen (angesichts der Teuerung) als auch die heute hohe Anzahl von Pächter und die zunehmende Grösse von Betrieben mit Trend zur Spezialisierung im Fokus.
Höhere Belastungsgrenze: Zur Erleichterung von Finanzierungsfragen ist vorgeschlagen, die Belastungsgrenze neu bei 150 Prozent, statt 135 Prozent des Ertragswerts eines Betriebs festzulegen. Das führe nicht zu einer Überschuldung, da die Tragbarkeit bei jeder Finanzierung geprüft werde. Das Ziel ist ein grösserer finanzielle Spielraum der Unternehmer(innen).
Baurecht für Pächter: Auf gepachteten Flächen sollen Pächter(innen) bauen dürfen, wobei allfällige Bauten oder Pflanzungen (z. B. ein Rebberg) bei Wegfall der Pacht den nachfolgenden Bewirtschaftern zur Verfügung stehen.
Realteilung für grössere Betriebe: Sofern durch die Teilung zwei landwirtschaftliche Gewerbe mit je einem Betriebszentrum entstehen, soll eine Realteilung möglich sein. Das Raumplanungsgesetz untersagt den Bau neuer Gebäude in der Landwirtschaftszone (Stabilisierungsziel), weshalb die bestehenden Gebäude für beide neuen Betriebe ausreichen müssen. Z. B. könnte so ein Betrieb mit Weinbau und Tierhaltung zwecks Spezialisierung aufgeteilt werden. Nicht möglich wäre eine Aufteilung in Gebäude auf der einen und Land auf der anderen Seite.
Schweiz in komfortabler Lage
«Das BGBB ist ein wirksames Mittel gegen Bodenspekulationen», ist Christian Hofer überzeugt. Da sei die Schweiz im Vergleich zum Ausland in einer komfortablen Situation. Der schwierige Zugang von Dritten zu Land – Stichwort ausserfamiliäre Hofübergaben – sei aufgrund des vom Parlament gesteckten Rahmens nicht thematisiert worden. Mit der neu zulässigen Realteilung grosser Betriebe könnte es aber einen indirekten Effekt geben, ergänzte Bernard Belk. Dadurch wären mehr kleinere Einheiten verfügbar – auch für Personen ohne familiären Bezug zum ursprünglichen Betrieb. Dass nur noch AGs und GmbHs, nicht aber Vereine und Stiftungen Landwirtschaftsland erwerben dürfen sollen, begründet Belk mit deren schwierigen Aufsicht. Es sei z. B. schwierig, bei einer Stiftung auszumachen, wer schlussendlich dahinterstehe. Dasselbe gelte für Veränderungen innerhalb von Genossenschaften.
Der Zeitplan des Bundes sieht vor, die Vorlage nach der dreimonatigen Vernehmlassung bis Ende 2025 dem Parlament zur Diskussion weiterzugeben.
Die Branche war involviert
Wie vom Parlament in seiner Motion verlangt, waren an der Ausarbeitung des angepassten BGBB verschiedene Branchenvertreter(innen) beteiligt: Schweizer Bauernverband (SBV), Schweizerischer Bäuerinnen- und Landfrauenverband (SBLV), Junglandwirte-Kommission, Kleinbauernvereinigung, Schweizerische Arbeitsgemeinschaft für das Berggebiet (SAB), Schweizerische Gesellschaft für Agrarrecht, Verein zum Schutz des landwirtschaftlichen Grundeigentums, landwirtschaftliche Treuhänder, Kantone.