Das Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) hat Anfang Februar eine bäuerliche Delegation empfangen. Grundsätzlich ging es um die vier Forderungen, welche die Révolte dem BLW am 3. Dezember 2024 übergeben hat, heisst es von Seiten des Bundesamts. Die Besucher hatten aber auch einen vierseitigen Forderungskatalog im Gepäck.
«Es war die Westschweizer Delegation inklusive eines Innerschweizer Landwirts», erklärt BLW-Sprecherin Florie Marion. Ein Treffen mit Landwirt(innen) aus der Deutschschweiz stehe noch bevor, aus logistischen Gründen finde der Austausch jeweils nach Sprachregionen getrennt statt. Das erste Fazit des BLW ist positiv.
Prozesse erklärt
Man sei zwar seit jeher und nach den Bauernprotesten noch verstärkt mit Vertreter(innen) der Landwirtschaft in Kontakt, fährt Florie Marion fort. Das neuerliche Treffen habe aber die Möglichkeit geboten, die politischen Prozesse zu erklären. «Es ist wichtig, Fragen dazu zu beantworten», ist sie überzeugt. «Für uns sind diese Prozesse Alltag, Aussenstehende sind damit weniger vertraut.»
Unter dem Punkt Planungssicherheit wird im Forderungskatalog etwa kritisiert, es gebe immer wieder Schnellschüsse der Verwaltung, die nach kurzer Zeit wieder geändert werden. Als Beispiel nennen die Autoren die Pflicht zu 3,5 Prozent Biodiversitätsförderflächen im Ackerbaugebiet. «Das BLW ist dafür zuständig, die Beschlüsse des Parlaments und des Bundesrats umzusetzen. Auch wenn wir ein wenig Spielraum haben, müssen wir sie umsetzen», betont Marion. Im konkreten Fall war es der Bundesrat, der die 3,5 Prozent Acker-BFF im Rahmen des Absenkpfads als inoffiziellen Gegenvorschlag zur Trinkwasser- und Pestizidverbots-Initiative beschlossen hat. Das Parlament hat den Entscheid zuerst bestätigt und danach wieder rückgängig gemacht. Das sei den bäuerlichen Besuchern nicht bewusst gewesen, erzählt die BLW-Sprecherin.
Langwierige Angelegenheit
Florie Marion hat das Treffen nach eigenen Angaben als freundlichen Austausch empfunden. Man habe die Forderungen entgegengenommen und diskutiert, ebenso, was als Nächstes in Sachen Vereinfachung laufen wird, und was geplant ist. «Wir verstehen die Forderungen und was die Bäuer(innen) möchten», sagt Marion. Es habe schon viele Fortschritte gegeben. Sie macht aber auch klar, dass politische Prozesse eine langwierige Angelegenheit seien. «Nach der Publikation des Verordnungspakets 2024 haben wir mit der Arbeit am Verordnungspaket 2025 angefangen», verdeutlicht die Kommunikationsleiterin. Bevor Änderungen in Kraft treten, müssten Vorlagen ausgearbeitet, Vernehmlassungen durchgeführt und ausgewertet werden, damit am Ende der Bundesrat die definitive Fassung verabschieden kann.
Nicht bis Ende März
Es sei angesichts dieser Hürden nicht realistisch, dass das BLW die Forderung der bäuerlichen Delegation nach «konkreten Ergebnissen» bis Ende März erfüllen könne. «Es ist nicht so, dass wir nicht wollten», stellt Florie Marion klar. «Wir können es nicht, weil die Prozesse ihre Zeit in Anspruch nehmen.»
Gewisse Forderungen sieht man beim BLW aber auch als bereits erfüllt an. So bringen die Autoren des Katalogs den Wunsch zum Ausdruck, gebührend in die Gestaltung der Agrarpolitik einbezogen zu werden. «Der Schweizer Bauernverband (SBV), die Junglandwirte und die Bäuerinnen beispielsweise vertreten die Landwirt(innen) in der Begleitgruppe zur AP 2030 und wir stehen generell regelmässig in Kontakt mit ihnen», erläutert Florie Marion. Dasselbe gelte für verschiedene Branchenorganisationen, die sich etwa an Vernehmlassungen beteiligen.
Verständnis geschaffen
«Die Gespräche haben wirklich etwas gebracht», findet Florie Marion. Man habe an diesem Vormittag zwar nicht die Welt verändert, aber wertvolles gegenseitiges Verständnis geschaffen. Sie ist zuversichtlich, dass auch das Treffen mit der Deutschschweizer Delegation fruchtbar sein wird.
«Beim Thema Lenkungsabgaben reden wir an eine Wand» [IMG 2]
«Mit unseren alten Forderungen können sie etwas anfangen», sagt Roman Hodel, und erinnert an die Tanne, die Ende letzten Jahres vor dem Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) platziert worden ist. Damit verlangten protestierende Bauern mehr Wertschätzung, weniger Bürokratie, mehr Stabilität und faire Preise. In Sachen weniger Bürokratie sei mit den Bemühungen zur Vereinfachung des Kontrollwesens etwas gegangen, meint der Luzerner Landwirt. Er war als einziger Deutschschweizer am ersten Treffen einer bäuerlichen Delegation beim BLW Anfang Februar dabei und resümiert: «Mit unseren neuen Forderungen tut sich das Amt eher schwer.»
Das Geld geht aus
Vor allem stört sich Roman Hodel daran, dass das BLW aller Kritik von Landwirten und Bauernverband zum Trotz an Lenkungsabgaben festhalte. «Da reden wir an eine Wand», beschreibt er. Von Bundesrat Guy Parmelin selbst sei die Rückmeldung gekommen, dass Lenkungsabgaben voraussichtlich in der Vernehmlassungsvorlage sein würden. «Um uns Bauern nur über Direktzahlungen zu steuern, geht dem Bund das Geld aus», vermutet Hodel.
