Die Kosten der Landwirtschaft stehen laut Avenir Suisse «in keinem Verhältnis zur wirtschaftlichen Kraft des Sektors, sondern spiegeln vielmehr dessen politische Einflussnahme». Das schreibt die Denkwerkstatt in einem Papier mit dem Titel «Privilegienregister der Schweizer Landwirtschaft». Darin wird eine volkswirtschaftliche Kosten-Nutzen-Bilanz der Agrarpolitik gezogen, die mit minus 20,7 Milliarden Franken negativ ausfällt.
Kosten allüberall
In Bezug auf die Wertschöpfung stehen dem Gesamtnutzen der Landwirtschaft von 13 Milliarden gemäss Avenir Suisse Kosten von insgesamt 29,2 Milliarden Franken gegenüber.
Positiv zu Buche schlagen dabei der Gesamtproduktionswert von 10,7 Milliarden Franken, die Gemeinwirtschaftlichen Leistungen der Landwirtschaft von 1,4 Milliarden Franken und die Zolleinnahmen des Bundes in der Höhe von 0,9 Milliarden Franken. Dieser Gesamtnutzen wird durch die Vorleistungen (–6,6 Mrd Fr.), Abschreibungen (–2,0 Mrd Fr.), die Umweltkosten (–7,4 Mrd Fr.) und durch Kosten beim Steuerzahler und beim Konsumenten (–8,5 Mrd Fr.) und bei den Unternehmen (–4,5 Mrd Fr.) geschmälert.
Netto errechnet Avenir Suisse eine negative Wertschöpfung von mindestens 16,3 Mrd. Fr. Hinzu kommen laut Avenir Suisse Bundesausgaben gemäss Zahlungsrahmen in der Höhe von 4,2 Milliarden Franken sowie weitere Ausgaben bei den Kantonen. Bei den Umweltkosten bezieht sich Avenir Suisse auf eine Studie von Vision Landwirtschaft, bei den Kosten für Steuerzahler, Konsumenten und Unternehmer auf theoretische Vergleichsgrössen bei freien Märkten. Die tatsächlichen Nutzen indes werden kaum gewürdigt oder eingehender erklärt.
Begleitet wird die Ausgabenaufstellung von Vergleichen, die «zum Denken anregen» sollen, wie es heisst. Gemeint ist etwa der Vergleich der Kosten pro Beschäftigte Person in der Landwirtschaft (knapp 28 000 Franken) mit den Kosten pro Teilnehmer am Strassenverkehr (300 Franken pro Jahr). Dass die Vergleiche an den Haaren herbeigezogen sind, wissen die Autoren. Sie schreiben, dass «gewisse Relationen bewusst gewagt sind.» Hinzu kommen Empfehlungen, etwa den Grenzschutz abzubauen, die Versorgungssicherheit neu zu definieren und strukturerhaltende Transfers aufzugeben.
Wenig Reaktionen
Die Reaktionen auf das aktualisierte Privilegienregister fielen trotz seines alarmistischen Tons verhalten aus. Einerseits haben wenig Medien das Papier aufgenommen: Gemäss der Schweizerischen Mediendatenbank (SMD) sind für den Zeitraum vom 31. Dezember 2019 bis zum 8. Januar 2020 für das Stichwort «Avenir Suisse» 32 Artikel zu finden.
Andererseits lässt sich der Schweizer Bauernverband selbst nicht aus der Ruhe bringen. Gegenüber der «Handelszeitung» lässt er etwa ausrichten, dass Avenir Suisse einmal mehr versuche, «zu provozieren und so Aufmerksamkeit zu erregen». Die Denkfabrik fokussiere nur auf die Kosten, lasse den Nutzen der Landwirtschaft «völlig ausser Acht». Den ganzen Bericht bezeichnet der SBV als Zahlenakrobatik, die vor allem dazu diene, das neoliberale Weltbild zu zementieren, den «Grenzschutz zu torpedieren und die auf Familienbetrieben basierende Schweizer Landwirtschaft zu begraben».