Es war die letzte Delegiertenversammlung des Zentralschweizer Bauernbundes (ZBB). Die Organisation bleibt zwar bestehen, denn es brauche eine starke regionale Stimme, aber die Strukturen werden gestrafft. Statt der geselligen DV mit 90 Mitgliedern gibt es künftig eine Vereinsversammlung mit noch 20 Personen, bestehend aus dem Vorstand, den Geschäftsführern der kantonalen Bauernverbände sowie den Ehrenmitgliedern.

Mehr Koordination

Die Hauptaufgaben des Verbandes bleiben, im Vordergrund stehen die Interessenvertretung und Koordination der Zusammenarbeit. Die Informationsvermittlung sei aber Sache der Mitgliederorganisationen. Die Statutenrevision wurde überraschend klar ohne Gegenstimme genehmigt.

Die Versammlung unter der Leitung von Jakob Lütolf fand vergangene Woche in Alpnach statt. Lütolf wies einleitend darauf hin, dass nach Corona mit dem Ukraine-Krieg eine viel schlimmere Situation dazukam. Der Ausfall der Kornkammer Europas werde globale Konsequenzen haben, mit Hungersnöten. «Wir Schweizer können es uns leisten, den anderen das Essen wegzukaufen.» Es sei fragwürdig, bei uns das Produktionspotenzial zu reduzieren, für eine heile Ökowelt mit idealistischen Vorstellungen. Er wehrte sich gegen eine Ausdehnung der Ökoflächen.

Auch bezüglich anstehender Massentierhaltungs-Initiative habe man vor lauter Wohlstand den Bezug zur Realität und zu den wirklichen Problemen verloren. Im Abstimmungskampf brauche es den Einsatz aller Bauern. Die Argumente gegen die Initiative listete Beat Röösli vom Schweizer Bauernverband: «Meine ausländischen Kollegen lachen, wenn ich ihnen von unseren Stallgrössen erzähle. In solch kleine Einheiten wird dort gar nicht mehr investiert.» Es gebe hier gar keine Massentierhaltung, das geforderte Angebot bestehe bereits, sei teils sogar grösser als die Nachfrage. Die Vorgabe des Bio-Standards verunmögliche die Wahlfreiheit, es sei mit steigenden Preisen und steigenden Importen zu rechnen, und die Produktion von regionalen Lebensmitteln werde sinken.

«Wir Schweizer können es uns leisten, anderen das Essen wegzukaufen.»

Kobi Lütolf zu den Folgen des Ukraine-Kriegs auf die globale Ernährungssituation.

Mehr Effizienz erwünscht

Kritisch wertete Jakob Lütolf einige agrarpolitische Themen. Der Absenkpfad bei den Nährstoffen sei gut gemeint, aber überladen, und die rohproteinreduzierte Fütterung fragwürdig. Ressourceneffizienz dürfe nicht zu extensiverer Produktion führen, sondern dass mit den Ressourcen schonend und effizient umgegangen werde. Und beim Vollzug des Schleppschlauch-Obligatoriums befürchtet er grossen bürokratischen Aufwand.

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Engagement gegen den Wolf

Aus dem Vorstand demissionierte Wendelin Loretz, Präsident Bauernverband Uri. Er wird ersetzt durch den designierten Co-Präsidenten Sergio Poletti aus Erstfeld. Geehrt wurden langjährige Vorstandsmitglieder, allen voran auch der langjährige Präsident Josef Murer, der 24 Jahre für den ZBB tätig war und zum Ehrenmitglied ernannt wurde.

Ruedi Fässler, Co-Präsident des Vereins zum Schutz von Jagd- und Nutztieren vor Grossraubtieren in der Zentralschweiz, wies aufgrund der aktuellen Schafrisse durch Wölfe in der Region, so im Schwyzerbiet oder kürzlich in Bonstetten ZH, zu mehr Engagement auf. In jedem Kanton brauche es bäuerliche Fachleute, die bei den entsprechenden behördlichen Stellen intervenieren könnten, denn es gebe noch viel Unkenntnis, idealistische Vorstellungen und ein falsches Vorgehen. «Problematische Wölfe sollten schneller abgeschossen werden, statt zuzuwarten, ob der Wolf wohl sein aggressives Verhalten mit der Zeit wieder ändert.»

Die ganze Wertschöpfungskette muss einbezogen werden

Die Erwartungen der Gesellschaft und der Landwirtschaft seien nicht immer identisch. Das mache die Agrarpolitik anspruchsvoll, und das sei wie ein Gesellschaftsvertrag, der regelmässig diskutiert werden müsse, meinte Christian Hofer vom Bundesamt für Landwirtschaft im Rück- und Ausblick zur Agrarpolitik.

Mehr Nähe zu Konsumenten
Die bisherigen Massnahmen zeigten Wirkung, für landwirtschaftliche Einkommen und gesellschaftliche Bedürfnisse wie Tierwohl und Ökologie. «Wir haben ein hohes Niveau, aber es gibt weitere Herausforderungen wie die Nährstoffbelastung.» Allerdings würden immer detailliertere Programme kaum zu weniger administrativem Aufwand führen.

Die Agrarpolitik habe Nähe zu den Konsumenten gebracht und geniesse deshalb eine höhere Akzeptanz als vor einigen Jahrzehnten. «Künftig wird der ökologische Fussabdruck zu reduzieren sein.» Anspruchsvoll bleibe die Reduktion der Pflanzenschutzmittel. «Da bin ich froh um praktische Inputs der Branche.» Innovationen und moderne Technologien könnten viel beitragen. Die Agrarpolitik müsse vermehrt die ganze Wertschöpfungskette einbeziehen. «Die Vision heisst Ernährungssicherheit durch Nachhaltigkeit von der Produktion bis zum Konsum», sagte Hofer. Der aktuelle Ukraine-Krieg zeige, dass die Ernährungssicherheit künftig ganzheitlicher beachtet werden müsse. Derzeit sei die Versorgung in der Schweiz mit Produktions- und Lebensmitteln gesichert, auch dank Freigaben von Pflichtlagern wie beim Dünger. Bei Bedarf könnten Importrestriktionen gelockert werden. International sei aber mit grossen Auswirkungen auf die Lebensmittelversorgung zu rechnen.

Robuste Systeme
Das wurde in der Diskussion aufgenommen, und mehrere Votanten kritisierten es als unmoralisch, dass in der Schweiz die Ökoflächen, etwa im Ackerbau, noch ausgedehnt werden sollen.
BLW-Direktor Hofer plädierte dafür, Ökologie und Produktion nicht gegeneinander auszuspielen, es brauche robuste nachhaltige Systeme. Fakt sei, dass derzeit die Hofdünger wieder einen höheren Stellenwert bekämen. Anderseits gebe es mit Blick auf die zu erwartende globale Ernährungskrise schon kritische Fragen zu den hohen Futtermittelimporten. Und dass auf Flächen Tierfutter produziert werde, welche sich für die direkte menschliche Ernährung eignen würden.