Die Bakterienkrankheit Feuerbrand verursachte vor Jahren grosse Schäden am Kernobst. Seit 2020 gelten diese Bakterien aber aufgrund der eidgenössischen Pflanzenschutzverordnung nicht mehr als Quarantäneorganismus, weil sie sich bereits zu stark verbreitet haben. Damit wurden auch alle bisherigen Schutzgebiete aufgehoben. Die Krankheit sei deswegen nicht weniger gefährlich, sondern könne nach wie vor zu grossen wirtschaftlichen Einbussen im Obstbau führen, heisst es im Luzerner Merkblatt zur Bekämpfung des Feuerbrands. Feuerbrand bleibe ein gefährlicher Schadorganismus, gehöre aber seit 2020 zur neu geschaffenen «Kategorie der geregelten Nicht-Quarantäneorganismen».

Gebiete ausgeschieden

Die Kantone können weiterhin Massnahmen beschliessen, die aber nicht über Bundesrecht hinausgehen dürfen. So verfolgen Luzern und weitere Kantone seither weiterhin eine Kontroll- und Bekämpfungsstrategie, allerdings nurmehr in gefährdeten Gebieten. Dazu wurden sogenannte Gebiete mit geringer Prävalenz ausgeschieden (Kasten). Die vom Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) genehmigten Luzerner Gebiete wurden im Kantonsblatt publiziert, Gemeinden und betroffene Bewirtschafter konnten gegen die Ausscheidung und Allgemeinverfügung Rekurs einlegen.

Gegen Allgemeinverfügung

Dieses Recht wurde genutzt, es gab fünf Einsprachen, so auch von einem Dutzend Hochstammbauern im Seetal. Diese befürchteten, dass der Kanton gleichwohl Rodungen von Bäumen und allenfalls Kürzungen der Direktzahlungen verfügen könnte. Zudem sei ein Rückschnitt bei Hochstammbäumen wegen Unfallgefahr nicht realistisch. Die Luzerner Dienststelle Landwirtschaft und Wald (Lawa) wie auch die Obstbaubranche teilten diese Bedenken nicht, und die Einsprache wurde vom zuständigen Departement im Dezember 2020 abgewiesen (die BauernZeitung berichtete im Januar 2021).

Weiterzug ans Gericht

Fünf Bauern gelangten deshalb ans Bundesverwaltungsgericht. Sie verlangten, dass sämtliche betroffenen Obstbauern in den Zonen mit geringer Prävalenz schriftlich zu befragen seien, ob sie damit einverstanden seien. Falls sich eine Mehrheit gegen solche Zonen entscheide, sei die Allgemeinverfügung rückgängig zu machen, und es seien freiwillige Massnahmen unter den Obstbauern anzustreben. Allenfalls seien die Flächen der Beschwerdeführer von dieser Zone auszunehmen.

Allgemeinverfügung aufheben

Das Bundesgericht entschied nun erst mit Urteil vom 25. April 2024 über den Fall, wegen personeller Wechsel beim Gericht kam es zu Verzögerungen. Im Entscheid heisst es, dass das Vorgehen der Vorinstanz betreffend der Festlegung der Gebiete mit geringer Prävalenz in krasser Weise die allgemeinen kantonalen Verfahrensvorschriften und auch jene des Bundes verletze. Zudem weise die Verfügung Mängel bezüglich Verständlichkeit auf. Die Allgemeinverfügung sei deshalb aufzuheben. Vielmehr müssten solche Gebiete wohl mit einer Individualverfügung festgelegt werden. Die Beschwerde der Bauern wurde somit gutgeheissen, Verfahrenskosten haben diese keine zu tragen, eine Entschädigung für ihren Aufwand erhalten sie allerdings auch nicht. Der Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts kann noch ans Bundesgericht weitergezogen werden.

Sanierung nun freiwillig

In einer ersten Stellungnahme bestätigt Thomas Meyer vom Lawa, dass die Allgemeinverfügung aufgrund des Urteils als aufgehoben gilt. Man spreche sich nun mit dem Rechtsdienst des Departementes, der Branche und auch mit dem BLW ab, wie dieses die Situation beurteile. Seit der Einführung der Verfügung 2020 hätten übrigens noch keine Sanierungsmassnahmen erlassen werden müssen. «Ohne Verfügung beruht die Sanierung ab jetzt auf Freiwilligkeit.»

Gebiete mit geringer Prävalenz

Diese umfassen einen Radius von rund 500 Metern um zu schützende Obstanlagen, wobei mehrere Anlagen zu ganzen Gebieten zusammengefasst worden sind. So sind seit Mitte 2020 grosse Teile des Luzerner Seetals, aber auch um den Sempachersee, im Rontal oder im nördlichen Kantonsteil als Gebiete mit geringer Prävalenz ausgeschieden. Die Massnahmen sind im Merkblatt von 2021 geregelt. Damit sind die Bewirtschafter von Wirtspflanzen – dazu gehören beispielsweise auch Hochstamm-Mostbirnbäume – verpflichtet, ihre Objekte zu kontrollieren. Bei Verdacht auf Feuerbrandbefall muss dies dem BBZN gemeldet werden. Dieses entscheidet über nötige Massnahmen wie sofortigen Rückriss oder Rückschnitt von befallenen Ästen. Ausnahmen bilden Hochstammbäume, bei denen die Chance auf das Abstoppen der Krankheit im alten Holz besteht, dort kann der Rückschnitt während der Vegetationsruhe erfolgen. Nicht mehr verfügt werden Rodungen von Bäumen, und es gibt auch keine Entschädigungen mehr für den Aufwand. 

Situation Nachbarkantone

Im Kanton Aargau ist der ganze Kanton als «Gebiet mit geringer Prävalenz» eingeteilt, und es gelten die verfügten Melde- und Bekämpfungsmassnahmen. Rechtskräftig vom Regierungsrat ausgeschiedene Gebiete mit geringer Prävalenz gibt es grossflächig auch im Kanton Schwyz, seit Sommer 2020, um Niederstammanlagen und Hoch­stammobstgärten. So in der Region Küssnacht, Schwyz und entlang des Zürichsees. Ebenso hat das Landwirtschaftsamt Zug solche im Kanton Zug ausgeschieden, vor allem um die Obstkulturen um den Zugersee.