Franz Stadelmann von der Luzerner Dienststelle Landwirtschaft und Wald (Lawa) machte an der Baufachtagung zum Thema «Zielkonflikte beim Bauen», organisiert vom Luzerner Bäuerinnen- und Bauernverband (LBV), klar: «Es ist nicht Aufgabe des Lawa, bei einem Baugesuch für einen Stallbau zu prüfen, ob dieses die RAUS-Bedingungen erfüllt.» Nicht selten ist es offenbar in der Vergangenheit vorgekommen, dass Planer und Bauherren davon ausgingen, dass ihr bewilligter Neu- oder Umbau doch auch berechtigt sei für die Beiträge für regelmässigen Auslauf ins Freie (RAUS).
RAUS aberkannt
Eine böse Überraschung gab es so für Raphael und Belinda Keller aus Schongau. Sie bauten 2021 einen Munimaststall, mit der klaren Absicht, dass dieser RAUS-konform sei. 2022 wurde der Stall bezogen und für RAUS angemeldet. Die Konformität sei im gleichen Jahr bei einer ersten Kontrolle der Qualinova bestätigt worden. Ein Jahr später, bei einer weiteren Kontrolle der gleichen Organisation, sei das nicht mehr der Fall gewesen, sagte Keller. Der Stall entspreche nicht den RAUS-Auflagen, die Beiträge wurden dem völlig perplexen Betriebsleiterpaar gestrichen. Begründung: Der Innenlaufhof erfülle die aktuellen RAUS-Bedingungen gemäss dem neuen Merkblatt «RAUS – Auslaufflächen zwischen oder innerhalb von Gebäuden» des Bundesamts für Landwirtschaft (BLW) nicht. Dies, weil für RAUS nicht nur ein Teil der Dachfläche ungedeckt, sondern auch mindestens eine Seite offen sein müsse. Die Tiere müssten im Auslauf nicht nur der Witterung ausgesetzt sein, sondern müssten auch ins Freie blicken können.
Unter freiem Himmel
Gemäss Direktzahlungsverordnung gilt für den RAUS-Beitrag als Auslauf ins Freie der Zugang zu einem Bereich unter freiem Himmel. Die Auslegung und aktuelle Vollzugspraxis für RAUS gab denn auch bei den zahlreichen Baufachleuten an der Fachtagung des LBV einiges zu diskutieren. Generell zu RAUS informierten Dominique Giacomini vom Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) und Susanne Roth von der Luzerner Dienststelle Landwirtschaft und Wald (Lawa). Aber nicht nur der Auslauf innerhalb der Gebäude warf Fragen auf, sondern auch der offene Auslauf im Freien, sei es für Rindvieh oder Schweine.
Mauerhöhe unklar
Viel zu reden gab die bauliche Umrandung von Ausläufen für Schweine, zumal auch viele dieser Tiere im RAUS-Programm sind. Im Kanton Luzern immerhin rund 26 500 GVE auf 976 Betrieben. Häufig wird nach einem betonierten Absatz eine Gitter-Umrandung montiert, vielfach und vor allem je nach Gelände aber auch gleich eine Mauer, in unterschiedlicher Höhe. Die zulässige Mauerhöhe in einem Schweineauslauf sorgte aber vor vielen Jahren für einigen Wirbel: 2011 baute Schweinehalter Fredi Elmiger aus Altwis einen Auslauf mit einer rund ein Meter hohen Umrandung aus Beton. «Eigentlich zufällig und ohne explizite Absicht, wir hätten auf den Betonabsatz auch nur einen Stahlrahmen schrauben können», sagt er heute. Dass es aber eine Mauer «ohne Sicht ins Freie» für die Schweine war, wurde bei einer Kontrolle bemängelt. Elmiger war perplex und verlangte einen beschwerdefähigen Entscheid. Den bekam er nie, das Lawa genehmigte die Mauer nach Rücksprache mit dem BLW (die BauernZeitung berichtete damals).
