Fällt das Stichwort Raumplanung, so sorgt das seit Jahren und immer häufiger für rote Köpfe und hitzige Diskussionen. Vor allem in der Landwirtschaft und wenn es um das Bauen ausserhalb der Bauzonen geht. Bei vielen Bauern und Bauherren ist der Frust gross, weil die von ihnen verlangte Flexibilität, unternehmerische Ausrichtung, Anpassung an neue gesellschaftliche und politische Trends oder auch die persönliche Freiheit beim Bauen von Behörden eingeschränkt wird.

Persönliche Freiheit beim Bauen? Die gibt es seit vielen Jahrzehnten nicht mehr, und die Einschränkungen nehmen laufend zu. Von Lockerungen ist wenig zu spüren. Revisionen der Raumplanungsgesetzgebung, die darauf abzielen, haben es seit Jahren sehr schwer. Und nun will eine Landschaftsinitiative die bebaute Fläche ausserhalb der Bauzonen ganz einfrieren. So wundert es nicht, dass der Schweizer Bauernverband diese Woche an einer Medienkonferenz das thematisierte und vor der Initiative warnte.

Das Kulturland schwindet

Wieso denn diese Entwicklung zu immer mehr Einschränkungen beim Bauen ausserhalb Bauzonen? Auch wer die Schweiz nicht aus der Vogelperspektive betrachtet, stellt bei der Fahrt übers Land fest, dass die gesetzlich angestrebte haushälterische Nutzung des Bodens und Trennung von Bauzone und Nichtbauzone in den letzten Jahrzehnten, trotz Raumplanungsgesetz seit den 70er-Jahren, mehr schlecht als recht vollzogen wurde. Das Kulturland schwindet immer mehr. Allein von 1985 bis 2018 gingen 1143 km2 Landwirtschaftsland verloren, während Siedlungs- und Verkehrsflächen stark zunahmen. Dazu kommt ein Wildwuchs von bestehenden, vergrösserten, neuen und teils umgenutzten Gebäuden auf der Landschaft. Und der Druck bleibt, erst kürzlich war in den Medien zu vernehmen, dass die Schweiz dieses Jahr die Bevölkerungszahl von 9 Millionen überschreiten werde. Und alle wollen nicht weniger, sondern mehr Platz – zum Wohnen, Arbeiten, für die Freizeit und für eine unbeschränkte, freie Mobilität.

So ist der politische und gesellschaftliche Druck, raumplanerisch engere Grenzen zu setzen und den Boden besser zu schützen, verständlich. Aktuelle Initiativen in Kantonen zur Verhinderung von Kulturlandverlust sind ebenso Ausdruck davon wie die Verschärfung des Raumplanungsgesetzes vor wenigen Jahren.

Willkürliche Auslegung

Nur schlug nach Jahren je nach Kanton vergleichsweise lockerer Handhabung das Pendel beim Vollzug zu stark in die Gegenrichtung aus. Ob politisch immer so gewollt, darf bezweifelt werden. Denn auch viele Politiker wundern sich ob der fragwürdigen, um nicht zu sagen willkürlichen Auslegung der Gesetzesartikel durch die Verwaltung, wenn es um konkrete Fälle geht. Wenig verstanden wird auch, wenn Gerichtsentscheide zu Spezialfällen in die breite Vollzugspraxis einfliessen. Und fragwürdig ist auch die unterschiedliche Auslegung des Spielraums je nach Kanton oder gar je nach Sachbearbeiter in den Amtsstuben.

In letzter Zeit blieb nicht nur viel gesunder Menschenverstand und Pragmatismus bei raumplanerischen oder baulichen Entscheiden auf der Strecke, sondern es häuften sich auch die Zielkonflikte, gerade für die Landwirtschaft. Bereiche gibt es zur Genüge, wo raumplanerische Auflagen zeitgemässe Entwicklungen hemmen:

So bei der Erfüllung von Umwelt- und Tierschutzanliegen, beispielsweise weil mehr Tierwohl mehr Platz benötigt. Oder wenn bei Umzonungen Tierhaltungsbetriebe weichen müssen, weil sie die Abstände zu Siedlungen nicht mehr einhalten. Oder bei der Ausrichtung auf Pflanzenbau und Spezialkulturen statt Tierhaltung, beispielsweise weil Folientunnel in der Landschaft oder Himbeeren in Töpfen als nicht zonenkonform gelten. Oder Unterkünfte für Erntehelfer und Verarbeitungsräume nicht oder nur sehr schwierig bewilligungsfähig sind. Oder wenn Anlagen für erneuerbare Energien in der Landwirtschaftszone noch immer einen schweren Stand haben. Oder in bestehenden grossen Bauernhäusern nicht mehr Wohnraum geschaffen werden darf. Oder neue Produktionsstätten für die Industrie auf grüner Wiese und Fruchtfolgeflächen entstehen sollen, wo es doch so viele brachliegende Industrieareale gibt. Es fehlt hier der Platz für die Erwähnung vieler weiterer Beispiele und Zielkonflikte. Die Raumplanung hat überdreht. Es ist Zeit, den Vollzug wieder in vernünftige Bahnen zu lenken.