«Will der Bund Direktzahlungen sparen auf Kosten ökologisch wertvoller Flächen, welche schon vorhanden sind?», fragt sich Ruedi Gerber, Landwirt und Waldeigentümer aus Wiggen im Entlebuch. Der Präsident von Wald Luzern berichtet von einem Fall, der ihn persönlich betrifft, es könnten aber auch andere Bauern ähnlich betroffen sein.
Auf seinem Land wurde zur Hangsicherung vor Jahren eine Strassenböschung bestockt und diese wird seither von ihm wie eine Hecke als Feldgehölz regelmässig zurückgeschnitten.
Keine Direktzahlungen
Weil diese aber grösser als sechs Aren, breiter als acht Meter und älter als 20 Jahre ist, sei das automatisch zu Wald geworden, da die Fläche nicht den Kriterien für landwirtschaftliche Nutzflächen (LN) gemäss Begriffsverordnung entspreche, erklärt Ruedi Gerber. Die Folge: Für diese bestockte Fläche gibt es keine Direktzahlungen.
Es gehe ihm nicht in erster Linie um Direktzahlungen, sondern darum, dass die von der Öffentlichkeit immer geforderten ökologischen Leistungen auch ausgewiesen werden können,wenn sie schon vorhanden sind, betont Gerber. Es sei stossend, wenn die Begriffsverordnung dies verhindere. «Die Direktzahlungen sind Mittel zum Zweck, um die Hecken zu erhalten und ökologisch aufzuwerten.»
Deshalb verlangte Gerber eine offizielle Waldfeststellung mit dem Ziel, dass die Fläche als Feldgehölz ausgeschieden würde. So wurde das Stück Land zwar rechtlich als Wald entlassen, nicht aber als LN aufgenommen. Und als Begründung bestätigte die Luzerner Dienststelle Landwirtschaft und Wald (Lawa) in ihrem Entscheid, dass diese Fläche allen Kriterien der Begriffsverordnung, wann eine Bestockung zur LN gerechnet werden dürfe, widerspreche. Weil die Fläche breiter als acht Meter ist, zählt sie nicht als Hecke. Und weil sie mehr als 600 m2 gross ist, gilt sie auch nicht als Feldgehölz.
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Vorsicht vor Ausschluss
Ruedi Gerber weist darauf hin, dass er auf seinem Betrieb seit zehn Jahren auch noch Hecken in der Qualitätsstufe 2 bewirtschafte, welche grösser als sechs Aren und breiter als acht Meter seien, weil sie so dem Gelände mit einem Bach entsprechen. Und er wisse auch von einem Fall, wo die Hecke um einen Teich verlaufe und wegen ihrer Breite gemäss Begriffsverordnung auch als LN ausgeschlossen werden könnte. Anderseits habe ein Nachbar von Gerber eine Nutzfläche vor rund 20 Jahren mit Sträuchern aufgewertet, mit öffentlicher Unterstützung, und die sei nun als Wald ausgeschieden worden. «Sinnvolle Aufwertungen können so zu einer Hypothek werden», meint Gerber, und weiter: «Bei einem so engen Korsett und den gemachten Erfahrungen ist es verständlich, dass Landwirte nicht bereit sind, in eine Hecke zu investieren.» Er setzt sich deshalb dafür ein, dass Flächen nicht zu leichtfertig von LN zu Wald umdefiniert werden.
Problematik erkannt
In einer Stellungnahme weist Bruno Röösli, Abteilungsleiter Wald beim Lawa, darauf hin, dass die Problematik der Abgrenzung Wald-Hecke-LN erkannt sei. Erforderlich sei eine Anpassung der landwirtschaftlichen Begriffsverordnung beim Bund. Dies, um die Definitionslücke der Bestockungen zwischen sechs und acht Aren oder breiter als acht Meter zu schliessen. Solche Hecken/Feldgehölze könnten derzeit nicht als LN anerkannt werden. Man werde über Kantonskonferenzen oder bei bevorstehenden Verordnungsanpassungen die Problematik und den Anpassungsbedarf aufzeigen, verspricht Röösli. «Auch die Verbände können ihre Kontakte dafür einsetzen.»
Statische Waldgrenzen
Im Kanton werde sich das Lawa zudem im Rahmen der laufenden Revision des Richtplanes dafür einsetzen, dass statische Waldgrenzen auch ausserhalb des Waldes ausgeschieden werden, um mehr Rechtssicherheit zu schaffen. Es brauche dazu eine Bestimmung im Richtplan.
Heckenförderung im Entlebuch
Die Unesco Biosphäre Entlebuch (UBE) lancierte letzten Herbst eine Förderaktion für Hecken, welche noch bis Ende März 2024 dauert. Dabei geht es vor allem um die Aufwertung von bestehenden Hecken zur Qualitätsstufe 2, wie dies der Kanton im Rahmen der Landschaftsqualitätsbeiträge bereits macht. Mit der Massnahme LQ 9 gibt es vom Kanton schon 5 Franken pro Strauch für Heckenergänzungen und 5,6 Franken pro Laufmeter für Aufwertungen. Von der UBE gibt es nun noch weiteres Geld, nämlich nochmals 5 Franken pro Strauch und 2 Franken pro Laufmeter. Für eine 50 m lange Hecke können so bei Aufwertungen insgesamt 630 Franken generiert werden.
Einen zusätzlichen Beitrag gibt es, wenn Maschinen zum Einsatz kommen wie Bagger oder Fällgreifer. Dies könne sinnvoll sein, wenn artenarme oder sehr dichte Hecken aufgewertet werden sollen. Für die Beurteilung, welche Aufwertungsmassnahmen sinnvoll seien, um Q 2 zu erreichen, wird den Bauern empfohlen, bei Bedarf einen Fachmann beizuziehen. So beispielsweise der Vernetzungsbeauftragte oder auch RO-Förster. Und es wird darauf hingewiesen, dass es eine Ausnahmebewilligung braucht, wenn auf einem längeren Abschnitt Sträucher entfernt werden sollen.
Verwirrliche Definitionen
Wald: Als Wald gilt gemäss kantonalem Waldgesetz eine Bestockung, wenn die Fläche mit Einschluss eines zweckmässigen Waldsaumes mindestens 800 m2 umfasst und zwölf Meter breit ist, und die Bestockung auf Einwuchsflächen mindestens 20 Jahre alt ist. Erfüllt die Bestockung in besonderem Masse Wohlfahrts- oder Schutzfunktionen, so gilt sie auch dann als Wald, wenn sie die beschriebenen quantitativen Mindestkriterien nicht erfüllt.
Landwirtschaftliche Nutzflächen (LN): Dazu zählen gemäss eidgenössischer landwirtschaftlicher Begriffsverordnung Art. 14 auch Flächen mit Hecken, Ufer- und Feldgehölzen, die nicht zum Wald nach dem Waldgesetz gehören.
Hecken: Damit ein Gehölzstreifen als Hecke zählt, muss die Bestockung mindestens 10 m lang und darf maximal 8 m breit sein, unabhängig vom Verlauf der Parzellengrenzen.
Feldgehölze: Dies sind flächig angeordnete Gruppen von einheimischen Sträuchern und Bäumen. Damit eine solche Gehölzgruppe als Feldgehölz zählt, muss die bestockte Fläche mindestens 30 m2 gross sein und darf maximal 600 m2 betragen. Eine Bestockung im Wald ist nicht als Hecke, Feld- oder Ufergehölz anrechenbar (Quelle: Merkblatt Lawa zu Hecken, Feld- und Ufergehölz).