Der Leiter des Obwaldner Amts für Landwirtschaft und Umwelt, Bruno Abächerli, tritt nach 22 Jahren Amtsleitung per Ende 2021 in den Ruhestand. Für den Kanton war der Agronom gar 35 Jahre tätig, vorerst 13 Jahre als Lehrer und Berater am BWZ Giswil.
Wie hat sich Ihre Tätigkeit in den vergangenen Jahrzehnten gewandelt?
Bruno Abächerli: Ich durfte eine interessante, aber auch herausfordernde Aufgabe für den Kanton Obwalden und im Dienste der Landwirtschaft wahrnehmen. Das einzig Beständige meiner Tätigkeit war der Wandel, geprägt durch die verschiedenen Reformschritte der Agrarpolitik des Bundes. Als ich begonnen habe, gab es für die Landwirtschaft noch die staatlichen Absatz- und Preisgarantien. In verschiedenen Etappen wurde die Landwirtschaft neu ausgerichtet auf mehr Ökologie und Markt. Obwohl man der Landwirtschaft mehr unternehmerische Freiheiten und Eigenverantwortung versprach, ist diese leider heute noch stark im Dickicht der komplexen Gesetzgebung des Bundes gefangen. Seit meinem Stellenantritt 1986 als Landwirtschaftslehrer hat sich die Zahl der Landwirtschaftsbetriebe in Obwalden von rund 1200 auf 600 halbiert.
«Arbeitsbelastung führt zunehmend zu Problemen.»
Die tiefe Einkommenslage zwingt Bauern gemäss Bruno Abächerli zum Nebenerwerb.
Welche Erlebnisse bleiben besonders?
Ein Höhepunkt meiner Amtstätigkeit war der Auftritt der Zentralschweiz unter meiner Projektleitung an der Grünen Woche in Berlin 2013, der grössten Landwirtschafts- und Ernährungsmesse Europas mit rund 70 Ländern und 1600 Ausstellern. Der Auftritt vor rund einer halben Million Besuchern war für mich und die Aussteller, vor allem auch für die beteiligten Landfrauen und weitere Mitgereiste aus Obwalden, einzigartig und unvergesslich.
Tiefschläge in meiner Amtstätigkeit gab es eigentlich kaum. Ich konnte mich jederzeit auf ein sehr gutes Team abstützen. Dennoch gab es viel Belastendes. Was mich bis heute beschäftigt, ist die tiefe Einkommenslage der Obwaldner Landwirtschaft. Um finanziell einigermassen über die Runden zu kommen, müssen rund 80 Prozent der Landwirte und Bäuerinnen einem Nebenerwerb nachgehen. Das führt zu riesigen Arbeitsbelastungen und zunehmend gesundheitlichen und familiären Problemen.
Zu den strukturellen Schwächen gab es ja vor Jahren eine Studie und daraus wurden Massnahmen entwickelt.
Die strukturellen Schwächen sind mit ein Grund für die tiefe Einkommenslage, aber nicht der einzige. Im Jahr 2017 haben wir zusammen mit den bäuerlichen Organisationen 38 Massnahmen formuliert, mit dem Ziel, die Ausgangslage der Obwaldner Landwirtschaft zu verbessern. Die Massnahmen zielen insbesondere auf die Förderung professioneller Haupterwerbsbetriebe, die Verbesserung der Wertschöpfung, die Senkung der Produktionskosten, die Förderung der Arrondierung der Betriebsflächen und den Schutz des Kulturlands bis hin zur Verbesserung der Altersvorsorge und des Versicherungsschutzes ab. An Beratungsveranstaltungen wurde wiederholt aufgezeigt, wo die Betriebsleitenden selber Einfluss nehmen können. Erschwerend kommt dazu, dass aufgrund des sehr hohen Pachtlandanteils von rund 60 Prozent der Verbesserung der Betriebsstrukturen Grenzen gesetzt sind.
Mit Ernüchterung mussten wir aber auch feststellen, dass vieles von der Weiterentwicklung der Agrarpolitik des Bundes abhängt. Bekanntlich ist Agrarpolitik vorab Bundessache. Trotzdem nimmt der Kanton auf allen politischen und fachlichen Ebenen Einfluss, dass die agrarpolitischen Rahmenbedingungen so ausgestaltet werden, dass auch unsere eher kleinstrukturierten, professionell und nachhaltig geführten Landwirtschaftsbetriebe ein angemessenes Einkommen erzielen können. Es wird die Aufgabe meines Nachfolgers sein, in Abstimmung mit der Weiterentwicklung der AP 22+, zusammen mit den bäuerlichen Organisationen, eine Standortbestimmung der Obwaldner Landwirtschaft vorzunehmen und einen interkantonalen Vergleich anzustellen.
Warum hat Obwalden den höchsten Bioanteil in der Zentralschweiz?
Mithilfe einflussreicher Exponenten der kantonalen bäuerlichen Organisationen gelang es uns recht früh, Landwirtschaftsbetriebe für den Biolandbau zu überzeugen. Gleichzeitig stieg damals auch die Nachfrage nach Biomilch. Mit rund einem Drittel Biobetriebe hat Obwalden schweizweit den zweithöchsten Bioanteil. Entscheidend für die zukünftige Entwicklung des Biolandbaus sind die Absatzmöglichkeiten. Ich gehe davon aus, dass der Anteil der Biobetriebe in Obwalden nicht mehr stark steigen wird, nicht zuletzt auch aufgrund der strengen Anforderung bei der Rindviehhaltung bezüglich Fütterung. Zudem könnte aufgrund der schlechten Arrondierung vieler Obwaldner Betriebe die vorgeschriebene Weidehaltung auf den Heimbetrieben zum Problem werden.
«Überbetriebliche Zusammenarbeit hat Potenzial.»
Insbesondere zu gemeinsamem Maschineneinsatz rät Bruno Abächerli.
Wie sehen Sie grundsätzlich die Zukunft der Obwaldner Landwirtschaft?
Aufgrund der klimatischen und topografischen Bedingungen bleibt die Rindviehhaltung das Rückgrat der Obwaldner Land- und Alpwirtschaft. Diese soll standortgerecht und raufutterbasiert sein. Ich glaube auch, dass bei der überbetriebliche Zusammenarbeit, insbesondere beim überbetrieblichem Maschineneinsatz, noch Potenzial besteht. Ich stelle aber fest, dass ein Grossteil unserer Bauernbetriebe sehr professionell unterwegs ist. Als nun Pensionierter möchte ich nicht mehr Ratschläge erteilen, sondern mich in meiner Freizeit erfreuen an der gepflegten Landschaft, welche nur dank der Pflege durch die Obwaldner Land- und Alpwirtschaft so einzigartig ist.
Was macht Bruno Abächerli nach der Pensionierung ab 2022?
Ich führe unseren eigenen Landwirtschaftsbetrieb (Mutterkuhhaltung mit Natura Beef Produktion, voralpine Hügelzone, 8 ha LN) weiter und geniesse mit meiner Frau die Freizeit und pflege die Hobbys. Zudem arbeite ich ehrenamtlich in einem Kleinpensum für ein nationales Hilfswerk.