Der Bundesrat attestiert Fortschritte bei der Reduktion der Risiken für die Umwelt durch den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln (PSM). Es braucht aber auch dringend Lösungen für den zunehmend löchrigen Schutz der Kulturen – darüber herrscht breiter Konsens. Das Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) hat die «Strategie für einen nachhaltigen Schutz der Kulturen 2025» entwickelt, um passende Massnahmen für die nächsten zehn Jahre vorzuschlagen. Die Resonanz aus der Branche in der Vernehmlassung ist verhalten positiv.
«Gut zusammengefasst»
Das BLW habe die praktischen Herausforderungen «umfassend und relevant» zusammengefasst, anerkennt der Schweizer Bauernverband (SBV). Man begrüsse die Ausarbeitung und den Vorschlag dieser Strategie in ihrer Gesamtheit.
Allerdings bringe sie keine signifikanten Neuerungen bei den vorgeschlagenen Massnahmen, von denen ausserdem viele bürokratisch seien und der Landwirtschaft nicht direkt dienlich. Namentlich schlägt das BLW folgende zwölf Massnahmen vor:
- Nationales Monitoring: Informationen über den Stand des Schutzes der Kulturen, um die verfügbaren Schutzmöglichkeiten zu bewerten, Resistenzentwicklungen zu beobachten und Alternativen beim Rückzug von PSM zu beurteilen.
- Kompetenznetzwerk: Koordination und Wissensaustausch zum Pflanzenschutz und der Forschung dazu. Die Entwicklung wirksamer, kurzfristig umsetzbaren und wirtschaftlicher Alternativen zum Schutz der Kulturen sollen Priorität haben.
- Demonstrationsnetzwerk: Förderung alternativer Methoden auf Pionierbetrieben, damit sich die breite Praxis ein Bild von deren Umsetzbarkeit und Wirksamkeit machen kann. Rückschlüsse daraus für Forschung, Beratung und Verwaltung.
- Zielvereinbarungen: Bessere Planungssicherheit und Perspektiven für Produzent(innen) durch Einbezug der ganzen Wertschöpfungskette, Verteilung von Kosten und Nutzen des Schutzes der Kulturen unter den Akteuren.
- Ganzheitlich und kulturspezifisch: Massgeschneiderte Strategien des integrierten Pflanzenschutzes für alle Kulturen, Standorte, Schadorganismen, Umweltbedingungen und jeden Schaddruck.
- Auf Betriebsebene optimieren: Flexibler Einsatz von PSM auf Ebene des Betriebs, um ihn räumlich und zeitlich zu optimieren und so den Anbau heiklerer Kulturen weiterhin zu ermöglichen. Z. B. mit einem Kontingent an PSM, über deren Verwendung der Betriebsleitende entscheidet.
- Neue Technologien: Potenzial etwa von RNA-Sprays oder neuen Züchtungsverfahren prüfen.
- Robuste Sorten: Entwicklung, Anbau und Markteinführung ausbauen.
- Entscheidungshilfen: Für den Einsatz direkter Bekämpfungsmassnahmen sollen, wo möglich und sinnvoll, aktualisierte Unterlagen zur Verfügung stehen, um sie dem effektiven Bedarf anzupassen.
- Nützlinge: Ausbau der biologischen Schädlingsbekämpfung in Form natürlicher Feinde, Mikroorganismen usw.
- Applikationstechnik: Effizienz des Pflanzenschutzes verbessern durch gezielte und reduzierte Ausbringung.
- PSM-Zulassung: Optimierung und Vereinfachung, um Lücken im Schutz der Kulturen schneller zu schliessen und dadurch die Produktion zu sichern.
Eine Alternative zum Trend
«Die Massnahmen verbessern die Rahmenbedingungen, stärken das Konzept des integrierten Pflanzenschutzes und fördern dessen Umsetzung in der Praxis», beschreibt das BLW. Die integrierte Produktion – sprich den Ansatz, zuerst präventiv zu handeln und als letztes Mittel chemische PSM einzusetzen – sei entscheidend für ein Gleichgewicht zwischen Pflanzen- und Umweltschutz, findet der SBV. «Sie stellt eine Alternative zum allgemeinen Trend dar, zu einem vollständig biologischen Pflanzenschutz überzugehen.»
Zu beachten sei aber, dass die Alternativen bei Krankheiten und Unkräutern begrenzt seien, «PSM stellen in der integrierten Produktion nach wie vor eine sehr wichtige Bekämpfungsmassnahme dar.» Darüber hinaus betont der SBV die Notwendigkeit von Notfallzulassungen.
Im Detail sind die Vorschläge für den SBV zu wenig konkret, die Zielsetzung sei mit einer Dauer von 10 Jahren zu wenig ambitioniert. Bis 2030 müsste die Hälfte der heutigen Lücken im Pflanzenschutz geschlossen werden und Dreiviertel davon bis 2035, so die Forderung des SBV. Er sieht das Pflanzenschutzmonitoring als die wichtigste Massnahme aus dem Katalog, es solle regelmässig dokumentiert und darüber berichtet werden. Zudem regt der Verband an, Landwirte zu künftigen Zwischenbilanzen über die Strategie einzuladen.
Für einige der vorgeschlagenen Massnahmen bräuchte es laut BLW Entscheide des Bundesrats bzw. des Parlaments, weshalb es dafür noch keinen genauen Zeitplan gibt. Zumal er an gesetzliche Anpassungen und die Bewilligung finanzieller Ressourcen gebunden wäre. Hierzu hält der SBV fest, das BLW sei für die Beschaffung zusätzlicher Mittel zur Finanzierung der Massnahmen zuständig – man lehne jede Umverteilung bestehender Mittel zulasten der Landwirtschaft ab. Die Autoren der Strategie schreiben, in erster Linie sei mit Folgekosten für BLW, Agroscope und die Kantone zu rechnen. «Neue Massnahmen sollten nicht mit neuen Mitarbeitern gleichgesetzt werden», bemerkt der SBV. Nicht immer sei zusätzliches Personal gerechtfertigt.
Weitere Ausarbeitung folgt
«Die vorgeschlagenen Massnahmen bilden in ihrer aktuellen Form die Grundlage, um daraus konkrete Schritte für die Umsetzung der Strategie abzuleiten», ordnet das BLW ein. Die Umsetzung setze ein grosses Engagement aller Beteiligten voraus. Basierend auf den Ergebnissen der Mitte Juli angeschlossene Vernehmlassung zur Strategie will das BLW prüfen, ob, in welcher Form und nach welchem Zeitplan – in Abstimmung mit der AP 30+ – die Umsetzung einzelner Massnahmen weiterverfolgt werden soll. Der SBV behält sich vor, seine Position zu präzisieren, sobald mehr Einzelheiten bekannt sind.