«Der Fisch muss am Wurm riechen, nicht an der Angel», meinte Christian Becker vom Baselbieter Forstrevier Angenstein zu den Bestrebungen der Waldeigentümer, für die vielfältigen Leistungen des Waldes vermehrt die Nutzniesser zur Kasse zu bitten. Er referierte letzten November am gemeinsamen Netzwerkanlass von Wald Schweiz und dem Kanton Luzern im Haus des Holzes Sursee LU zu «Ökosystemleistungen des Waldes – wer trägt die Kosten?».

Holzerlöse genügen nicht

Längst decken nämlich die Holzerlöse den Aufwand für die Waldbewirtschaftung vielerorts nicht mehr. Zudem steigt der Aufwand aufgrund der Anforderungen an den Schutzwald, Erholungswald, für die Anpassung an den Klimawandel, die Biodiversität, für die Versorgungs-, Regulations- und kulturellen Leistungen im Wald. «Bekämen wir 200 Franken pro m3 Holz, könnten wir die erwarteten Leistungen finanzieren», meinte Becker.

Dass der Wald mehr bietet als nur Holz, ist allen bekannt und wird bei jeder Gelegenheit ins Bewusstsein gerufen: «Schatzkammer Wald», titelte das «ProNatura Magazin» in der aktuellen Januar-Ausgabe, «Wald für alle – was für ein Privileg», heisst es in der laufenden Luzerner Kommunikationsoffensive zu den Waldleistungen und zur Holznutzung «Aktiv im Wald». Allein der Erholungswert des Waldes belaufe sich auf jährlich 3,9 Mia Franken, schätzte das Bundesamt für Umwelt (Bafu) in einer Studie und widmete dem Wald im «Umwelt»-Magazin Ende 2023 den Fokus.

«Nicht bestellte Dienstleistungen sollten gar nicht angeboten werden.»

Christian Becker, Forstrevier Angenstein BL.

Viele Handlungsfelder

Die Inwertsetzung von gemeinwirtschaftlichen Leistungen sei schon seit Jahren ein Thema, in einigen Kantonen und auch bei Wald Schweiz, meinte Patrick von Däniken vom Büro «Kaufmann Bader Wald und Umwelt». Die Beratungsfirma begleitet ein Projekt im Kanton Luzern zur «Entschädigung von Nicht-Holz-Waldleistungen». Mögliche Handlungsfelder sind Sicherheitsholzerei, Information, Grundwasser, Kohlenstoffspeicherung und Erholungsinfrastruktur.

Katalog von Waldleistungen

Schon vor bald zehn Jahren haben die Waldwirtschaftsverbände beider Basel einen Katalog für die gemeinwirtschaftlichen Leistungen des Waldes erarbeitet. Waldeigentümer und Forstreviere wurden aufgerufen, Vereinbarungen zu erwirken, damit diese Leistungen von Nutzniessern abgegolten werden. So gibt es heute in einigen Forstrevieren in der Nordwestschweiz Regelungen für Entschädigung von Ökosystemleistungen. Im Baselbieter Forstrevier Angenstein, das sechs Gemeinden mit 1400 ha Wald umfasst, wurde ein «Waldleistungskatalog» erarbeitet, welcher die Aufgaben des Waldes und deren Aufwendungen aufzeigt, wie Betriebsleiter Christian Becker erläuterte. Der Katalog umfasst Leistungen wie Strassen- und Wegeunterhalt, Erholungsinfrastruktur, Gewässer, naturnaher Waldbau, Naturschutz oder Öffentlichkeitsarbeit.

Ohne Kunden kein Ertrag

Die Leistungen werden Kunden zugeordnet und die Aufwände beziehungsweise die Abgeltung konkret definiert. «Der Staat und die Öffentlichkeit verlangen viele Dienstleistungen, die noch nicht entschädigt werden.» Investiert wird nur, wo es einen Kunden gibt. Dienstleistungen, die nicht bestellt würden, sollten Waldeigentümer gar nicht mehr anbieten, findet Becker.

Auch im Baselbieter Forstrevier Schauenburg mit Muttenz, Pratteln und Frenkendorf gibt es Vereinbarungen mit den Gemeinden und pauschale Abgeltungen für Leistungen für die Öffentlichkeit, wie Betriebsleiter Markus Eichenberger erklärt. Im Jahresbericht wird beim Gesamtaufwand für Strassenunterhalt, Jungwaldpflege, Schlagräumung, Holzernte, Erholungsraum und Öffentlichkeitsarbeit der Anteil gemeinwirtschaftliche Leistungen ausgeschieden. Dieser schwankt je nach Tätigkeit von 25 (Jungwaldpflege) bis 100 Prozent (Öffentlichkeitsarbeit). Wegen den erhöhten Anforderungen an die Sicherheit im Wald, für den Waldbau im Klimawandel, für Erholungsfunktionen, Naturschutz oder Waldpädagogik würden die Pauschalbeiträge aber künftig nicht mehr reichen und seien bei Bedarf anzupassen.

Neue Entschädigungen im Kanton Luzern

Mit dem Luzerner Projekt «Entschädigung von Nicht-Holz-Waldleistungen» sollen die Bemühungen von Wald Schweiz zu diesem Thema konkret umgesetzt werden. Dieses stützt sich auf den Luzerner Planungsbericht Klima- und Energiepolitik 2021, worin auch das Sicherstellen der Wirtschaftlichkeit einer umfassenden Waldpflege postuliert ist. Im Rahmen des Projektberichtes werden ein Leitfaden für die Waldorganisationen und Merkblätter für die verschiedenen Akteure erarbeitet.

Bearbeitet wurden vorerst die Handlungsfelder Sicherheitsholzerei und Information Holzschläge. Entlang von Infrastrukturen wie Strassen oder auch Wegen und Feuerstellen im Erholungswald sind vermehrt Sicherheitsholzschläge nötig. Solche sollen dank Vereinbarungen zwischen den Waldeigentümern sowie den Werkeigentümern wie Kanton, Gemeinden oder Strassen­genossenschaften forciert und mit Beiträgen unterstützt werden. Und in Erholungswäldern ist der Informations­bedarf bei Holzerarbeiten hoch und mit mehr Aufwand für die Forstbetriebe verbunden, etwa wegen Sperrungen, aufklärenden Gesprächen oder Instandsetzung von Wander-wegen. Auch dafür können seit diesem Jahr im Kanton Luzern pauschale Beiträge geleistet werden.

Noch offen ist ein weiteres Handlungsfeld «Entschädigung von Grundwasserschutzzonen im Wald». Dazu wollen aber Wald Schweiz und das Bafu demnächst Empfehlungen herausgeben.