Traditionellerweise kommen die EU-Agrarminister einmal pro Halbjahr zu einem informellen Treffen zusammen. Dieses wird jeweils im Land durchgeführt, das den Vorsitz innehat, der in der EU halbjährlich zirkuliert. Anfang Woche haben sich die EU-Agrarminister deshalb in Slowenien getroffen.

Handelsüberschuss in Gefahr

Gleichzeitig versammeln sich jeweils auch die Landwirtschaftsvertreter, um die Entscheide der Minister in die richtige Richtung zu lenken. Einer der einflussreichsten Exponenten ist der Finne Pekka Pesonen, seit 14 Jahren Generalsekretär des Bauerndachverbands Copa und des Genossenschaftsverbands Cogeca.

In einem Referat vor dem Europäischen Agrarjournalistenverband (Enaj) fasste Pesonen die aktuelle Situation zusammen. Die Reform der gemeinsamen Agrarpolitik der EU ist aus Sicht Brüssels unter Dach und Fach, Kommission, Ministerrat und Parlament haben zugestimmt, jetzt sind die Staaten daran, ihre nationalen Strategien auszuarbeiten. Die Reform segelt unter dem Siegel «Green Deal» (Grüner Deal).

Pesonen gab seiner Sorge Ausdruck, dass die Ökologisierung die Konkurrenzfähigkeit des EU-Primärsektors gefährden könnte. Die EU habe einen Handelsüberschuss von 50 bis 60 Mrd Euro im Bereich von Landwirtschaft und Lebensmittelwirtschaft. Staaten wie Dänemark, Deutschland und die Niederlande gehören zu den wichtigsten Exportmächten für eine breite Palette von Produkten und sind auf offene Grenzen angewiesen.

Unfairer Fussball-Match

EU-Kommissär Phil Hogan degustiert auf seiner Bulgarienreise eine Tomate. (Bild akr) International Die neue EU-Agrarpolitik kurz erklärt Friday, 8. June 2018 Mit der angestrebten Verschärfung der Produktionsvorschriften in Europa und der geplanten Steigerung der Anforderungen gegenüber Importeuren riskiere man aber Retorsionsmassnahmen von Handelspartnern ausserhalb der EU, sagte Pesonen. Er verglich den internationalen Handel mit Agrarprodukten mit einem Fussballfeld. «Alle müssen hier die gleichen Regeln haben», sagte er. Argentinien und Brasilien beispielsweise spielten aber mit anderen Regeln, wenn sich der «Green Deal» in der aktuellen Version durchsetze. Das sei unfair, so Pesonen.

Man könne auch den Bioanbau − so, wie von der Kommission angestrebt − nicht beliebig fördern, ohne dass die entsprechende Nachfrage auf den Märkten vorhanden sei, sagte Pesonen. Und zeigte damit Parallelen zur Diskussion in der Schweiz im Vorfeld der Abstimmung zu den Agrarinitiativen auf.

Einsatz für Strukturwandel

Unterstützung erhielt Pesonen von Roman Zveglic, dem Präsidenten der Landwirtschaftskammer Sloweniens. Er erklärte, der EU-Kommissär liege falsch mit seinem Ziel, den Strukturwandel in der EU-Landwirtschaft zugunsten von kleinen Biobetrieben zu bremsen. Dies hatte Janusz Wojciechowski gleichentags am Rande des EU-Agrarminister-Treffens gefordert. Laut dem Kommissär hat die Zahl der Betriebe in der EU innerhalb von 10 Jahren um 4 auf 10 Millionen abgenommen, dies müsse man stoppen.

In Slowenien hätten die Betriebe durchschnittlich nur 7 ha LN zur Verfügung, konterte Zveglic. Die Preise seien zu schlecht und die EU-Direktzahlungen mit rund 1600 Euro pro Betrieb zu gering, um ein anständiges Einkommen zu erwirtschaften. Deshalb müssten die Betriebe in Slowenien grösser werden. Das Referat von Zveglic zeigte damit auch auf, wie unterschiedlich die Verhältnisse in der EU sind.

Einig mit den Ministern zeigten sich Pesonen und Zveglic nur in einem Punkt. Diese hatten als wichtigstes Thema ihres Treffens über eine langfristige Strategie zur Verbesserung der Situation der ländlichen Räume debattiert und beschlossen, dafür zusätzliche Mittel frei zu machen, und zwar nicht zulasten des Agrarbudgets. Pesonen betonte, ohne eine funktionierende Landwirtschaft könne der ländliche Raum nicht florieren.

Frage an Agrarminister aus der EU: Was sind die wichtigsten Themen derzeit?

Joze Podgorsek, Agrarminister Slowenien:
[IMG 2] Die drei Hauptthemen während unserer EU-Präsidentschaft im zweiten Halbjahr 2021 sind die Beziehungen zwischen Stadt und Land, die Rolle der Frauen und die Digitalisierung auf dem Land. Slowenien kann als Vorbild der EU dienen, so haben wir zahlreiche Produzenten, die gros­se Erfolge feiern mit Verarbeitung und Direktvermarktung, namentlich im Biobereich. Stark sind wir auch im Bereich Genossenschaften und in der Hopfenproduktion, wo wir einen hohen Exportanteil haben.

Marija Vuckovic, Agrarministerin Kroatien:
[IMG 3] Die langfristige Vision der EU für ländliche Gebiete bis 2040 zielt darauf ab, negative Trends zu bekämpfen. Dazu gehören Entvölkerung, Überalterung und die abnehmende Attraktivität ländlicher Gebiete als Wohnorte. Dafür braucht es Investitionen in öffentliche Dienstleistungen mit Schwerpunkt auf Digitalisierung, Bewässerung, erneuer-bare Energien usw. Wir müssen Voraussetzungen schaffen, damit junge Menschen den Herausforderungen mit Wertschöpfung begegnen können.

Janusz Wojciechowski, EU-Agrarkommissär:
[IMG 4] Die politische Einigung zur künftigen Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) ist zwar unter Dach, aber nun fehlt noch die Umsetzung, dafür braucht es jetzt die Strategiepläne der Mitgliedsländer bis Ende Jahr. Ein grosses Problem ist der Strukturwandel. Im letzten Jahrzehnt ist die Zahl der Betriebe um 4 Mio auf 10 Mio Betriebe zurückgegangen, diesen Trend müssen wir stoppen. Ein guter Weg dazu ist die Stärkung des Biolandbaus und die Erhöhung der Tierwohl-Anforderungen.