Die Verschnaufpause nach dem klaren, doppelten Nein zu den Agrar-Initiativen vom 13. Juni war nur kurz. Es geht agrarpolitisch unvermittelt und in hohem Tempo weiter. Nicht weniger als fünf Vorlagen liegen auf dem Tisch und sind teilweise bereits in Bearbeitung, wie die folgende Tabelle zeigt.
Die fünf Vorlagen in der Pipeline
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Mässige Begeisterung
Derzeit läuft die noch bis zum 18. August die Vernehmlassung zum Massnahmenplan Sauberes Wasser des Bundesrats. Dieser hat damit die Parlamentarische Initiative 19.475 zur Reduktion von Nährstoff- und Pflanzenschutzmittel-Einsatz konkretisiert.
Das Paket hat in der Branche bisher nur mässig Begeisterung ausgelöst. Martin Rufer, Direktor des Schweizer Bauernverbands (SBV), erklärt im Interview, das Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) habe es sich mit seinem Vorgehen zu einfach gemacht, indem es ganz einfach sämtliche Umweltmassnahmen aus der Agrarpolitik 2022+ (AP 22+) übernommen habe.
Das sieht man beim BLW naturgemäss anders. «Es sind vom Bundesrat nur diejenigen Massnahmen ausgewählt worden, welche direkt oder indirekt zu den beiden Absenkpfaden beitragen können», sagt Bernard Belk, Vizedirektor im Landwirtschaftsministerium und Leiter Direktzahlungen.
Genug Fleisch am Knochen?
Auch die im Frühjahr sistierte AP 22+ hält die Branche auf Trab. Das gleichzeitig mit der Sistierung von den Räten beschlossene Postulat 20.3931 sorgt für erhöhte Aktivität hinter den Kulissen. Das BLW wird hier beraten von einer Begleitgruppe, deren Zusammensetzung für Diskussionen sorgte (s. Kasten). Die Hauptforderung des Postulats ist die «Erweiterung der Agrarpolitik in Richtung einer ganzheitlichen Politik für gesunde Ernährung und nachhaltige Lebensmittelproduktion».
Weitere Forderungen betreffen die Aufrechterhaltung des Selbstversorgungsgrads, die Schliessung der Nährstoff-Kreisläufe über die gesamte Wertschöpfungskette sowie die Reduktion des Komplexitätsgrads der AP und die Fokussierung auf besonders wirksame Instrumente. Damit sollen der administrative Aufwand für Landwirtschaft und der Verwaltung vermindert sowie die unternehmerische Freiheit erhöht werden. Die Antwort des Bundesrats wird 2022 erwartet.
Anschliessend werden die Räte darüber befinden, ob die Vorschläge des Bundesrats genug Fleisch am Knochen haben, um einen Wiedereintritt auf die AP zu beschliessen, diese müssten dann allerdings mit einer neuen Jahrzahl versehen werden, vermutlich 24+ oder gar 25+.
Wie weiter mit der MTI?
Viel Gesprächsstoff erzeugen auch die nächsten Initiativen, allen voran die Massentierhaltungs-Initiative (MTI). Diese kommt spätestens 2023 zur Abstimmung. Der Bundesrat lehnt sie ab, hat aber bereits einen direkten Gegenvorschlag präsentiert, der allerdings hüben wie drüben durchgefallen ist.
Zu viel Kritik führte die mangelnde Importkomponente des Gegenentwurfs. Beim SBV moniert man auch, dass mit dem angepeilten Obligatorium für RAUS und BTS der Investitionsbedarf auf den Betrieben zu hoch würde. Angesichts der breiten Ablehnung sind die Überlebenschancen dieses Vorschlags eher bescheiden. Bei der MTI folgt jetzt die Anhörung in der Nationalratskommission. Interessant wird sein, ob hier in der parlamentarischen Behandlung ein indirekter Gegenvorschlag auf den Plan kommt.
Nervosität etwas geringer
Noch weniger Staub aufgewirbelt hat die Doppel-Initiative für Biodiversität und Landschaft von Pro Natura und weiteren Umweltverbänden. Insgesamt scheint die landwirtschaftliche Nervosität gegenüber den Volksinitiativen seit dem letzten klaren Votum des Stimmvolkes etwas gesunken.
Disput um Begleitgruppe
Gleichzeitig mit der Sistierung der AP 22+ hat das Parlament den Bundesrat beauftragt, einen Bericht zur zukünftigen Ausrichtung der AP zu erarbeiten. Assistiert wird ihm dabei von einer externen Begleitgruppe. Deren Zusammensetzung sorgte bei der SVP, wie berichtet, für Kritik, weil aus ihrer Sicht zu wenige Praktiker an Bord sind. Diese teilte sie per Brief auch Bundespräsident Guy Parmelin mit. Der ist nun auf den Missmut seiner Parteikollegen eingegangen und ergänzt die Begleitgruppe laut einem Schreiben, das der BauernZeitung vorliegt, um eine praktizierende Junglandwirtin und einen praktizierenden Junglandwirten. Damit wolle man die Perspektive der Praxis noch besser in die Begleitgruppe einbringen, so Parmelin.
Die beiden neuen Sitze in der Begleitgruppe werden von der Milchproduzentin und Ackerbäuerin Leana Waber aus dem bernischen Kiesen und vom Bergbauer Ursin Gustin aus dem bündnerischen Donat übernommen, wie Daniel Hasler, Co-Präsident der Junglandwirtekommission des SBV erklärt. Bei der Auswahl habe man auf ein möglichst breites Spektrum der bewirtschafteten Betriebe geachtet, sagte Hasler auf Anfrage.