Nachfolge für Maurer und Sommaruga Zwei Bauernkinder im Bundesrat Wednesday, 7. December 2022 «Gewählt ist mit 123 Stimmen – est élue avec 123 voix … Elisabeth Baume-Schneider!» Ich weiss nicht, wie es Ihnen erging, als Sie dieses Resultat hörten. Ich jedenfalls war wie vom Donner gerührt. Elisabeth wer?

Gegen die Favoritin Herzog durchgesetzt

Da gab es doch diese Top-Favoritin aus Basel, bestausgewiesene Finanzerin mit Exekutiverfahrung, Ständerätin mit urbanem Hintergrund und aus einem Kanton, der «schon lange einmal dran wäre mit einer bundesrätlichen Vertretung». Aber die Wege des Parlaments sind unergründlich.

«Natürlich mag ich diesen Erfolg Frau Baume-Schneider von Herzen gönnen – sie scheint erfrischend munter und positiv zu sein. Eigenschaften, die dem Bundesratsgremium guttun.»

Babette Sigg zur überraschenden Wahl von Elisabeth Baume-Schneider in den Bundesrat

Aber, liebe Landwirte und Bäuerinnen, etwas stört mich schon. Sonst wäre der Donnerschlag ausgeblieben. Für mich als leidenschaftliche Städterin ist der Bundesrat, in den ja auch zeitgleich der Bauernsohn und Agronom Albert Rösti gewählt wurde, nun einfach zu einseitig zusammengesetzt. Mit vier von sieben Mitgliedern ist der Bauernstand, der unter der Bevölkerung nur noch 3 Prozent ausmacht, massiv übervertreten. Und kein einziger Bundesrat wohnt in einer Stadt, die den Namen auch verdient.

Probleme der Städter nicht mehr prioritär

Jahresrückblick Das ABC 2022 der Landwirtschaft: Von A wie Absenkpfad bis E wie ESAF Monday, 26. December 2022 Das sei doch nicht wichtig, meinen Sie? Doch, ich finde schon. Denn viele Probleme, mit denen wir Städter uns herumzuschlagen haben, werden vermutlich nicht allzu prioritär behandelt. Lärm- und Verkehrsbelastung, sogenannter Dichtestress, Luftqualität, unkoordinierte Zuwanderung, fehlender günstiger Wohnraum, explodierende Immobilienpreise, Verdrängung der eingesessenen Bevölkerung in die Agglomeration, Aufblähen der Verwaltung, hohe Lebenskosten …

Das sind die wichtigsten Punkte, die bei der Bevölkerungsbefragung in der Stadt Zürich genannt wurden. Natürlich sind das keine nationalen Themen. Und Zürich muss sich mit der Bewältigung derselben allein auseinandersetzen.

«Aber bitte immer daran denken: Der grosse Batzen wird in den Wirtschafts- und Industriezonen generiert, nicht auf dem Land.»

Babette Sigg zum Beitrag des Kantons Zürich an den Finanzausgleich

Mein Zürich ist ein Geberkanton. Wir zahlen viel für den Finanzausgleich. Das sollte man nicht vergessen, wenn man über die Städte schimpft.

Die Landwirtschaft geniesst einen guten Ruf

Flächenabtausch ermöglichen Parlament vergrössert Handlungsspielraum bei Gewässerprojekten Thursday, 15. December 2022 Was dürfen also Sie als Vertreter der Landwirte und ich als Stadtpflanze von der neuen Regierung erwarten? Ein lieber Freund sagte mir vor Jahrzehnten, als ich mich gewaltig über eine mir unbegreifliche Bundesratswahl aufregte: «Beruhige dich. Es spielt keine Rolle, wer Bundesrat ist. Die Arbeit machen sowieso die Chefbeamten.» Das ist sicher nicht gänzlich falsch. Aber die grosse Linie vorgeben müssen unsere Minister alleweil.

Und dann ist da ja noch das Parlament. 13 Prozent der Bundesversammlung vertreten Sie ganz direkt durch 26 National- und 6 Ständeräte. Nicht zu vergessen den rührigen und eloquenten Präsidenten des Bauernverbandes. Die Landwirtschaft geniesst in der Bevölkerung nach wie vor einen guten Ruf – schliesslich steht und fällt damit unsere Versorgungssicherheit. Es ist also nicht zu befürchten, dass Ihre Anliegen ungehört oder nicht umgesetzt werden.

Sinnige und unsinnige Initiativen der Städter

Babette Sigg Frank ist Präsidentin des Schweizerischen Konsumentenforums und Präsidentin der CVP Frauen Schweiz. (Bild kf) Gastbeitrag Gastbeitrag: «Es ist geschafft. Ich bin es auch.» Saturday, 19. June 2021 Und wir Städter? Wir haben immer noch die Möglichkeit, Ihnen mit sinnigen oder unsinnigen Initiativen unsere Befürchtungen und Verbesserungen kundzutun: Gerne erinnere ich an die Trinkwasser-, Pestizid- oder die Massentierhaltungs-Initiative, um die letzten zu nennen (gegen die sich das kf, die ­einzige liberale Konsumenten­organisation des Landes, ausgesprochen hatte).

Sie dürfen sich also beruhigt zurücklehnen. Und ich sehe wie immer das Positive: so habe ich im Vorfeld der Bundesratswahlen meinen Horizont erweitern können. Ich weiss nun, was Schwarznasenschafe sind.

Zur Autorin
Babette Sigg ist geschäftsführende Präsidentin des Schweizerischen Konsumentenforums. Sie schreibt für die Rubrik «Arena» im Regionalteil Ostschweiz/Zürich der BauernZeitung.