Die Situation auf dem Getreidemarkt ist seit Monaten äusserst komplex und unsicher. Krieg in der Ukraine, explodierende Energie- und Treibstoffkosten sowie Transport- und Logistikprobleme sind für die angespannte Situation verantwortlich. In diesem schwierigen Kontext wurden die Brotgetreide-Richtpreise erhöht, auch wenn der Druck durch Importe von Fertigprodukten sehr stark ist.

Bessere Ernte

Zum Glück ist die diesjährige Ernte viel besser als die letztjährige. Auch wenn nicht alle Zahlen definitiv sind, hat man heute schon beruhigende Informationen: die Mengenbilanz sollte ausgeglichen sein, es wurde kein qualitatives Problem festgestellt und es braucht keine besonderen Massnahmen, um den Bedarf der Abnehmer zu decken.

International ist die Situation immer noch angespannt. Auch wenn die Ukraine wieder Getreide (unter erschwerten Bedingungen) exportieren kann, bleiben die Getreidepreise auf einem hohen Niveau, jedoch mit einer sinkenden Tendenz. Der Weltgetreidemarkt hat sich leicht beruhigt, aber die ganze Energie-Thematik erschwert wiederum die Lage.

Zölle nach oben anpassen

Die Entwicklung der Weltmarktpreise hat kaum Einfluss auf den Schweizer Markt: die Zölle werden voraussichtlich per 1. Oktober nach oben angepasst, so dass die Importpreise Fr. 53.–/dt erreichen. Damit wird gleichzeitig auch der Grenzschutz für Mehl besser. Konkret heisst das: der Druck von Getreide- und Mehlimporten bleibt gering.

Starke Konkurrenz

Doch der Schuh drückt bei den Importen von Fertigprodukten. Diese steigen jedes Jahr und werden mit einem praktisch inexistenten Grenzschutz importiert. Mit dieser starken Konkurrenz ist leider keine Stufe der Schweizer Getreidebranche konkurrenzfähig.

Die Grossverteiler und industriellen Mehlkäufer haben diese Importe als Drohung benutzt: wenn Mehl (und indirekt Getreide) zu teuer wird, werden billige Fertigprodukte importiert! Das Engagement der Grossverteiler für Schweizer Produkte aus Schweizer Rohstoffen beschränkt sich zurzeit auf schöne Worte, obwohl sie Mitglieder des Vereins «Qualitätsstrategie der schweizerischen Land- und Ernährungswirtschaft» sind. Man hätte etwas anders erwarten können.

Hoher Druck

Der Druck ist auf allen Ebenen der Wertschöpfungskette hoch. Die Herausforderungen für die Produzenten, mit steigenden Produktionskosten, sind bekannt. Mit allen Argumenten hat der SGPV die Herbstrichtpreise verhandelt, mit einer Verbesserung von Fr. 6.50/dt für die Klasse Top im Vergleich zum Richtpreis der Ernte 2021. Diese Richtpreise decken den Anstieg der Produktionskosten nicht ganz, unterstreichen aber den gemeinsamen Einsatz für die inländische Produktion von Schweizer Getreide zur Herstellung von Schweizer Mehl sowie Schweizer Brot und Backwaren.

In Zukunft werden die Produzenten mit weiteren Herausforderungen konfrontiert: die von der Agrarpolitik gewünschte Extensivierung des Anbaus (Absenkpfad) wird die Produktionsmenge und -qualität tendenziell reduzieren und die Produktionskosten sowie der administrative Aufwand werden steigen. Ein Grund mehr, dass die Produzentenpreise kostendeckend und wirtschaftlich sein müssen.

Klare Herkunftsauszeichnung

Die Marke «Schweizer Brot» ist ein Produkt der gesamten Branche. Mit einer klaren Herkunftsauszeichnung können sich die Konsumentinnen und Konsumenten bewusst für einheimische Produkte entscheiden.

Deshalb erwarten wir vom Bund eine rasche Inkraftsetzung der obligatorischen Herkunftsdeklaration für Backwaren, wie es das Parlament letztes Jahr verabschiedet hat. Ebenso erwarten wir ein klares Engagement der Grossverteiler für die Schweizer Mehrwertstrategie entlang der Wertschöpfungskette.