Als in der Schaffhauser Regierung 2011 eine Vakanz entstand, wurde Ernst Landolt für eine Kandidatur angefragt und vom Schaffhauser Stimmvolk auf Anhieb gewählt. Auf Ende Jahr und  ordentliches Ende der Legislatur tritt der 68-jährige SVP-Politiker zurück.

Herr Landolt, wie erleben Sie Ihre letzten Arbeitstage?

Ernst Landolt: Um ehrlich zu sein hatte ich noch gar keine Zeit für Emotionen, ich bin regelrecht im Endspurt. Wir alle sind im Moment stark gefordert wegen der Corona-Krise. Natürlich ist mir bewusst, jetzt ist das Jahr bald zu Ende und meine  Zeit als Regierungsrat vorbei. Ich denke, ich komme erst wirklich zur Ruhe, wenn ich mein Departement abgegeben habe. Dann wird sich zeigen, was der Rücktritt als Regierungsrat mit mir macht.

Wie sind Sie vom Glarnerland nach Schaffhausen und von der Landwirtschaft zur Politik gekommen?

Nach Schaffhausen bin ich über verschiedene Stationen gekommen, aber hauptsächlich durch die Liebe. Meine Frau kommt aus Rüdlingen, dort konnten wir 1985 einen Betrieb kaufen. Im Jahr 2000 gaben wir die Milchwirtschaft und damit die Tierhaltung auf, seit da ist es ein reiner Ackerbaubetrieb mit 24 ha Land. Die Aufgabe der Tierhaltung hatte auch damit zu tun, dass ich nebst meiner Arbeit als Landwirt immer mehr Jobs und Ämter gefasst habe, darunter als Rüdlinger Gemeinderat und später als Sekretär des Schaffhauser Bauerverbands.

2010 wurde ich für die Nachfolge des vakanten Sitzes in der Schaffhauser Regierung angefragt. Das war ein Zeitpunkt, wo ich mir sagte: ‹Wenn du nochmals etwas Neues machen willst, musst du es jetzt tun.› Ich wurde von der SVP nominiert und vom Schaffhauser Stimmvolk gewählt. So bin ich in die Kantonspolitik gekommen.

Den Landwirtschaftsbetrieb haben Sie aber behalten.

Nach meiner Wahl zum Regierungsrat habe ich den Betrieb meiner Frau übertragen. Im Kanton Schaffhausen ist es nicht erlaubt, nebst dem Regierungsratsmandat ein privates Geschäft zu führen. Wir liessen den Landwirtschaftsbetrieb weiterlaufen mit temporärer Unterstützung eines Mitarbeiters. Das hatte zwei Gründe: Erstens wusste ich nicht, ob mir die Arbeit in der Regierung zusagt. Ich hätte also jederzeit wieder zurück auf den Betrieb gekonnt. Zweitens waren unsere drei Kinder damals noch jünger und es war offen, ob eines den Betrieb später übernehmen würde.

Sie sind Landwirt, Agraringenieur und hatten verschiedene Mandate im landwirtschaftlichen Bereich. Wie wichtig ist Ihnen die Verbundenheit mit der Scholle?

Sehr wichtig. Ich fühle mich immer noch stark verbunden mit der Landwirtschaft und sitze auch immer noch gerne auf dem Traktor, wenn es mir die Zeit erlaubt. Ich habe das Leben auf unserem Bauernhof immer als guten Ausgleich zu meiner Arbeit als  Volkswirtschafts- und Justizdirektor empfunden.

Die Verbundenheit zum Boden ist so gross, weil ich diesen als etwas vom Wichtigsten finde, um überhaupt leben zu können. Die Landwirtschaft ist fundamental. Wenn wir die Produktion nicht gewährleisten können, dann ist die Ernährung der Menschen nicht garantiert, wir könnten gar nicht leben. Darum bedauere ich es, wie gewisse Leute, die weit weg von der Thematik sind, sehr despektierlich über die Landwirtschaft reden. Sie sind sich zu wenig oder gar nicht bewusst, dass ohne die Landwirtschaft nichts ginge.

Sie führten zehn Jahre das Volkswirtschaftsdepartement. War dies Ihr Wunschdepartement?

Absolut. Nachdem ich für die Kandidatur angefragt wurde, erkundigte ich mich bei den damaligen Regierungsräten, ob sie ihr Departement behalten wollten. Niemand war an einem Departementswechsel interessiert. So konnte ich mir ziemlich sicher sein, dass ich das Volkswirtschaftsdepartement bekomme, wenn ich gewählt werde.

Wie hat sich die Landwirtschaft, insbesondere die Schaffhauser Landwirtschaft, in dieser Zeit verändert?

Die Landwirtschaft hat sich verändert, sie ist in einem stetigen Wandel.  Meines Erachtens hat sie sich im Kanton Schaffhausen positiv entwickelt. In unserem Kanton hat ein starker Strukturwandel stattgefunden: die Betriebe sind weniger, dafür grösser geworden, flächenmässig und was die Tierzahlen anbelangt. Die Betriebe haben sich professionalisiert, sind rationeller, aber auch ökologischer geworden. Viele Betriebe, die mit der Tierhaltung aufhörten, haben extensiviert. Das hat auch damit zu tun, dass im Ackerbaukanton Schaffhausen viele Betriebe im Nebenerwerb geführt werden.

