Regionale Produktion liegt im Trend. Doch ist diese auch umweltverträglich? Und welcher Rolle kommt dabei den Konsumenten und Konsumentinnen zu? Diese Fragen standen im Fokus eines öffentlichen Podiumsgesprächs, das vor Kurzem in Winterthur stattfand und gemeinsam von der SVP und der Grünen Partei organisiert worden war. Für die Grünen diskutierten Nationalrätin Meret Schneider und Kantonsratskandidat Ralph Hablützel, für die SVP Kantonsrätin Elisabeth Pflugshaupt und Kantonsrat Martin Hübscher.
Nutztierhalter stehen häufig am Pranger
Gerade was Umweltverträglichkeit anbelangt, muss die Landwirtschaft häufig öffentliche Kritik einstecken. Im Hinblick darauf fragte Moderatorin Karin Landolt die bäuerlichen Vertreter(innen) der Diskussionsrunde, ob sie sich selbst angegriffen fühlten. «Vor allem als Nutztierhalter steht man am Pranger. Oft werden dabei Tatsachen verdreht, das stört mich», antwortete Martin Hübscher, der einen Milchwirtschaftsbetrieb führt.
Die Bäuerin Elisabeth Pflugshaupt meinte, in den Köpfen finde die Landwirtschaft oft nur im Tal statt. Es fehle das Verständnis dafür, dass in höheren Lagen kaum etwas anderes als Viehhaltung möglich sei. Dem widersprach Biobauer Ralph Hablützel: «Nicht alle Landwirte fühlen sich angegriffen.» Für ökologische Anliegen beispielsweise werde von verschiedener Seite her, etwa von Umweltverbänden, viel Unterstützung geboten.
Der Pouletkonsum ist massiv angestiegen
Meret Schneider kam auf das Konsumentenverhalten zu sprechen. Zwar liege Veganismus voll im Trend, doch steige etwa der Pouletkonsum enorm an. Entsprechend werde auch mehr importiert. «Das erlauben unsere Ressourcen jedoch nicht», so Schneider. «Daher gilt es, die Konsument(innen) zu sensibilisieren.» Auch brauche es für entsprechende Importgüter einen verstärkten Grenzschutz sowie mehr Kostenwahrheit.
Schneider plädierte zudem für das «Nose-to-Tail»-Konzept, wonach möglichst das ganze Tier verwertet und konsumiert wird. Dem pflichtete Elisabeth Pflugshaupt bei: «Gerade bei Importfleisch handelt sich um die besten Stücke. Was mit dem Rest passiert und wie das Fleisch produziert wird, interessiert niemanden.» Ralph Hablützel störte sich daran, dass jährlich 1,4 Mio Tonnen Futtergetreide, das auch für die menschliche Ernährung genutzt werden könnte, importiert werden. «Dagegen wäre es mit dem inländischen Anbau von Tierfutter problemlos möglich, die Hälfte des heutigen Fleischkonsums zu produzieren», so Hablützel. Dazu komme, dass die importierten Nährstoffe wie Phosphat und Nitrat in das Ökosystem gelangen. Hier könne der Konsument einen grossen Einfluss nehmen, indem er weniger Fleisch essen würde.
«Das Grasland muss genutzt werden»
Martin Hübscher sprach sich dafür aus, sich bei der Fleischproduktion mehr auf Rind zu konzentrieren: «Grasland macht hierzulande einen grossen Anteil aus. Wir können es uns gar nicht leisten, das Protein daraus nicht zu nutzen.» Karin Landolt wollte es noch genauer wissen: «Wie gesund und umweltfreundlich ist die regionale Produktion?» Die Bioproduktion etwa könne sehr belastend sein, beantwortete Elisabeth Pflugshaupt die Frage. Sie denke dabei an die Anreicherung von Kupfer im Boden. Man müsse einen Weg suchen, wie man ökologisch produzieren könne. Falls möglich, indem man etwa vor dem Spritzen schaue, ob es überhaupt nötig ist.
«Dürfen nicht so abhängig sein vom Ausland»
Meret Schneider meinte, Regionalität sei grundsätzlich umweltfreundlich, zum Beispiel dank kurzer Transportwege. Ob regional auch gesund ist, hänge vom Verarbeitungsgrad ab. Ein Anliegen sei ihr die Förderung robuster, alter Sorten. Nicht nur beim Obst, sondern beispielsweise auch bei den Legehennen. «Dafür haben wir keine eigene Zucht, da sind wir abhängig vom Ausland», so die Nationalrätin. Martin Hübscher stellte zudem fest, dass einheimische Produkte häufig gesünder seien, da sie weniger Pestizidrückstände aufwiesen als Importe.
Die Moderatorin wollte mögliche Lösungswege etwas genauer ergründen. «Verbote sind nie eine Lösung», meinte Elisabeth Pflugshaupt. Wie bereits erörtert, brauche es bessere Informationen, mehr Grenzschutz und Kostenwahrheit. Meret Schneider stimmte ihr zu.
Auch die Konsument(innen) sind gefordert
Was Label-Produktion betrifft, gingen die Meinungen auseinander: Hablützel meinte, die Kunden könnten etwas bewirken, indem sie Bio oder andere Label-Produkte kaufen. Martin Hübscher fand, dass es primär an den Konsument(innen) sei, zu handeln, nicht an der Landwirtschaft. Zudem sei es nicht sinnvoll, Labels zu subventionieren wie beispielsweise bei der Biomilch: «Die Wertschöpfung geht dabei verloren, der Bauer hat nichts vom tieferen Preis.»
Meret Schneider fand, es gebe in dieser Diskussionsrunde durchaus gemeinsame Nenner. Sie stelle auch bei ihrer politischen Tätigkeit überparteilich eine gute Zusammenarbeit fest. «Wenn man das Problem ernsthaft formuliert, findet man ein Fundament für gemeinsame Lösungen», sagte Elisabeth Pflugshaupt.
Ernährung im Fokus
Das Podiumsgespräch «Regionale Produktion: Chance für eine gesunde und umweltverträgliche Ernährung» wurde gemeinsam von der SVP und der Grünen Partei Winterthur organisiert. Unter der Moderation von Karin Landolt diskutierten:
Meret Schneider (Grüne): Die Nationalrätin aus Uster ist Mitinitiantin der Massentierhaltungs-Initiative. Einer ihrer politischen Schwerpunkte betrifft die nachhaltige Ernährung.
Elisabeth Pflugshaupt (SVP): Die Kantonsrätin ist ausgebildete Pflegefachfrau und führt zusammen mit ihrer Familie einen Landwirtschaftsbetrieb in Bertschikon bei Gossau.
Ralph Hablützel (Grüne): Der Kantonsratskandidat ist Ingenieur HTL und Biobauer. Er bewirtschaftet zusammen mit seiner Frau einen Obst- und Weinbaubetrieb in Dättlikon und ist bei «Vision Landwirtschaft» tätig.
Martin Hübscher (SVP): Der Kantonsrat bewirtschaftet zusammen mit seiner Familie einen Milchwirtschaftsbetrieb in Bertschikon bei Wiesendangen.