Frühlings-Session im Bundeshaus Nationalrat nimmt Motion zum Umbau landwirtschaftlicher Bauten an Tuesday, 27. February 2024 Stillgelegte Bauernhäuser waren diese Woche wieder einmal Gegenstand politischer Diskussionen. Darf man sie umnutzen? Lässt man sie «verganden»? Nachdem der Bundesrat im vergangenen September die Motion «Mehr Freiraum beim Umbau landwirtschaftlicher Bauten» zur Annahme empfohlen hatte, entschloss sich nun auch der Nationalrat in der laufenden Frühjahres-Session mit 95 zu 93 Stimmen sehr knapp für die Vorlage aus dem Lager der SVP, welche nun an den Ständerat weitergeht. Die Motion soll es ermöglichen, vollständig erschlossene, stillgelegte Bauernhöfe zu Wohnzwecken zu nutzen.

Ähnliche Diskussionen über die Umnutzung von Bauernhäusern in der Landwirtschaftszone wurden bereits im Rahmen der Revision des Raumplanungsgesetzes 2 geführt, aber diese bezogen sich nicht ausdrücklich auf stillgelegte Bauernhöfe. Aus diesem Grund seien die Anträge damals abgelehnt worden, erläutert der Bundesrat in seiner Antwort auf die Motion von SVP-Nationalrat Thomas Burgherr.

Der Umnutzung steht nichts mehr im Weg

Nun ist man einen Schritt weiter in Richtung Umgestaltung des ländlichen Raumes, die die Gemüter seit Jahrzehnten erhitzt. Wenn auch der Ständerat die Motion gutheissen würde, steht der Umnutzung stillgelegter Bauernhäuser nichts mehr im Weg. Das heisst konkret, dass das Potenzial von erschlossenen, aber nicht mehr betriebenen landwirtschaftlichen Bauten genutzt werden könnte, wie es der Motionär beschreibt. Damit würde weniger Kulturland verbaut und man käme so dem Anspruch des haushälterischen Umgangs mit dem Boden nach, so die Argumentation. Weiter könne die Umsetzung der Forderungen einen substanziellen Beitrag zu einer zukunftsorientierten Raumplanung leisten, so Burgherr.

«Zukunftsorientiert» ist die Vorlage allemal, denn im Prinzip verwandelt sie leer stehende Bauernhäuser in schmucke Wohnhäuser mit ländlichem Touch. Schöne weiss verputzte Wände, markante alte Holzbalken und ein rustikales Ofenbänkli in der modernen Stube. Obwohl es raumplanerisch sicher sinnvoll ist, bestehende Bauten umzunutzen, geht dabei auch ein Stück Kulturerbe verloren. Schon jetzt ist es vielerorts die Norm, dass Gebäudebesitzer in der Landwirtschafts- oder Weilerzone kreativ werden: Gesetzliche Grauzonen werden gefunden und genutzt. So sucht man hinter manchen Heubühnetoren vergebens nach Heu und stösst dafür auf einen Hauseingang.

Logisch, aber bedauerlich

Es ist eine logische, aber gewissermassen eine bedauerliche Folge des voranschreitenden Strukturwandels. Wie Nationalrat Thomas Burgherr richtig festgestellt hat, werden «wegen des Strukturwandels etliche landwirtschaftliche Gebäude nicht mehr genutzt». Wie es dazu gekommen ist, wurde ausgiebig analysiert. Ein Katalysator des Wandels sind die «Defizite der kleinstrukturierten Schweiz», wie es in einer Agroscope-Analyse beschrieben ist. Im internationalen Vergleich wurde dies als Ursache der Wettbewerbsnachteile angeführt und der Hebel dort entsprechend angesetzt. Die Betriebsfläche und die Betriebsstruktur seien die Haupttreiber dieser Veränderung. Somit werden wir weiter zusehen können, wie die Landwirtschaft schleichend zu einem Museum à la Ballenberg umgestaltet wird – überspitzt gesagt. Lebensmittel zu produzieren, ist out, modernes Wohnen im Bauern-Style in.

Etwas zynisch gesehen findet man denselben Zielkonflikt mittlerweile auch im Wald. Will man lieber für 150 Franken einen Kubikmeter holzen oder «Waldbaden» anbieten für Fr. 22.50 die Stunde? Bietet man einer Gruppe von zehn Personen «Entspannen im Wald» an, ist man bei einem Stundenlohn von 225 Franken – ohne Schweissperlen und ohne beim Traktor den Schlüssel drehen zu müssen.

Solange der Anreiz besteht, den Mistplatz durch eine nette Terrasse zu ersetzen, schreitet die Umgestaltung der bäuerlichen Infrastruktur voran. Die stillgelegten landwirtschaftlichen Bauten bieten sich an, Wohnungen daraus zu machen und die alten Bauernhäuser in dem Sinne für immer verschwinden zu lassen. Aber was wird in 100 Jahren aus den Ställen, die heute errichtet werden. Busdepots? Einkaufszentren? Lagerhallen? Wenn es so weitergeht, werden wir eine Antwort darauf haben.