«Zukünftig muss die Landwirtschaft mit weniger Ressourcen mehr produzieren, und das mit einem geringeren Fussabdruck», fasste Agrarökonom Robert Finger seine Ausführungen am Zuger Bauerntag vom 18. Januar 2023 zusammen.

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Eier legende Wollmilchsau

Das sei zwar eine Eier legende Wollmilchsau, für die Schweizer Landwirte mit ihrem hohen Ausbildungsniveau aber machbar. Allerdings bedinge das ein umfassendes und robustes Ernährungssystem mit Einbezug aller Akteure, insbesondere der Konsumenten. Dies betonte auch eine Votantin aus dem zahlreich erschienenen Publikum in ihren Ausführungen. Die Konsumenten sollten in die Pflicht genommen werden, damit diese entsprechend ihren politischen Forderungen auch das Kaufverhalten anzupassen. «Der Konsument, der dreimal am Tag isst, ist nicht die gleiche Person, welche an die Urne geht», erklärte Hansjürg Jäger, Geschäftsführer der Agrarallianz Schweiz. Das Zusammenspiel zwischen Landwirtschaft und Ernährung sei die grosse politische Herausforderung der Zukunft. Die Vision in der Ernährungspolitik sei aber bei allen Akteuren die gleiche. «Alle wollen gesunde Menschen, gesunde Tiere und gesunde Ökosysteme». Und zwar vom Feld bis auf den Teller. Das benötige aber bei einem schönen Teil der Konsumenten noch Aufklärungsarbeit, so Jäger.

Öffentliche Kantinen müssen lokale Produkte anbieten

Ein einfacher Weg, um mehr Nachhaltigkeit in das Essverhalten zu bringen, ist laut Robert Finger, die öffentliche Beschaffung in die Pflicht zu nehmen. Die Nahrungsmittel für staatliche Kantinen müssten regional bezogen werden und entsprechenden Standards erfüllen. «Damit hätte man einen grossen Hebel, welcher bisher politisch noch nicht genutzt wird», so der ETH-Professor. Ein weiterer Punkt sei, Vermarktungswege zu finden, wie Konsumenten und Produzenten wieder näher zueinander kommen würden. Das müssten nicht nur Hofläden sein, sondern auch neue technische Organisationsformen wie Onlinevermarktung. Wenn Bauer und Kunde direkt miteinander kommunizieren könnten, benötige es gar keine Labels. Denn wenn man es ihm erkläre, erkenne auch der Konsument, dass Pflanzenschutzbehandlungen nötig seien.

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Die beiden grossen orangen Elefanten des Detailhandels

«die grüne»-Chefredaktor Jürg Vollmer sieht zwar in der Direktvermarktung auch viele Vorteile dafür, auf den Betrieben eine höhere Wertschöpfung zu erreichen. Entscheidend sei aber, dass Produzentenorganisationen selbstbewusster und härter verhandelten. Das sei umso wichtiger in Anbetracht des Duopols der beiden grossen orangen Elefanten des Detailhandels. Diese hätten in der Schweiz eine Marktmacht, die weltweit einzigartig sei, so Vollmer. Dadurch seien die hiesigen Landwirte diesen beiden auf Gedeih und Verderb ausgeliefert, denn sie bestimmten die Margen. Unschön sei, dass sogar der Schweizer Bauernverband sich mit Kritik zu dieser Marktmacht zurückhalte. Und der Preisüberwacher sei kürzlich vor der Publikation der hohen Margen so unter Druck geraten, dass er auf eine Veröffentlichung verzichtete.

Ein weiterer Brennpunkt sieht der erfahrene Agrarjournalist im überregulierten schweizerischen Politsystem: «Es ist ein Graus, wie beispielsweise die Raumplanung Bauvorhaben in der Landwirtschaft verteuert». Robert Finger plädierte für eine vereinfachte und mutigere Agrarpolitik. Aus dem System müsse Komplexität herausgenommen werden. Zukünftig sollten Entschädigungen nicht dafür ausbezahlt werden, wie man etwas mache, sondern dafür, dass man die Ziele erreiche.

Familienbetriebe könnten zukünftig an ihre Grenzen stossen

Hansjürg Jäger sieht für die Bauernsame grundsätzliche eine positive Zukunft: Es gebe viele tolle Betriebe und Projekte. Ein grosses Risiko sei aber, dass die traditionellen Familienbetriebe zukünftig infolge der hohen Ansprüche an die Landwirtschaft an ihre Grenzen kämen. Die Belastung für die Familien könne zu gross werden. Eine Lösung sieht er in anderen Gesellschaftsformen wie GmbH oder Aktiengesellschaften.