Er sieht in Lenkungsabgaben den Ausweg des BLW, um «ein neues Kässeli» zu öffnen und statt mit Anreizen eben mit künstlich höheren Preisen auf Produktionsmittel lenken zu können. Dabei sei es auch im Interesse des BLW, eine Vorlage aufzugleisen, der sich die Landwirt(innen) nicht entgegenstellen. «Das Ziel sollte eine Agrarpolitik sein, hinter der wir stehen können», argumentiert Hodel und erinnert daran, dass auch der Schweizer Bauernverband (SBV) Lenkungsabgaben für gefährlich hält.
Nicht viel gelernt
Der Luzerner war bereits bei der letzten Protestwelle im vergangenen Jahr an vorderster Front dabei und besuchte agrarpolitische Informationsveranstaltungen. Viel Neues über die politischen Prozesse habe er beim Treffen mit dem BLW nicht gelernt, «ihre Folien zur AP 2030 kennen wir langsam». Roman Hodel und seine Mitstreiter verlangen in ihrem Forderungskatalog unter anderem eine umfassendere Zielsetzung für die AP 2030, die nicht nur ökologische, sondern auch wirtschaftliche und soziale Aspekte beinhalten soll.
Der Postulatsbericht des Bundesrats geht zwar in diese Richtung und legt etwa 50 Prozent Selbstversorgungsgrad und eine stabile Grösse der Fruchtfolgeflächen fest. «Aber vieles ist schwammig formuliert», kritisiert Hodel. So würden bei den Fruchtfolgeflächen die noch durch die Kantone auszuscheidenden Zuströmbereiche eingerechnet, in denen die Produktion aus Gründen des Gewässerschutzes eingeschränkt werden kann. «Damit wird der Erhalt der Fruchtfolgeflächen umgangen.» Besser sollte sich die Agrarpolitik daran orientieren, die Versorgungssicherheit jedes Jahr ein wenig zu verbessern, findet der Landwirt – alles andere sei nicht zielführend. «Aber wir glauben nicht, dass es beim Bund freiwillig einen solchen Richtungswechsel geben wird.»
So begründet Roman Hodel sein politisches Engagement und aus diesem Grund begrüsst er auch die neuerlichen Protestaktionen in der Westschweiz. Unter dem Motto «Mistgabeln des Zorns» hat eine Gruppe Waadtländer Landwirte Mistgabeln mit Plakaten bei Denkmälern und in Strassenkreiseln platziert.
Druck, damit etwas läuft
«Wir sind jetzt am Gesprächstisch und daher ist nicht die Zeit für eine weitere grosse Protestwelle», stellt Hodel klar. Ein wenig Druck von der Strasse sei aber gut, «damit etwas läuft». Schliesslich habe das BLW seit der Demonstration von den Toren des Bundesamts im vergangenen Dezember lange genug mit einer Aussprache gewartet. Das habe Frust geweckt, sagt der Luzerner. Er selbst fühlt sich gewissermassen für dumm verkauft, da der Bund die Abschaffung der BTS-Beiträge im Zuge der Kontroll-Vereinfachungen ins Auge gefasst habe. «Wir haben in diese Ställe investiert», gibt er zu bedenken und sieht darin einen weiteren Hinweis darauf, dass das Geld für Direktzahlungen ausgeht und das BLW daher andere Wege suche.
Durch die Gespräche mit dem BLW gehen die Protestler ihre eigene Forderung aktiv an, besser in die Gestaltung der Agrarpolitik einbezogen zu werden. Normalerweise ist es der SBV, der die Bauernschaft in der Politik vertritt. «Die Ressourcen des Verbands waren die letzten Jahre mit Abstimmungskämpfen gebunden», meint Roman Hodel. Da sei verständlicherweise weniger übrig geblieben für die Kämpfe in Bundesbern. «Das ist logisch und kein Vorwurf», bemerkt der Landwirt. Er glaubt, das BLW habe auch damit gerechnet, dass der SBV anderweitig beschäftigt sei.
Personelle Veränderungen
Es gelte, Führungspositionen in den Ämtern mit den richtigen Personen zu besetzen und eine klare strategische Stossrichtung mit verständlichen Zielen festzulegen. Das aktuelle «Jeder kann mitmachen» zu beenden, so lautet eine weitere Forderung der bäuerlichen Delegation. Sie will einen «Struktur- und Wertewandel in der Verwaltung» inklusive eines neuen Führungsverständnisses, bei dem personelle Veränderungen vermutlich unausweichlich seien.
«Wenn man die Mitarbeiter einfach machen lässt, kann das in die eine oder andere Richtung gehen», erläutert Roman Hodel. Er habe den Eindruck, die Ämter würden sich derzeit zu wenig an Volksentscheiden zugunsten der Landwirtschaft orientieren. «Da bekommt man manchmal das Gefühl, die Abstimmungen seien anders ausgefallen», bemängelt der Luzerner. Aber das Volk habe klargemacht, dass es die bereits unternommenen Anstrengungen der Landwirtschaft zur Reduktion von Pflanzenschutzmitteln und Tierarzneimitteln anerkenne und sich hinter die Bauern gestellt. Dem sollten die Ämter Rechnung tragen, verlangt Hodel.
Nun gelte es aber, den zweiten Termin der Deutschschweizer Delegation beim BLW abzuwarten. Falls die Antworten unbefriedigend ausfallen, fände er grössere Demonstrationen wieder angebracht.