Bernard Nicod, Präsident der Schweizer Rindviehproduzenten (SRP), ist besorgt über die möglichen Auswirkungen der Massentierhaltungs-Initiative (MTI) auf die Rindviehproduktion. Diese bliebe nach Ansicht des Landwirts aus Granges-près-Marnand VD nicht verschont.
Rindermäster und Milchproduzenten wären von der MTI weit weniger betroffen als Schweine- und Geflügelproduzenten. Was motiviert Sie, die Kampagne zu führen?
Bernard Nicod: Ich bin voll und ganz dabei. Die MTI wurde u. a. von Antispeziesisten lanciert. Sie versuchen letztlich nicht, die Viehzucht zu verbessern, sondern sie abzuschaffen. Das ist das eigentliche Ziel und nicht in erster Linie die Umwelt oder das Tierwohl.
Im Initiativ-Text ist aber nicht die Rede davon, die Tierproduktion abzuschaffen.
Die Initianten sagen es nicht, aber das ist für sie nur ein Anfang, ein Schritt, der den Konsumenten die Wahlfreiheit nehmen würde. Sie erwähnen auch nicht, dass ihre Massnahmen zu einem starken Kostenanstieg führen würden. Die MTI könnte der Produktion den Todesstoss versetzen, da sie eindeutig auf Schrumpfung ausgerichtet ist. Im Falle einer Annahme würde die Umsetzung durch das Parlament auch die Rinderzucht betreffen, mit sehr wahrscheinlich neuen Auflagen. Deshalb ist es wichtig, dass wir uns mobilisieren, auch als Rinderzüchter!
Sie befürchten also eine allmähliche Abkehr von der Tierproduktion?
Nur eine rentable Produktion kann nachhaltig sein. Mit der MTI würde der Druck so gross, dass viele Produzenten aufgeben würden, wenn sie sich finanziell nicht mehr zurechtfinden. Es würde ein Verlust an Know-how eintreten und ich befürchte, dass die Tierproduktion langfristig zusammenbrechen würde. Dem Klima würde das wenig bringen. Denn seit 1980 sind die GVE um 20 % zurückgegangen und man will der Landwirtschaft die Schuld an der Klimaverschlechterung geben? Das ist grotesk!
Die Schweiz wird dann auf Importe angewiesen sein?
Werden die Schweizer bei Annahme der MTI viel weniger Fleisch konsumieren? Ich habe grosse Zweifel. Die Importe würden angekurbelt und der Einkaufstourismus aus Preisgründen würde enorme Ausmasse annehmen, ohne dass man ihn kontrollieren könnte. Ausserdem ist es völlig utopisch, zu glauben, dass man den Rückgang der Produktion in der Schweiz durch Importe ausgleichen könnte, die die Kriterien der Initiative strikt einhalten würden.
Die MTI-Befürworter der Initiative weisen auf die Umweltkosten der Fleischproduktion hin. Welche Argumente haben Sie gegen diese Zahlen?
Es wird oft über Wasserverschwendung gesprochen, aber es wird vergessen, dass es sich um einen Kreislauf handelt. Ein Grossteil des Wassers, das Kühe verbrauchen, stammt vom Grasland und damit vom Regen. Dasselbe Argument kann man auch für Futtermittel anführen. Die 84 % des Futters für Rindvieh werden in der Schweiz produziert, 13 % werden aus Europa importiert, während der Wald in der Schweiz und in Europa wächst. Nur 3 % kommen von weiter her und stammen aus nachhaltigen Quellen über das Schweizer Soja-Netzwerk. Man kann nicht sagen, dass die Schweizer Landwirtschaft an der weltweiten Entwaldung beteiligt ist.
Es gibt also nicht viel zu verbessern?
Es gibt immer etwas zu verbessern und wir möchten dies auch tun. Die MTI abzulehnen bedeutet nicht, dass wir die Umweltprobleme leugnen oder uns nicht weiter für das Tierwohl einsetzen wollen. Es gilt jedoch anzuerkennen, was bisher erreicht wurde: 85 % der Rinder-GVE nehmen am RAUS-Programm und 58 % am BTS-Programm teil. Die Haltungsbedingungen sind im internationalen Vergleich vorbildlich. Das Agrar- und Lebensmittelsystem hat sich seit Jahrzehnten weiterentwickelt. Es ist gut eingespielt und hat auf diese Weise ein gewisses Gleichgewicht erreicht, indem es Fehlentwicklungen vermeidet und Verstösse schwer bestraft. Ihm einen drastischen Umbruch aufzuzwingen, kann dramatische Folgen für die Lebensmittelversorgung haben. Müssen wir dann zur Landwirtschaft unserer Grosseltern zurückkehren? Wir dürfen nicht vergessen, dass auch sie Hunger litten. Unsere Gesellschaft und unsere Landwirtschaft brauchen eine gewisse Dynamik und keine Rückwärtsgewandtheit.