Wie soll die Schweiz mit Chemikalien umgehen, die wahrscheinlich oder erwiesenermassen gesundheitsschädlich sind, und gleichzeitig sowohl quasi überall auftreten als auch nicht abgebaut werden? Diese Frage stellt sich bei der diversen Stoffgruppe der PFAS, die zurecht als Ewigkeitschemikalien bekannt sind. Und sie beschäftigt das Parlament in der bevorstehenden Herbstsession ab dem 8. September. Es liegen dazu diverse Vorstösse auf dem Tisch.

Werte vorsichtig festlegen

Bereits beschlossen ist, dass der Bundesrat bis Ende Jahr einen Bericht zur Frage vorlegen muss, ob es einen nationalen PFAS-Aktionsplan braucht. Einen solchen befürwortet man etwa im Kanton St. Gallen, wo Landwirtschaftsbetriebe von zu hohen PFAS-Werten in Fleisch betroffen waren. Parallel dazu laufen beim Bund Arbeiten zu neuen Höchstwerten für Trinkwasser, die voraussichtlich 2026 in Kraft treten sollen.

Bei der Festlegung solcher Grenzwerte müssten die jeweiligen Folgen bedacht werden, fordert eine Motion der ständerätlichen Umweltkommission. Insbesondere seien neben Gesundheits- und Umweltrisiken die Auswirkungen für die Landwirtschaft oder die Wasserversorger zu beachten und angemessene Übergangsfristen einzuräumen. Der Ständerat hat dem Anliegen bereits zugestimmt und auch der Bundesrat ist dafür. «Die Anliegen der Motion können in die laufenden Arbeiten eingebunden werden», schreibt er in seiner Stellungnahme. Dabei sei es zentral, dass der Gesundheitsschutz der Konsumentinnen und Konsumenten jederzeit gewährleistet sei und sich betroffene Betriebe an kantonalen Massnahmen zur PFAS-Reduktion in Lebensmitteln beteiligten.

An der EU orientiert

Die Motion von Martine Docourt (SP, NE) will das Problem an der Wurzel packen und die Zulassung von PFAS auf «wesentliche Verwendungszwecke» beschränken. Dieses Prinzip werde derzeit auch in der EU diskutiert und sehe vor, dass PFAS nur dann zum Einsatz kommen, wenn sie für Gesundheit, Sicherheit oder Funktionieren der Gesellschaft unerlässlich sowie unersetzbar sind. «So wird die Bevölkerung geschützt, die Umwelt weniger belastet und die Innovation gefördert», ist sich Docourt sicher. Der Bundesrat verweist auf den grossen Aufwand, solche Verwendungszwecke zu prüfen und will sich auch zukünftig am Chemikalienrecht der EU orientieren. Das heisst, dass allfällige Verbote übernommen werden. Mit ähnlicher Begründung lehnt es der Bundesrat ab, sektorielle Absenkpfade und Massnahmen gegen PFAS zu definieren oder eine Abgabe auf diese Ewigkeitschemikalien einzuführen.

Falls ein PFAS-Aktionsplan zustande kommt, würde er es gemäss Bundesrat erlauben, die aktuelle Belastungssituation darzustellen sowie die Herkunft und Eintragsquellen zu identifizieren, um solche Belastungen in Zukunft zu vermeiden und geeignete Sanierungsansätze zu prüfen.

Das Machbare im Blick

Dass die Festlegung von Höchstwerten für PFAS eine heikle Sache ist, ist den betroffenen Bundesämtern bewusst. An einer Medieninformation Anfang Jahr stellten das Bundesamt für Umwelt (Bafu) und jenes für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) klar, man gehe so vor, dass die Produkte mit den höchsten Gehalten nicht mehr verkehrsfähig sind. Aus rein gesundheitlicher Sicht müssten die zulässigen Höchstwerte tiefer angesetzt sein, es werde bei Umweltkontaminanten – zu denen PFAS zählen – jedoch immer das Machbare berücksichtigt. Dies, weil ansonsten gewisse Produkte nicht mehr erhältlich wären.

An der Finanzierung gescheitert

«Die möglichen gesundheitlichen Auswirkungen von PFAS sind vielfältig und nicht zu verharmlosen», hiess es von Seiten BLV. Zusammenhänge zwischen der Exposition gegenüber PFAS und dem Auftreten von Krankheiten sollte eine repräsentative Langzeitstudie zur Gesundheit der Schweizer Bevölkerung aufzeigen. Doch deren Durchführung fällt nun offenbar dem Spardruck zum Opfer, wie aus der Antwort des Bundesrats auf eine Frage von Nationalrätin Manuela Weichelt (Grüne, ZG) hervorgeht. Die Studie hätte pro Jahr 10 – 12 Millionen gekostet und eine Finanzierung durch Dritte habe sich als extrem schwierig herausgestellt. Somit werde – trotz grossem Interesse an den Ergebnissen einer solchen Arbeit – «angesichts der angespannten finanziellen Lage des Bundes das Projekt aktuell nicht weiterverfolgt.» Die Nachricht sorgte in verschiedenen Medien für Empörung.

Neue nationale, gesundheitliche Daten wird es demnach im Zusammenhang mit PFAS zumindest vorerst nicht geben. Hingegen sind laut Behörden noch in diesem Jahr die Resultate einer Kontrollkampagne von Lebensmitteln zu erwarten.

Basierend darauf wird der Bund über weitere Massnahmen entscheiden. Die Behandlung der zahlreichen Vorstösse zu PFAS im Parlament dürfte in den nächsten Wochen Einiges an Zeit in Anspruch nehmen.

Evaluation zum Jagdgesetz
Was Vorstösse zum Wolf angeht, steht der Bundesrat derzeit auf der Bremse. Er verweist auf den Auftrag, die Erfahrungen mit dem neuen Jagdgesetz in einer Auslegeordnung zu evaluieren und zu eruieren, ob es weitere Anpassungen oder Präzisierungen braucht. Im gleichen Zug muss der Bundesrat die Möglichkeit eines Verteidigungsabschusses genauer prüfen. Das entsprechende Postulat hat das Parlament im Sommer überwiesen.

Bestehende Gebäude nutzen
Der Druck auf Siedlungen liesse sich ebenso mindern wie sich die Vergrösserung von Bauzonen verhindern liesse – das erhofft sich Nationalrat Daniel Ruch (FDP, VD) von einer Änderung des Raumplanungsgesetzes (RPG). Konkret will er erreichen, dass bestehende, bewohnte oder teilweise bewohnte Gebäude ausserhalb der Bauzone «möglichst rationell» genutzt werden dürfen. Solche altrechtlichen Bauten – erstellt vor 1972, als es noch keine Unterscheidung zwischen Bau- und Nichtbauzonen gab – soll man renovieren oder sogar wiederaufbauen dürfen, sofern sie weiterhin zu Wohnzwecken dienen und bereits über eine Verkehrsanbindung verfügen. Ausserhalb der Bauzone gebe es schätzungsweise rund 600 000 Gebäude, argumentiert Ruch. Beschränkungen zur zweckmässigen Nutzung des Bodens würden derzeit aber bei vielen davon wegen fehlender Rentabilität zur Vernachlässigung oder Aufgabe des Unterhalts führen.

Der Bundesrat ist kommentarlos dafür, diese Änderung des RPG vorzunehmen. Das Parlament wird die Motion in der Herbstsession 2025 erstmals diskutieren.