«Führen ungetrennt lebende Ehe- und Konkubinatspartner oder Personen in eingetragener Partnerschaft mehrere Produktionsstätten, so gelten diese zusammen als ein Betrieb.»: Dies steht in Artikel 2, Absatz 3 der Landwirtschaftlichen Begriffsverordnung (LBV). Davon ausgenommen sind lediglich Betriebe, die in die Partnerschaft eingebracht und die weiterhin als selbstständige und unabhängige Betriebe bewirtschaftet werden.

Einschränkung wird gestrichen

Mit dem am 2. November vom Bundesrat verabschiedeten landwirtschaftlichen Verordnungspaket werden diese Einschränkung und der erwähnte Absatz gestrichen. Ehe- und Konkubinatspartner oder Personen in eingetragener Partnerschaft können damit ab 1. Januar 2023 selbstständige Betriebe bewirtschaften und zusammen eine Betriebs- oder Betriebszweiggemeinschaft gründen.

15 Kantone dagegen

In der Vernehmlassung war die Änderung nicht unbestritten: 15 Kantone und die Konferenz der kantonalen Landwirtschaftsdirektoren (Kolas) lehnte sie ab. Es bestehe kein Bedarf, an der aktuellen Regelung etwas zu ändern, hiess es in der Begründung. Die Kontrolle, ob die Betriebe von Ehe- oder Konkubinatspartnern tatsächlich unabhängig bewirtschaftet würden, sei in der Praxis sehr schwierig.

Sechs Kantone, die SP, der Schweizer Bauernverband (SBV), der Schweizerische Bäuerinnen- und Landfrauenverband (SBLV), die Schweizerische Arbeitsgemeinschaft für die Berggebiete (SAB), der Schweizerische Alpwirtschaftliche Verband (SAV), Bio Suisse, die Kleinbauern-Vereinigung (VKMB) sowie 28 weitere bäuerliche Organisationen unterstützen den Vorschlag.

Standorte separat beurteilen

Was bedeutet die Änderung konkret? «Es müssen nicht mehr an beiden Standorten die betriebsbezogenen Anforderungen erfüllt werden. Jeder Betriebsstandort wird bezüglich Beitragsberechtigung und Erfüllung von Beitragsanforderungen separat beurteilt», erklärt Ruedi Streit, stellvertretender Bereichsleiter Bewertung und Recht bei Agriexpert.

Der Artikel habe aufgrund der geringen Anzahl von betroffenen Ehepaaren ohnehin nur noch eine geringe Bedeutung. Mit der Änderung seit 2016 seien Betriebe, die in die Partnerschaft eingebracht wurden und weiterhin als selbstständige und unabhängige Betriebe geführt wurden, bereits von dieser Vorschrift ausgenommen gewesen.

«Eine Gleichstellung»

Zu den Bedenken der Kantone und der Kolas bezüglich schwieriger Kontrolle sagt Ruedi Streit: «Für die betroffenen Ehepaare war diese Bestimmung unverständlich. Warum sollte der Betrieb nur wegen des Zivilstandes weniger Direktzahlungen erhalten?» Für diese Paare stelle «die Änderung eine Gleichstellung dar». Die Einhaltung der Voraussetzungen, um als selbstständiger und unabhängiger Betrieb zu gelten, stelle nicht nur bei Ehepaaren, sondern auch bei vielen anderen Betrieben eine schwierige Kontrolle dar.

Einmal Bio, einmal ÖLN

Kann ein Paar mit zwei Betrieben einen künftig biologisch und den anderen konventionell bewirtschaften? Ja, das sei möglich, bestätigt David Herrmann, Medienverantwortlicher von Bio Suisse, auf Anfrage: «Die Betriebe müssen klar getrennt sein und eigenständig geführt werden. Das regeln unsere Richtlinien zur Gesamtbetrieblichkeit entsprechend.»

Bewirtschafter(innen) und Personen mit einer leitenden Funktion (z. B. Betriebszweigleitung) eines Knospe-Betriebes dürfen keine nicht biologischen Betriebe führen, an deren Führung beteiligt sein oder eine leitende Funktion innehaben. Zudem darf der Bewirtschaftende (oder Mitarbeitende) mit leitender Funktion des nicht biologischen Betriebes keine Arbeiten auf dem Knospe-Betrieb in eigener Verantwortung ausführen. Die klare Trennung der Betriebe wird bei der Bio-Kontrolle überprüft. Dabei werden z. B. auch die Warenflüsse genau angeschaut.