Im Gespräch äussert sich Urs Schneider, der Leiter der Nein-Kampagne gegen die MTI, zu Fragen rings um den Abstimmungskampf.
Urs Schneider, wie sind Sie zufrieden mit dem Engagement der Landwirtschaft gegen die MTI, mir scheint, die Stimmung ist deutlich weniger kämpferisch als im letzten Jahr?
Die überwältigende Mehrheit der Bäuerinnen und Bauern lehnt die Initiative ab. An rund 50 Auftritten in den letzten Monaten stellte ich eine grosse Bereitschaft zum Engagement dagegen fest, auch bei Organisationen und in Kreisen, die nicht unmittelbar betroffen sind. Der Funke muss jetzt noch besser runter zu breiten Basis springen. Das ganz grosse Engagement bei den Agrarinitiativen kam aber auch erst etwa zwei Monate vor der Abstimmung. Ich habe Vertrauen in unsere Basis.
Glauben Sie, dass der Abstimmungskampf zivilisierter verlaufen wird, als der letzte?
Wir haben den Abstimmungskampf gegen die Agrarinitiativen von Seiten des Komitees mit Anstand und Argumenten geführt. Es gibt kein Beispiel in dem wir verletzend oder aggressiv waren, engagiert und kreativ sind die zutreffenden Begriffe. Die Befürworter haben damals mit ihrer langfristigen Diffamierungskampagne einige Bauern so provoziert, dass sie überreagierten. Das ist unentschuldbar und wir verurteilen das. Aber auch wir und die bäuerlichen Exponentinnen mussten viel einstecken bis hin zu Drohungen. Es ist uns wichtig, diese Abstimmung sachlich und mit guten Argumenten zu führen. Davon haben wir reichlich.
Die Pflanzenbauer betrachten sich hier als etwas weniger betroffen, wie wollen Sie diese mobilisieren?
Es wäre ein Trugschluss, wenn Sektoren der Landwirtschaft denken, nicht betroffen zu sein. Viele Betriebe müssten Alternativen suchen, was zu neuen – nicht immer erwünschten – Konkurrenzverhältnissen führen wird. Eine nächste Vorlage kann wieder einen anderen Produktionssektor der Landwirtschaft betreffen, dann ist dieser auf die Solidarität der ganzen Branche angewiesen.
Und wie sieht es bei der Rindviehhaltern aus?
Die Auswirkungen auf diese werden unterschätzt. Die RAUS-Pflicht und die erhöhten Anforderungen würden auch die Milchproduzenten sowie die Kälber- und Rindviehmast vor Probleme stellen und hätten steigende Kosten zur Folge. Zudem würden die Beiträge für die Tierwohlprogramme obsolet. Weiter käme es zu einer Senkung der zugelassenen Dünger-Grossvieheinheiten pro Hektare. Die Initiative verlangt zudem mindestens die Bio-Standards, die Kampagnenleitung hat aber schon gesagt, dass man in gewissen Bereichen auch darüber hinaus gehen muss. Die Rindvieh- und Milchproduzenten sollten sich nicht zurücklehnen!
Ist die Kampagne bereits auf Volltempo, oder werden Sie noch weitere Stufen zünden können?
Bei weitem nicht. Wir befinden uns im Übergang von der Vorkampagne zur Abstimmungskampagne. Den Höhepunkt wird die Kampagne im August und September erreichen. Da werden wir vielfältige Massnahmen umsetzen.
Die Befürworter haben ihre Kampagne nun ebenfalls lanciert, gibt es Argumente auf Befürworter-Seite, die Ihnen Sorge bereiten?
Nein, denn die Argumente gegen die Initiative sind erdrückend. Wir haben ein sehr strenges Tierschutzgesetz, weltweit einzigartig schon Höchsttierbestände und eine grosse Auswahl an tierischen Produkten für jeden Konsumentenwunsch. Es macht einfach keinen Sinn, die Produktion im Inland massiv runterzufahren und viel mehr, mit einer viel schlechteren Ökobilanz und aus fragwürdigen Tierhaltungen zu importieren. Da den Befürwortern die Argumente fehlen, führen sie völligen Unsinn ins Feld, zum Beispiel wir hätten Steuergelder für den Abstimmungskampf zur Verfügung. Das ist einfach nur gelogen.
Punkto möglichem Mitteleinsatz dürften Sie den Befürwortern deutlich überlegen sein?
Das glaube ich nicht. Beim Jagdgesetz, als es auch um ein Tieranliegen ging, haben die Tierschutzorganisationen einen hohen Millionenbetrag eingesetzt und wir waren dagegen Waisenknaben. Das hat uns veranlasst, genügend Mittel zu beschaffen, um einen griffigen Abstammungskampf zu führen. Unsere Finanzierungsaktion läuft noch und jeder weitere Franken hilft.
Können Sie im Abstimmungskampf noch auf nicht verbrauchte Mittel der Abstimmung über die Agrar-Initiativen zurückgreifen?
Nein, das Geld haben wir für die Bekämpfung der Agrarinitiativen generiert und auch dafür eingesetzt. Für die MTI haben wir eine neue Mittel zusammengetragen.
Gibt es Organisationen oder Firmen, die Sie mit ihrer Spendierfreude im Abstimmungskampf positiv überrascht haben?
Erfreulich ist, dass sich auch Branchen engagieren, die weniger direkt betroffen sind.
Was erhoffen Sie sich vom Schulterschluss mit den Wirtschaftsverbänden im Hinblick auf die MTI-Abstimmung?
Die Wirtschaft hat erkannt, dass die Landwirtschaft auch ein wichtiger Teil der Wirtschaft ist und es mehr Gemeinsames als Trennendes gibt. Es ist erfreulich, dass man sich zusammenrauft, sich gegenseitig hilft und anstrebt gemeinsam Erfolge zu erzielen.
Kam die Initiative vom SBV oder von den Wirtschaftsverbänden?
Diese strategische Partnerschaft ist die gemeinsame Erkenntnis auf höchster Ebene.
Ist das eine einmalige Zusammenarbeit oder wurde diese längerfristig abgeschlossen?
Die Partnerschaft soll über den 25. September hinausgehen.
Der Detailhandel steht wie bereits letztes Mal abseits, obwohl sein Geschäft stark massiv tangiert wäre von einem Ja, warum gelingt es dem SBV nicht, hier ein stärkeres Engagement zu erwirken?
Schön wäre es, wenn wir dem Detailhandel befehlen könnte, was er zu tun hat … Detailhändler sind bei Abstimmungen immer zurückhaltend, da sie Kunden mit unterschiedlichsten politischen Meinungen haben und niemanden vergraulen wollen. Bei der MTI ist die Zurückhaltung aber tatsächlich nicht verständlich, da sie selbst auch vor allem ihre Schlacht- und Verarbeitungsbetriebe massiv betroffen wären. Immerhin äussern sie sich – wenn auch nicht proaktiv – dagegen.
Die Fenaco verzichtet ebenfalls auf direkten Support zugunsten der Kampagne, können Sie hier auf die Mittel 10 Mio Fr. zurückgreifen, welche die Fenaco kürzlich der SBV-nahen Stiftung für eine nachhaltige Ernährung hat zukommen lassen?
Nein, die Stiftung ist rechtlich völlig eigenständig und die Mittel müssen dem Stiftungszweck, welcher das Verständnis zwischen Produzent und Konsumenten und zwischen Stadt und Land fördern will, eingesetzt werden. Die fenaco engagiert sich auf andere Weise gegen die Initiative.