Als Gewerbe gilt laut eidgenössischer Definition «eine Gesamtheit von landwirtschaftlichen Grundstücken, Bauten und Anlagen, die als Grundlage der landwirtschaftlichen Produktion dient und zu deren Bewirtschaftung, wenn sie landesüblich ist, mindestens eine Standardarbeitskraft (1,0 SAK) notwendig ist» (BGBB Art. 7). Das Bodenrecht befugt die Kantone dazu, die Gewerbegrenzen bis auf 0,6 SAK zu senken, um damit den unterschiedlichen regionalen Gegebenheiten Rechnung zu tragen.
In der Bergzone reichen 0,6 SAK
Der Kanton Luzern hat von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht und per 1. Januar 2019 die kantonalen Gewerbegrenzen folgendermassen angepasst:
- Talzone 1,0 SAK
- Hügelzone 0,8 SAK
- Bergzone 0,6 SAK
Von den rund 1500 Bergbetrieben im Kanton Luzern konnten somit knapp 10 Prozent neu den Gewerbestatus erreichen. Die Deklaration Gewerbe kann für den Bewirtschafter oder die Bewirtschafterin eines Landwirtschaftsbetriebes diverse Vorteile mit sich bringen. Besonders ins Gewicht fallen dabei die Bewilligungsfähigkeit für bauliche Massnahmen im Bereich Wohnen und Nebenbetrieb ausserhalb der Bauzone, steuerliche Vorteile und höhere Unterstützungsbeiträge von Kanton und Bund für Erschliessungen. Ausserdem ist bei einer Hofübergabe innerhalb der Familie, wenn diese zur Selbstbewirtschaftung erfolgt, der Ertragswert für den Verkauf als Übergabepreis vorgesehen.
Bei einem landwirtschaftlichen Grundstück dagegen ist der gesetzlich festgelegte Preis der Verkehrswert, auch wenn das Grundstück innerhalb der Familie und zur Selbstbewirtschaftung übernommen wird. Bei einer Abweichung des gesetzlich vorgegebenen Preises können später unter Umständen bei der Erbteilung Probleme auftauchen.
Betriebe mit Nebenerwerbscharakter
Rund vier Jahre nach der gesetzlichen Anpassung auf die ortsüblichen Verhältnisse lassen sich neben den offensichtlichen positiven Folgen weitere Beobachtungen festhalten.
Da die Gewerbegrenze nur anhand der SAK-Werte definiert wird und das landwirtschaftliche Einkommen dafür irrelevant ist, kann die Idee, dass ein landwirtschaftliches Gewerbe einem Vollerwerbsbetrieb entspricht, definitiv nicht mehr verfolgt werden. Insbesondere in der Berg- und Hügelzone gelten diverse Betriebe als landwirtschaftliche Gewerbe, welche einen deutlichen Nebenerwerbscharakter haben.
Damit wird der natürliche Strukturwandel in der Landwirtschaft – das Grösserwerden der Landwirtschaftsbetriebe, der in der ganzen Schweiz stattfindet – künstlich gehemmt. Viele Vollerwerbsbetriebe können oder konnten davon profitieren, dass umliegende kleinere Betriebe aufgegeben und somit die landwirtschaftlichen Flächen als Zupachtland verfügbar wurden. Bei der Aufgabe eines landwirtschaftlichen Gewerbes muss jedoch, um die einzelnen Grundstücke parzellenweise zu verpachten, in jedem Fall eine Bewilligung durch die kantonale Vollzugsbehörde (Lawa) eingeholt werden. Das heisst, dass die Strukturverbesserung von bestehenden Betrieben mit administrativem Aufwand gekoppelt ist.
Das ist der Vorteil
Durch die tieferen Gewerbegrenzen kann jedoch die dezentrale Besiedelung in den teils abgelegenen Berggebieten gefördert werden. Eine solche Förderung ist im Sinne der Gesamtbevölkerung, da sie in der Bundesverfassung als eine Hauptaufgabe der multifunktionalen Landwirtschaft festgelegt ist.