«Alles in allem ist es ein Sieg», gab der Vorsitzende des dänischen Branchenverbandes «Landwirtschaft und Lebensmittel» (L & F), Søren Søndergaard zu Protokoll. Eben hatte sich im dänischen Parlament eine breite politische Allianz – von Konservativen und Libertären über die sozialliberalen Regierungsparteien bis hin zur «Grünen Linken» – auf die Einführung einer CO2-Steuer auf Nutztiere und die Stilllegung von fast 400 000 ha landwirtschaftlicher Nutzfläche geeinigt. An der Ausarbeitung dieses Abkommens beteiligt waren Regierung, Umweltverbände und Vertreter der Landwirtschafts- und Ernährungsbranche.

Konstruktives Miteinander

Während in anderen europäischen Ländern Bauernproteste die Hauptstädte lahmlegten, sass man in Dänemark also zusammen und schmiedete einen grossen Kompromiss. «Dänemark ist ein sehr offenes Land, es gibt ein konstruktives Miteinander», sagt dazu Simon Lanz vom Bundesamt für Landwirtschaft (BLW). Mit einer Delegation von BLW, Schweizer Bauernverband und Kantonsvertretern hat er das nordische Land im September besucht.

Lanz gibt aber auch zu bedenken, dass die Branche im exportorientierten Dänemark anders organisiert sei als in der Schweiz. Denn bei F & L handelt es sich nicht einfach um einen nationalen Bauernverband, sondern um eine Art Landwirtschafts- und Ernährungsrat, der auch die erste und zweite Verarbeitungsstufe umfasse. «Man spricht von einem Agribusiness-Sektor, es gibt weniger Fronten», veranschaulicht Lanz. Der «Trialog» von Agrifood-Sektor, Regierung und Umweltverbänden sei vorbildlich, findet er.

Umfassende Veränderungen

Ergebnis dieses «Trialogs» ist nichts weniger als «die grösste Veränderung der dänischen Landschaft seit über 100 Jahren», wie es in einer Mitteilung des zuständigen Ministeriums heisst. Für umgerechnet 5,2 Milliarden Franken wird «eine umfassende Flächenumlegung» durchgeführt.

Dazu gehört eine massive Aufforstung: 250 000 ha sollen zu Wald werden, dazu kommen weitere 140 000 ha ehemalige Moorgebiete und Feuchtwiesen, die der Natur zurückgegeben werden sollen. Die Veränderung der Landschaft werde unübersehbar sein, so die Mitteilung.

Steuern und Anreize

Zur Verfügung stellen soll diese riesige Fläche die Landwirtschaft. «Ein Teil der Fläche, die heute für die landwirtschaftliche Produktion verwendet wird, wird in Zukunft für anderes gebraucht», schreibt das Ministerium. Betroffen sind ehemalige Heiden, Feuchtwiesen, Flussgebiete und Moore. Aber auch die Stärkung der Biodiversität und die Absenkung der «Klimabelastung» sind integraler Bestandteil des Übereinkommens. Letzteres soll zusätzlich mit einer CO2-Steuer auf Treibhausgasemissionen von Nutztieren erreicht werden. Davon erhofft sich die Regierung bis 2030 einen Emissionsrückgang von bis zu 2,6 Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten (CO2e).

Gemäss Absprache wird dabei eine Tonne CO2e mit umgerechnet rund 37 Franken besteuert. Bis 2035 soll dieser Betrag auf rund 94 Franken angehoben werden. Anreize werden mit einem Steuerabzug geschaffen: Wer den Ausstoss im für die jeweilige Tierart durchschnittlichen Rahmen hält, kann 60 % abziehen. Betriebe mit einem überdurchschnittlichen Ausstoss tierischer Emissionen bezahlen damit mehr als solche, die in Klimaeffizienz investiert haben.

Kein unbestrittener Deal

Damit die dänische Landwirtschaft weiterhin ausreichend Lebensmittel liefern könne, müsse auf den verbliebenen Flächen effizienter produziert werden, stellt das Ministerium klar. Dafür sorgen werde ein sektorübergreifender Wachstumsplan. Zudem sind Mittel vorgesehen für «Klimamassnahmen und -technologie» – allein für die Lagerung von mittels Pyrolyse hergestellter Pflanzenkohle soll umgerechnet eine Milliarde Franken bereitgestellt werden. Eine weitere Milliarde ist für die Produktion pflanzenbasierter Nahrungsmittel vorgesehen.

Doch unumstritten ist der neue Deal nicht. Kritik kommt etwa von der Bauernorganisation «Nachhaltige Landwirtschaft» (BL). Sie lehnt eine CO2-Steuer auf «biologische Prozesse» grundsätzlich ab. Mit der neuen Agrarpolitik werde ein Teil der dänischen Nahrungsmittelproduktion in andere Länder ausgelagert, wo weniger auf Umwelt und Klima geachtet werde als in Dänemark, so die Kritik. Zu befürchten sei in diesem Zusammenhang der Verlust von über 3000 Stellen in der Branche.

Kontraproduktive Wirkung?

BL stellt darüber hinaus auch die Wirksamkeit der einzelnen Massnahmen infrage. So sei die Reduktion der Treibhausgase mit mittlerweile veralteten Methoden errechnet worden. Tatsächlich werde die Einsparung eher bei 3 bis 4 Millionen Tonnen CO2e liegen.

Bei der Reduktion der Stickstoffemissionen drohe durch die geplanten Aufforstungen gar eine Verschlechterung: Bis der Wald aufgewachsen sei, führe die Stilllegung zu einer verstärkten Auswaschung von Stickstoff und damit zu einer Verschärfung der Situation in den Gewässern. Ähnliche Gefahren gebe es bei der Wiedervernässung von ehemaligen Feuchtwiesen und Mooren: Diese könne zu einer massiven Mobilisierung und Auswaschung von Phosphor führen, was ebenfalls grosse Umweltprobleme und eine Beeinträchtigung des Trinkwassers zur Folge hätte. Gelinge es nicht, den Wasserstand so zu regulieren, dass die Oberfläche in den Sommermonaten trocken liege, könnte es ausserdem zu einem grossen Ausstoss der Treibhausgase Methan und Lachgas kommen.

Sieg und Katastrophe

Landwirtschaftsvertreter Søren Søndergaard spricht in seinem Kommentar aber nicht nur von einem Sieg, sondern auch von einer «Katastrophe». Dieser hätte die Branche gegenübergestanden, wäre das Abkommen nicht zustande gekommen, so Søndergaard.

Denn unter Druck steht diese bereits, seit 2021 ambitiöse Ziele zur Senkung des Stickstoffeintrags in Gewässern verabschiedet wurden. Das neue Abkommen mache hier eine Revision möglich, sodass künftig auch die Stickstoffeinträge aus den anderen Anrainerstaaten von Nord- und Ostsee berücksichtigt würden.

Ähnlich pragmatisch sieht Søndergaard die CO2-Abgabe: Ohne Kompromiss hätte diese den Bauern die Existenz geraubt – dies habe nun verhindert werden können. Langfristige Landumlegungen seien für die Landwirte ausserdem berechenbarer als «eine ewige und ineffektive Feldregulierung». Immerhin gebe es nun klare Rahmenbedingungen, die jedem Landwirt innert zehn Minuten klar seien – «auch das war ein wichtiges Ziel», so Søndergaard in seiner Stellungnahme.