Wenn der Oberländer SVP-Nationalrat Ernst Wandfluh ruft, kommen alle: Bundesrat Albert Rösti, die Nationalrätinnen Irène Kälin (Grüne/AG) und Andrea Zryd (SP/BE) sowie der Nationalrat Jürg Grossen (GLP/BE). Als Moderator des Podiums zur Biodiversitäts-Initiative vom Mittwochabend in Mülenen konnte niemand Geringeres als der bekannte Arena-Moderator Sandro Brotz engagiert werden.

Viel mehr Kosten pro Jahr

Nicht als Teil der Podiumsdiskussion, sondern in seinem Referat, brachte Albert Rösti seine Sicht – oder besser gesagt die des Bundesrates – zur Biodiversitäts-Initiative ein: «Diese lehnt der Bundesrat ab», hielt Rösti fest. Denn in der Schweiz seien schon jetzt 25 % der Landesfläche geschützt; zusätzliche Schutzflächen würden jährlich Zusatzkosten von 400 Mio Franken verursachen. «Biodiversität ist wichtig, tragen wir Sorge zu dem, was wir heute haben», so der Bundesrat. Komme es am 22. September zu einem Ja, werde es sicher noch schwieriger, Bauvorhaben zu realisieren. «Beim Bau, zum Beispiel von erneuerbarer Energie, würde es Einsprachen hageln», zeigte sich Rösti überzeugt.[IMG 2]

«Bei einem Ja würde es noch schwieriger, Bauvorhaben zu realisieren.»

Bundesrat Albert Rösti an der Podiumsdiskussion in Mülenen.

Der Bundesrat sei auch ohne diese Initiative bestrebt, noch mehr für die Artenvielfalt zu tun. «Wird die Initiative abgelehnt, was ich mir wünsche, kommt es trotzdem zu einem zweiten Aktionsplan», hielt Rösti fest. Bei diesem Aktionsplan werde nicht nur die Landwirtschaft, sondern auch die Stadtbevölkerung in die Pflicht genommen, um der Biodiversität noch mehr Gewicht zu geben.

Das sind die Standpunkte

Bei der Podiumsdiskussion, wo die vier genannten Nationalrätinnen und Nationalräte Red und Antwort standen, waren die Meinungen gemacht, die Argumente klar. Ernst Wandfluh und Jürg Grossen sind gegen die Biodiversitäts-Initiative, Irène Kälin und Andrera Zryd werben für ein Ja. Ihre Standpunkte:

Ernst Wandfluh: «Betreffend die Biodiversität leistet die Landwirtschaft schon sehr viel und sie wird auch weiterhin viel machen. Schaue ich zu Hause in Kandergrund aus dem Fenster, sehe ich sehr viele Rotmilane oder Turmfalken, viel mehr als früher. Zu meinem Ärgernis sehe ich auch immer mehr Wölfe – diese Zunahme gefährdet die Biodiversität massiv, da die Alpen deswegen weniger bestossen werden und die Flächen zuwachsen. Ich streite es nicht ab, dass es ein gewisses Artensterben gibt, doch die Forderung von Pro Natura, 30 % der Flächen auszuscheiden, lehne ich ganz klar ab.»

Jürg Grossen: «Anders als meine Partei lehne ich die Biodiversitäts-Initiative klar ab. Einerseits wird auf den Klimaschutz gepocht und andererseits wird es bei einem Ja fast unmöglich, Solaranlagen zu realisieren – das ist im Kern ein Widerspruch. Schade, hat das Parlament den Gegenvorschlag der Initiative abgelehnt, zu diesem hätte ich stehen können. Unsere Berglandwirtschaft ist verantwortlich dafür, dass wir im Alpenraum doch noch so viel Biodiversität haben.»

Irène Kälin: «Wir müssen die Biodiversität stärken, denn ein Drittel der Arten ist schon ausgestorben. Klar macht die Landwirtschaft schon viel, doch es ist zu wenig, sonst würde das Artensterben nicht noch zunehmen. Mehr naturnah zu produzieren, das würde sich längerfristig auch für die Landwirtschaft positiv auswirken. Sicher muss auch die Stadtbevölkerung für den Erhalt der Biodiversität in die Pflicht genommen werden.»

Andrea Zryd: «Die Artenvielfalt muss für die Zukunft erhalten bleiben. Es ist nicht neu, dass wir Nahrungsmittel importieren müssen, doch wir müssen hier auf die Natur und die Böden Rücksicht nehmen.»