Das Pferd bleibe auch im 21. Jahrhundert ein landwirtschaftliches Tier. Auf diesen Standpunkt stellt sich der Schweizer Rat und Observatorium der Pferdebranche Cofichev in einer eben veröffentlichten umfassenden Analyse der aktuellen Rechtslage. In dieser werden neben den verschiedenen Rechtsgrundlagen auch wirtschaftliche und gesellschaftliche Aspekte untersucht.

Vom Arbeitstier zum Freizeitpartner

«Derzeit bestehen gewisse Unsicherheiten hinsichtlich des ‹landwirtschaftlichen› Status von Pferden und anderen Equiden», heisst es dazu in einer Mitteilung: «Diese sind zum einen auf den Paradigmenwechsel zurückzuführen, der dazu geführt hat, dass diese Tiere, die früher hauptsächlich als Arbeitskraft betrachtet wurden, immer häufiger zu Sport- und Freizeitpartnern werden».

Die Mehrheit der Gesetzestexte bestätigt laut der Analyse, dass Pferde nach wie vor als Nutztiere einzustufen seien. Problematisch ist laut der Studie aber die Einführung der Terminologie «Heimtier» in der Gesetzgebung über Tierarzneimittel. Diese habe «sowohl in der breiten Öffentlichkeit als auch in der Verwaltung und sogar bei einigen Besitzern dazu beigetragen, dass das Pferd nicht mehr als landwirtschaftliches Nutztier in Betracht gezogen wird», heisst es in der Mitteilung.

Beim BLW gehen hinter dem Vorhang immer wieder Türen zu

Schon bei der Agrarpolitik 2014–17 seien Vorschläge in diese Richtung dabei gewesen, sagt Cofichev-Präsident Trolliet. Im Februar habe sich der Direktor des Bundesamts für Landwirtschaft (BLW) Christian Hofer ebenfalls in dieser Richtung geäussert. Die «Rösseler» fürchten, dass der Status des Pferds erneut angegriffen wird. «Wir wollten das deshalb frühzeitig aufnehmen und thematisieren, ehe es wieder irgendwo in einem Päckli versteckt wird», sagt Trolliet.

Auch Reto Burkhardt, Vize-Präsident des Zentralschweizerischen Kavallerie- und Pferdesportverbands (ZKV), sieht den Rückhalt für das Pferd im BLW schwinden. «Immer wieder gehen hinter dem Vorhang Türen zu», sagt er. Er geht davon aus, dass Verteilkämpfe innerhalb der Landwirtschaft dazu führen, dass es manchen Akteuren nicht ungelegen komme, wenn das eine oder andere «vergessen» gehe. Beim BLW war vor Redaktionsschluss dazu keine Stellungnahme zu erhalten.

Den Bauernfamilien drohen finanzielle Einbussen

Büssen die Pferde in Zukunft ihren «landwirtschaftlichen Status» ein, hat das Konsequenzen. «Das hat Einfluss auf die Berechnung der Grossvieheinheiten und damit auch die Standardarbeitskräfte», gibt Trolliet zu bedenken. Den Bauern drohten handfeste finanzielle Verluste. Zu leiden hätten aber auch Pferdebesitzer ohne eigenes Land. «Sie müssten auf Stallplätze ausweichen, bei denen der Tierschutz nicht in der gleichen Qualität garantiert werden kann», sagt Trolliet.

Keine Reitplätze mehr auf Landwirtschaftsland? 

Ein Dorn im Auge ist den Rösselern die Unterscheidung zwischen Pferden, die rechtlich gesehen Nutztiere sind, und jenen, die als «Heimtiere» gelten. Für letztere gelten andere Vorschriften, wenn es um die Verabreichung von Medikamenten geht – weil bei ihnen ausgeschlossen ist, dass ihr Fleisch in den Handel gelangt. Das sei ein falscher Anreiz, sagt Trolliet. So mancher Pferdebesitzer werde sich überlegen, ob er für die paar hundert Franken, die er eventuell bei der Schlachtung des Pferdes erhalten würde, 15 Jahre oder länger ein Behandlungsjournal führen wolle. Wird das Pferd nicht mehr als Nutztier und damit als Teil der Landwirtschaft gesehen, hat das auch raumplanerische Folgen. Etwa dann, wenn ein Bauer in der Landwirtschaftszone einen Pferdestall für Pensionstiere bauen oder einen Reitplatz einrichten möchte. Wäre die Pferdehaltung keine landwirtschaftliche Nutzung mehr, müssten die Pferdehalter in andere Zonen ausweichen. «Dabei ist eine artgerechte Haltung nur im landwirtschaftlichen Rahmen möglich», sagt Burkhardt.

Für ihn muss klar bleiben: «Das Ross gehört zu Landwirtschaft.» Für viele Bauern seien die Pferde ein guter Nebenerwerb. Auch gesellschaftlich sei die Pferdehaltung in der Landwirtschaft wichtig: «Sie dient dem Brückenbau zwischen Stadt und Land und hat damit auch eine wichtige soziale Funktion».