Für die Planer und Bauherren ist deshalb bis heute nicht klar, was denn bezüglich Mauerhöhe in Ausläufen akzeptiert werde. Sie hätten keine Planungssicherheit und wüssten nicht, ob nun 70 cm, ein Meter oder 1,5 Meter Mauerhöhe, was zur Vorbeugung gegenüber den ASP-Risiken sinnvoll wäre, toleriert werde, wurde in der Diskussion kritisiert. Offensichtlich tun sich auch die Behörden schwer mit Vorgaben. So meinte Annatina Bühler vom Lawa, dass für den Vollzug klare Höhenmasse zwar ein Vorteil wären, aber solche fixen Masse dann auch ein sehr zweischneidiges Schwert sein könnten. Dominique Giacomini vom BLW erklärte, dass quantitative Vorgaben dazu grundsätzlich nicht erwünscht seien und für einzelbetriebliche Abklärungen die Kantone zuständig seien. Das BLW lege aber Wert darauf, dass die Umrandung in einem Auslauf qualitativen Kriterien zu genügen habe. «Abtrennungen sollen die Sicht der Tiere in die Umgebung nicht verunmöglichen.»
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Keine Kontrolle mehr
Stephan Furrer, ehemaliger Geschäftsführer der Qualinova, wies darauf hin, dass für die Kontrollorganisationen schweizweit seit dem ominösen Fall in Altwis dies nicht mehr relevant sei. «Qualinova schaute die Mauerhöhe bei Laufhöfen ausserhalb Gebäuden seither nicht mehr an.» Schliesslich wolle ja das BLW kein Mass, und wenn es keine Massvorgabe gebe, habe man das auch nicht zu kontrollieren, meinte Furrer.
Schutz vor ASP
Eine Impfung gegen die Afrikanische Schweinepest (ASP) sei keine Option, meinte Tobias Frink vom Luzerner Veterinärdienst. Aber Schweinehaltungsbetriebe könnten sich dagegen schützen. Prävention durch Biosicherheitsmassnahmen, heisse der Auftrag. Frink wies auf die ASP-Risikoampel der Suisag hin und auf Checklisten von Nutztiergesundheit Schweiz. Die Viruskrankheit nähere sich der Schweiz, aktuell gab es Fälle in Italien, noch 50 Kilometer von der Südgrenze entfernt, und entdeckt wurde auch ein Fall im deutschen Frankfurt. Die Fallzahlen seien zwar rückläufig und die natürliche Verbreitung sei gering.
Die Einschleppung durch den Menschen bleibe das grösste Risiko. Zu sensibilisieren seien deshalb landwirtschaftliche Mitarbeiter aus ASP-Gebieten, Touristen, Fernfahrer, damit diese keine Lebensmittel aus Risikogebieten liegenlassen. Ein Risiko seien auch Jäger, welche in ASP-Gebieten waren. Und bei Einstreumaterial für Schweineställe sei darauf zu achten, dass solches nicht aus ASP-Gebieten stamme.
Das Eintragsrisiko sei zu minimieren, damit der Zugang und die Attraktivität für die das Virus übertragenden Wildschweine reduziert wird. Sensible Bereiche auf Schweinehaltungsbetrieben seien Auslauf, Silos, Miststock sowie Futter- und Strohlager. Frink rief dazu auf, das ganze Betriebsgelände zu umzäunen. Auch entsprechende Mauern um Ausläufe könnten dazu beitragen, dass es zu keinen Kontakten komme. In der Diskussion wurde auf den Zielkonflikt zwischen RAUS-Anforderungen (Tiere sollen ins Freie sehen können) und Schutz vor ASP hingewiesen. Erwartet werde, dass sich die Bundesämter auf eine gemeinsame Haltung und Empfehlung einigen würden.
Auslauf unter Vordach
Häufig sind Ausläufe direkt neben dem Stall platziert, liegen teils auch unter Vordächern. Für Teilflächen unter einem Vordach legt gemäss Anhang 6 zur Direktzahlungsverordnung der Kanton fest, «welcher Bereich der senkrecht unter einem Vordach liegenden Auslauffläche als ungedeckt gilt; dabei berücksichtigt er insbesondere die Höhe, auf der sich die Dachfläche befindet».
Die Zentralschweizer Kantone hätten sich auf eine gemeinsame Praxis geeinigt, erklärte Susanne Roth vom Lawa. So werden pro zwei Meter Dachtraufenhöhe 0,5 Meter unter dem Vordach als ungedeckte Laufhoffläche angerechnet (das heisst Höhe mal 0,25).
