Vor einer Woche machte der Verband Thurgauer Landwirtschaft (VTL) mit einer Bauern-Landsgemeinde den Auftakt in den Wahlkampf. Der Anlass fand in Amlikon-Biss­egg auf dem Gelände des Transportunternehmens Wellauer statt. Mehr als 100 Interessierte waren gekommen, um sich auf die kommenden Wochen einzustimmen. In zwei Monaten, am 22. Oktober, finden die eidgenössischen Wahlen statt. 

Die Wählerschaft mobilisieren

Gastreferent Markus Ritter drehte die Zeit zunächst um vier Jahre zurück: «Bei den Wahlen 2019 haben wir zahlreiche Sitze verloren, nun ist es Zeit, dass das Pendel wieder zurückschlägt.» Die Landwirtschaft müsse ein Gegengewicht gegen die Einflüsse der Linken, Grünen und der Umweltverbände bilden. Dazu brauche es eine enge Zusammenarbeit mit der Wirtschaft, so der Bauernpräsident. «Wichtig ist es nun, den gesamten länd­lichen Raum sowie die Agglomerationen zu mobilisieren.»

Der VTL hat nun im Rahmen der Landsgemeinde fünf bäuerliche Kandidat(innen) aus dem Kanton Thurgau eingeladen, um diese dem Publikum näher vorzustellen: Eveline Bachmann, Josef Gemperle, Sandra Stadler, Manuel Strupler sowie Simon Weilenmann. Während Strupler bereits Nationalrat ist und wieder kandidiert, amtieren die anderen vier derzeit als Kantonsräte und Kantonsrätinnen und aspirieren neu auf einen Sitz im Nationalrat. Mit Simon Weilenmann, Mitglied der Grünen, stellte der VTL auch einen Kandidaten vor, der nicht auf seiner Wahlempfehlungsliste steht (siehe Kasten).

Jede einzelne Stimme zählt

Maja Grunder, Präsidentin des VTL, entlockte den fünf Kandidatinnen und Kandidaten ihre Anliegen und Meinungen zu verschiedenen Themen:

  • Eveline Bachmann: «Es braucht mehr Vertrauen in die Landwirte, dafür weniger Kontrollen», sagte die SVP-Kantonsrätin. Sie begründet dies darin, dass sich die Landwirtschaft über Generationen ein immenses Wissen angeeignet hat. Zudem will Bachmann grundsätzlich mehr auf Selbstverantwortung setzen und wünscht sich eine produzierende Landwirtschaft mit mehr inländischen Produkten auf dem Teller. Zudem ist es ihr ein Anliegen, dass die Schweizer Armee gestärkt wird. 
  • Josef Gemperle: Für den Kantonsrat (Die Mitte) steht die Versorgungssicherheit zuoberst auf der Prioritätenliste. «Wir Landwirte sind Produzenten, wir stellen Nahrungsmittel her.» An zweiter Stelle kommt die Energieversorgung: «Wir haben noch zu viele fossile Energien, Alternativen sollten mehr gefördert werden.» Auch gehe es darum, unabhängiger zu werden von ausländischen Energielieferanten. Die Bauern seien für die Energieproduktion ganz wichtig, betonte er. 
  • Sandra Stadler: Die Kantonsrätin (Die Mitte) will sich für eine Landwirtschaft einsetzen, die fortschrittlich handelt, aber bewährte Strukturen aufrecht­erhält. Sie erachtet das duale Bildungssystem als wichtig und hält die Familie für die Grund­lage der Gesellschaft. Der Markt funktioniere hauptsächlich über das Konsumverhalten, die Politik solle nur subsidiär eingreifen, also wo es nicht funktioniert. Was erneuerbare Energien betrifft, sieht sie beispielsweise ein Potenzial in der Photovoltaik.
  • Manuel Strupler: «Ich engagiere mich für eine stabile, sichere und freie Schweiz», sagte der SVP-Nationalrat. Dabei ist ihm auch eine Zukunft für Kinder und Enkel wichtig. Aber es gelte, auch in die Vergangenheit zurückzuschauen. «Was unsere Grosseltern erarbeitet haben, hat uns erfolgreich gemacht.» Ein grosses Anliegen ist Strupler die Selbstverantwortung, beispielsweise auch, was das Gesundheitssystem betrifft. Dass die Prämien ständig steigen, liege auch an der Vollkasko-Mentalität der Versicherten.
  • Simon Weilenmann: Auch dem Kantonsrat der Grünen ist es ein Anliegen, sich für die kommenden Generationen einzusetzen. Angesichts der vielen Krisen derzeit, beispielsweise des Kriegs in Europa und der Ernährungs- und Biodiversitätskrise, stünden politisch viele Herausforderungen an. «Wichtig sind mir regionale Ressourcen, um Energie und Lebensmittel zu produzieren», meinte Weilenmann. Dies sei auch eine Chance, vom Ausland unabhängiger zu werden. Er bezweifelte, dass eine Allianz mit den Wirtschaftsverbänden der Landwirtschaft wirklich helfe. «Ein freier Markt treibt die Bauern in die Ecke und drückt auf die Preise.»

Auch wenn bei den Kan­di­dat(innen) nicht in allen Punkten Einigkeit herrschte: «Es ist wichtig, geschlossen als Bäuerinnen und Bauern an die Urne zu gehen», sagte Präsidentin Maja Grunder an das Publikum gerichtet. «Es zählt jede Stimme.» 

Empfehlung des VTL
Der VTL empfiehlt folgende Kandidaten und Kandidatinnen für die eidgenössischen Wahlen:
-Eveline Bachmann (SVP, neu)
-Josef Gemperle (Die Mitte, neu)
-Sandra Stadler (Die Mitte, neu)
-Manuel Strupler (SVP, bisher)
-Brigitte Häberli-Koller (Die Mitte, bisher)
-Jakob Stark (SVP, bisher)