Wenn Landwirten Kulturland enteignet wird, sollen sie das Dreifache des Schätzpreises des Landes erhalten. Das hat das eidgenössische Parlament im Rahmen der Revision des Enteignungsgesetzes vor zwei Jahren beschlossen. Einige Kantone, wie Solothurn und Bern, wollen aber von den höheren Ansätzen noch nichts wissen.

Ernst Wandfluh wird aktiv

So fordert der Kandertaler SVP-Grossrat Ernst Wandfluh vom Kanton Bern, dass dieser bei den Entschädigungen nachziehe. Diesbezüglich hat der Berner Regierungsrat aber kein Gehör und empfiehlt dem Berner Grossen Rat, die Forderung abzulehnen. Wandfluh zeigt sch sichtlich enttäuscht über den Entscheid. «Ich kann die Antwort des Regierungsrats nicht nachvollziehen», sagt er. Erst recht nicht, da auf nationaler Ebene die Ansätze für enteignetes Kulturland auf Anstoss von Bauernpräsident und Nationalrat Markus Ritter (Die Mitte) angehoben wurden. «Hier hinkt der Kanton Bern massiv hinterher», sagt Wandfluh.

So brauche es für den Ausbau von Kantonsstrassen oder für die Renaturierung von Gewässern, immer wie mehr Kulturland, welches vom Kanton zu billig erworben werden könne. Wandfluh ist der Überzeugung: «Hier braucht es eine Korrektur. Da vielfach für verlorenes Land kein Realersatz zur Verfügung steht, sollen die Bauern wenigstens korrekt entschädigt werden».

Nicht wegen Mitholz

Den Vorwurf, dass er den Vorstoss nur wegen der Räumung des Dorfs Blausee-Mitholz im Parlament eingereicht habe, lässt Ernst Wandfluh nicht gelten. «Blausee-Mitholz hat nichts damit zu tun», stellt er klar: Denn das Dorf sei eine Bundes- und nicht eine Angelegenheit des Kantons. Deshalb können die Dorfbewohner dort bei Enteignungen auf Ansätze des Bundes zählen. Für sein Anliegen will Ernst Wandfluh aber weiterkämpfen: «Gegessen ist die Sache noch nicht», sagt er. In der Sommersession werde er im Grossen Rat das Thema noch einmal aufs Tapet bringen. «Ich hoffe, dass wir genug Stimmen erhalten werden, so dass auch der Kanton Bern die Entschädigungsansätze des Bundes übernehmen muss», so Wandfluh.

Auch im Solothurn aktiv

Auch die FDP-Fraktion des Solothurner Kantonsrats hat den kantonalen Regierungsrat beauftragt, die Entschädigungen von enteignetem Kulturland in ihrem Kanton anzupassen. «Es ist wichtig, dass Bund und Kanton grundsätzlich nach den gleichen Regeln enteignen», sagt Martin Rufer, Solothurner FDP-Kantonsrat und Direktor des Schweizer Bauernverbands (SBV). Denn es sei nicht nachvollziehbar, wenn für das gleiche Stück Land bei einer Enteignung ganz anderes entschädigt werde, nur weil einmal der Bund und das andere Mal der Kanton enteigne.

Sorgsamer mit dem Land

Bis jetzt sehen die finanziellen Entschädigungen von enteignetem Kulturland im Kanton Solothurn folgendermassen aus: «Die Höchstpreise für Land, das dem Bodenrecht unterstellt ist, liegen zwischen Fr. 2.– bis Fr. 6.40, je nach Lage und Bodenqualität», hält Martin Rufer fest. Künftig würde bei Enteignungen durch den Kanton etwa das Dreifache des bisherigen Höchstpreises entschädigt. «Eine Erhöhung der Entschädigung von Enteignungen auf ein korrektes Niveau ist ganz im Sinne des Schutzes des Grundeigentums», ist Rufer überzeugt.

Denn eine solche Erhöhung führe auch dazu, dass der Kanton sorgsamer mit dem Land umgehen würde. Wie viele Hektaren Land im Kanton Solothurn pro Jahr enteignet werden, sei nicht bekannt. «Dazu habe ich keine Zahlen», sagt Rufer. Wichtig sei, dass eine Erhöhung der Entschädigung auch einen gewissen präventiven Charakter habe und dem Kulturlandschutz mehr Rechnung getragen würde.

Sieht gute Chancen

Martin Rufer sieht gute Chancen, dass der Kanton Solothurn das Enteignungsrecht anpasst. «Ich bin optimistisch, dass wir im Kanton Solothurn eine gute Lösung finden», ist er überzeugt. Niemand könne erklären, warum je nach dem, ob Bund oder Kanton, bei Enteignungen völlig anders entschädigt wird. «Der Auftrag kommt nun in den Solothurner Kantonsrat», so Rufer. Wenn er angenommen werde, müsse die Regierung eine Gesetzesvorlage ausarbeiten. «Ich hoffe, dass wir im Kanton Solothurn die Lösung auf das Jahr 2024 haben», zeigt sich Rufer optimistisch.

So habe auch der Schweizer Bauernverband die Anpassung des Enteignungsrechts auf nationaler Ebene an vorderster Front eingefordert. «Aus Sicht des SBV ist es aus Gründen der Rechtsgleichheit und des Kulturlandschutzes wichtig, dass auf kantonaler Ebene nachgezogen wird», sagt Rufer. Sei ein Landwirt oder eine Landwirtin von Enteignungen betroffen, könne er oder sie sich nur schwer zur Wehr setzen: «Betroffene können den ganzen Rechtsweg bis vor Bundesgericht beschreiten», sagt Martin Rufer. Dies sei jedoch sehr teuer und aufwendig. Daher sei es wichtig, dass man das Enteignungsrecht nun so anpasse, damit künftig korrekt entschädigt werde.