In unserem nördlichen Nachbarland geht es aktuell Schlag auf Schlag: Nachdem für die kommende Woche grosse Protestaktionen angekündigt worden waren, hat die deutsche Regierung versucht, die Dynamik der Protestbewegung abzubremsen. Die geplanten Sparmassnahmen sollen nun über einen längeren Zeitraum hinweg in Kraft gesetzt werden – das Ergebnis bliebe am Ende aber dasselbe.
Wie es aussieht, verfehlt der Vorschlag die erhoffte Wirkung, die Pläne für die grosse Protestwoche, die am 8. Januar mit dezentralen Demos startet und ihren Höhepunkt in einer grossen Kundegebung in Berlin am 15. Januar finden soll, bleiben bestehen. Mehrere deutsche Bauernverbände äussern sich zu ihren Plänen.
Fahrzeugkorsos und Mahnwachen als wirksamstes Mittel
Auf Nachfrage der BauernZeitung bekräftigt etwa der Landesbauernverband Brandenburg (LBV), dass man mit dem Deutschen Bauernverband übereinstimmend «keine Kompromisse» hinsichtlich der geplanten Streichungen bei der Agrardiesel-Steuervergünstigung und der Befreiung landwirtschaftlicher Fahrzeuge von der KFZ-Steuer eingehen wolle. Wie im übrigen Deutschland werde die Aktionswoche wie geplant vom 8. bis zum 15. Januar in allen Landkreisen des Landes Brandenburg durchgeführt.
Dabei werde es zu Einschränkungen im öffentlichen Leben kommen, kündigt Henrik Wendorff, Präsident des LBV in einer Medienmitteilung des Verbandes an. «Viele unserer Aktionen werden den öffentlichen Verkehr in der nächsten Woche stark einschränken», wird er in der Mitteilung zitiert. Fahrzeugkorsos und Mahnwachen mit grossen Landmaschinen sieht der LBV-Präsident als «das einzige Mittel» an, um «auf unsere Abhängigkeit von unseren Fahrzeugen aufmerksam zu machen. Denn Alternativen zum Verbrenner gibt es derzeit nicht.»
Im Bundesland Brandenburg werde man von offizieller Seite her den rechtlichen Rahmen jedoch nicht verlassen, unterstreicht Wendorff. Auch ungeschriebene rote Linien dürften nicht überschritten werden, heisst es weiter. Wendorff ruft seine Berufskollegen daher zu Besonnenheit, Verantwortung und zu einem zivilisierten Protest auf.
Situation «nicht hinnehmbar»
Die Mehrkosten für den Treibstoff der wichtigsten Maschinen führten zu finanziellen Verlusten, welche die Brandenburger Landwirte nicht auffangen könnten, schreibt der LBV. Pro Hektare stehe eine Mehrbelastung von bis zu 50 Euro im Raum. Bei einer durchschnittlichen Betriebsgrösse von 242 Hektar würden sich daraus fünfstellige Beträge ergeben, heisst es weiter.
«Da Brandenburgs Agrarstruktur von unterschiedlichen Betriebsgrössen mit regelmäßig festem Mitarbeiterstab, verschiedenen Produktionsbereichen und einer breit aufgestellten Infrastruktur für die klimaschonende Bodenbearbeitung und die Landschaftspflege geprägt ist, nehmen die Einbussen erhebliche Grössenordnungen an», wird ausgeführt.
Die von der Regierung angestrebten Sparmassnahmen würden die Brandenburger Landwirte erheblich treffen. Gemäss dem LBV wird deren Situation bereits jetzt durch die seit 2023 reduzierte Basisprämie aus der europäischen Agrarförderung, den steigenden Personalkosten und die ertrags- und qualitätsmindernden Bestimmungen der Düngerverordnung erschwert. Gleichzeitig fehle der politische Rückhalt in Sachen Umbau der Tierhaltung. Dazu komme eine zunehmend ausufernde Bürokratie. Diese Gemengelage sei nicht hinnehmbar, schreibt der LBV.
«Aktionswochenplan» des Landesbauernverbandes Brandenburg
Hessen will mit Argumenten überzeugen
Auch im Bundesland Hessen wird kommende Woche protestiert – allerdings legt der dortige Bauernverband Wert darauf, die bäuerlichen Demonstrationen nicht eskalieren zu lassen und nicht mit Radikalen und Extremisten gemeinsame Sache zu machen. Karsten Schmal, Präsident des hessischen Bauernverbandes, ruft die dortigen Landwirte deshalb mit Nachdruck zu einem friedlichen Miteinander auf. Man wolle mit Argumenten überzeugen, wird er in einer Mitteilung zitiert.
Persönliche Angriffe wie etwa den vom Donnerstag auf Bundesminister Habeck (wir berichteten) lehne man strikt ab, so Schmal. Auch Beleidigungen, Bedrohungen, Nötigungen oder Gewalt seien nicht akzeptabel.
Darüber hinaus will der hessische Bauernverband mit radikalen Kräften nichts zu tun haben: «Wir distanzieren uns deutlich von allen Reichsbürgern, Verschwörungstheoretikern, radikalen Randalierern, rechtsextremistischen Gruppen und Umsturzpropagandisten», so Schmal. Auch Symbole wie Galgen oder Särge wolle man nicht sehen. Weiter stellt Karsten Schmal klar, dass man eng mit den Ordnungsbehörden zusammenarbeite und sicherstellen wolle, dass die Rettungskräfte bei ihrer Arbeit nicht behindert würden.
Aber auch die Hessen bleiben standhaft
In der Sache bleibt man in Hessen jedoch standhaft. Obwohl die deutsche Regierung am Donnerstag zurückzurudern versuchte, werde man von der Forderung, die Kürzungsvorschläge zurückzunehmen, nicht zurücktreten. «Die Zugeständnisse der Bundesregierung sind nicht ausreichend. Im Gegensatz zu anderen Wirtschaftsbereichen, in denen auf Lohnerhöhungen oder Arbeitszeitentlastungen gedrängt wird, kämpft die Landwirtschaft darum, erhebliche zusätzliche Belastungen abzuwenden, denen keinerlei Entlastungen entgegenstehen. Daher finden die geplanten Aktionen nächste Woche weiterhin statt», bekräftigt Karsten Schmal.
Die Kürzungspläne würden die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Landwirtschaft im europäischen Vergleich erheblich schwächen. Würde die Bundesregierung ihre Pläne umsetzen, werde das den landwirtschaftlichen Strukturwandel weiter befeuern, ist er sich sicher.