«Wenn die Qualität nicht stimmt, nützt auch viel Biodiversitätsförderfläche nichts.» Dies erklärt Jürg Iseli, Berner Bauernverbandspräsident, am Mittwoch an der Medienkonferenz des Berner Nein-Komitees zur extremen Biodiversitäts-Initiative. Dabei steht er in einer qualitativ hochstehenden Biodiversitätsfläche von Gastgeber Ernst Marti in Kallnach. Die Fläche auf dem Damm des Hagneckkanals sei ideal für eine Blumenwiese, sie blühe im Frühling sehr prachtvoll, schwärmt Marti. Und: «Diese Fläche bringt biodiversitätsmässig sehr viel.» Auf seinem Betrieb stünden 21 % der Fläche der Biodiversität zur Verfügung. Gesetzlich gefordert sind bekanntlich 7 %.

Was bereits zugunsten der Biodiversität getan wird, reiche

Mehrere Redner(innen) äussern sich zu den negativen Auswirkungen der Initiative, sollte diese in rund einem Monat eine Mehrheit finden. Sie alle sind sich einig, dass, wie bei Gastgeber Marti, für die Biodiversität bereits viel getan werde, was wichtig und richtig sei. Die Initiative würde jedoch übers Ziel hinaus schiessen. Betroffen wären auch die Wald-, Bau- und Energiewirtschaft, der Tourismus sowie zahlreiche kleine und mittlere Unternehmen (KMU).

Blumenwiese auf schwarzen Böden funktioniert nicht

Ein Zwang zu mehr Fläche für die Biodiversität führe nicht zu mehr Artenreichtum, sondern nur zu einer Abnahme der hiesigen Versorgungssicherheit. Als Beispiel wird genannt, dass es etwa auf schwarzen Böden wie im grossen Moos kaum gelinge, Blumenwiesen anzusäen. Zu gross sei der Unkrautdruck. Vielmehr müsste jeder Landwirt, abgestimmt auf seinen Betrieb, etwas tun, das qualitativ gut sei.

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Versorgungssicherheit ist in Gefahr

Mehrfach ist die Ernährungssicherheit, die mittels Verfassungsauftrag im Gesetz verankert ist, ein Thema. Martin Uhlmann, Vorstand Schweizer Kartoffelproduzenten, gibt zu bedenken, dass die hiesige offene Ackerfläche bei Annahme der Initiative um rund 40 000 Hektaren reduziert würde, was etwa der Grösse des Genfersees entspreche. «Der Anbau von Kartoffeln, Gemüse, Getreide und Raps würde um rund 15 % zurückgehen», rechnet er vor. Bei den Kartoffeln ginge der Anbau des Grundnahrungsmittels für über 1,3 Mio Menschen verloren. Die Verfügbarkeit an Kartoffeln in den letzten Jahren aus dem Ausland sei nicht genügend vorhanden gewesen, trotz der Kaufkraft der Schweiz. «Eine noch grössere Abhängigkeit vom Ausland wäre unverantwortlich», so Uhlmann.

KMUs wären gleichermassen betroffen wie die Landwirtschaft

Katja Riem, Nationalrätin und Präsidentin der Gemüseproduzentenvereinigung der Kantone Bern und Freiburg, betont, dass der Initiativtext auch das Siedlungsgebiet betreffen würde. Im Text stünden keine konkreten Zahlen, doch die Initianten würden stets von 30 % Fläche sprechen, die künftig der Biodiversität zur Verfügung stehen müssten. Ursula Jakob, Präsidentin Berner KMU-Frauen, gibt zu bedenken, dass die Initiative KMUs in ihrer Entwicklung behindern würden. Sie wären demnach bei Aus- und Umbauplänen von Verzögerungen und langwierigen Abklärungen betroffen, Flexibilität würde verunmöglicht.

Gefahr für den Schutzwald 

Für Andreas Gafner, Nationalrat und Vizepräsident Berner Waldbesitzer, ist klar, dass die Annahme der Initiative drastische negative Auswirkungen auf die Waldnutzung hätte. Auch die Bewirtschaftung von Schutzwäldern wären betroffen, gibt er zu bedenken. Jürg Iseli betont zudem, dass die Energiewende mittels Ausbau durch erneuerbare Energie bedroht wäre. Konkret wäre die Wasserkraft bedroht, da ganze Gebiete unter Schutz gestellt würden.

Gegener müssten jetzt aktiv werden

Am Rande der Medienkonferenz sagen Jürg Iseli und Ernst Marti, dass bislang sehr wenige Fahnen aufgehängt worden seien. Beide sind der Meinung, dass die Gegner jetzt unbedingt aktiv werden müssten, um für ein Nein zu werben. Die nationale Abstimmung findet am 22. September statt.