Wie stehen Sie der Agrarpolitik 2022+ (AP 22+) gegenüber?

So wie die AP 22+ jetzt aufgegleist ist, bin ich nicht 100 Prozent glücklich. Sollte sie so umgesetzt werden, würde der Selbstversorgungsgrad in der Schweiz sinken.   Das ist keine gute Tendenz. Wir sollten alles daran setzen, dass wir einen möglichst hohen Selbstversorgungsgrad in der Schweiz haben. Die Zukunft liegt in der regionalen Versorgung, davon bin ich überzeugt.

Was ich hingegen sehr begrüsse, ist die Tendenz in Richtung mehr Ökologisierung. Wir müssen langfristig nachhaltig produzieren, nicht nur in der Schweiz, sondern weltweit. Auf lange Sicht können wir uns den Raubbau nicht leisten. Die Schweiz hat diesbezüglich ein gutes System mit den Fruchtfolgen und dem ökologischen Leistungsnachweis. Hier sollten wir mit gutem Beispiel vorangehen und punkto nachhaltiger Landwirtschaft vorwärts machen. Da bin ich einverstanden mit der Stossrichtung der AP 22+.

2020 hätte der Kanton Schaffhausen Gastkanton an der Olma sein sollen. Das wäre für Sie ein schöner Abschluss Ihrer Politkarriere gewesen. Wie sehr schmerzte Sie die Absage?

Natürlich bedauere ich es ausserordentlich, dass wir den Gastauftritt verschieben mussten, aber hier geht es nicht um mich. Wir waren gut vorbereitet, hatten ein attraktives Programm, eine gute Equipe und hoch motivierte Leute. Aber mit der Situation, wie wir sie aktuell haben, wäre es nicht möglich gewesen, einen attraktiven Gastauftritt zu realisieren. Ich bin froh, dass die Olma 2020 unter Corona-Bedingungen nicht durchgeführt wurde und hoffe für den Kanton Schaffhausen, die Genossenschaft Olma Messen und die Leute, die gerne an die Olma gehen, dass die Olma 2021 stattfindet. Ich freue mich bereits jetzt darauf.

Was bleibt Ihnen aus Ihrer Politkarriere in besonders guter Erinnerung? Gibt es einen speziellen Höhepunkt?

Die zehn Jahre im Regierungsrat waren zehn gute Jahre. Es gab viele Höhepunkte und viele spannende Begegnungen. Das Volkswirtschaftsdepartement war mein Wunschdepartement. Etwas unterschätzt habe ich, dass zu diesem Departement auch die Justiz gehört. Ein ganz spezieller Höhepunkt war daher die Volksabstimmung über den Bau eines neuen Schaffhauser Justizzentrums, ein 100-Millionen-Projekt. Ein so grosses und teures Projekt ist historisch und einzigartig im Kanton Schaffhausen. Der ganze Prozess durchs Parlament und die Volksabstimmung waren hoch spannend und die Annahme für mich ein grosser politischer Erfolg.

Ein zweites Projekt, das ich als Höhepunkt erlebte, ist die gesetzliche Verankerung des Kantons Schaffhausen als Naturparkregion. In unseren Naturpark setze ich grosse Hoffnungen und glaube daran, dass dieser der Schaffhauser Landwirtschaft, aber auch der Wirtschaft und dem Tourismus insbesondere im ländlichen Raum mehr Wertschöpfung bringt.

Haben Sie sich Vorsätze genommen für Ihre Zeit nach dem Rückzug aus der Politik?

Ich hatte noch gar nicht die Zeit, mir Vorsätze zu nehmen. Was meine Frau und ich 2021 sicher anpacken müssen, ist die Hofnachfolge. Meine Frau ist jetzt auch im Pensionsalter und von unseren Kindern hat niemand Interesse an der Landwirtschaft. Wir müssen jetzt schauen, wie wir das regeln.

Es gibt schon zwei, drei Dinge, die ich künftig mehr machen will. Zum Beispiel mehr Bewegung und wieder öfters z Berg gehen, ich bin ja in den Bergen aufgewachsen. Und dann freue ich mich darauf, es etwas geruhsamer anzugehen und Interessen zu pflegen, die in den letzten zehn Jahren zu kurz gekommen sind. Zum Beispiel wieder mal ganz entspannt und mit freiem Kopf ins Theater zu gehen.

 

Zur Person

Ernst Landolt (68) war seit 2011 Schaffhauser Regierungsrat (SVP) und Vorsteher des Departements für Volkswirtschaft und Justiz. Landolt ist gelernter Landwirt und hat Agrarwirtschaft studiert. Vor seiner Regierungsratszeit hatte er neben dem Landwirtschaftsbetrieb verschiedene Mandate, darunter die Geschäftsführung des Schaffhauser Bauernverbands (1994 bis 2010). Landolt ist verheiratet und Vater von drei erwachsenen Kindern.