Längst gehören die Lieferwagen privater Paketdienste wie DPD oder UPS auch in den entlegensten Winkeln der Schweiz zum Strassenbild. Die Post plant derweil den Rückzug aus der Fläche. In seiner Teilrevision der Postverordnung will der Bundesrat den 2021 im Gesetz verankerten Grundsatz streichen, wonach die Post alle ganzjährig bewohnten Häuser beliefern muss. Künftig soll wie früher gelten, dass nur das ganzjährig bewohnte Siedlungsgebiet zur Grundversorgung gehört.

Der Berner SVP-Nationalrat Ernst Wandfluh sieht darin eine klare Schwächung der Grundversorgung in den Randregionen. Betroffen seien immerhin 60'000 Haushalte in Streusiedlungsgebieten. Die staatliche Grundversorgung müsse für alle Bürgerinnen und Bürger gelten, unabhängig vom Wohnort. Wer in abgelegenen Gebieten lebe – sei es im Berggebiet, im ländlichen Raum oder in Streusiedlungen – dürfe nicht einfach vergessen oder benachteiligt werden. «Der ländliche Raum darf nicht zum Versuchsballon für bürgerferne Sparübungen verkommen», erklärt Wandfluh.

«Nur wenn sich die Post den gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Entwicklungen anpassen kann, bleibt ein flächendeckender Service public ohne Steuergelder weiterhin möglich», entgegnet Post-Sprecher Stefan Dauner. Es gehe eben auch um die Eigenwirtschaftlichkeit der Post.

Briefkästen verlegen

Nach der 2021 verschärften Regelung müssten auch einzelne, weit abgelegen liegende Häuser bedient werden. «Der Aufwand zu Erfüllung dieses Auftrags ist sehr gross», sagt Dauer. Es sei deshalb sinnvoll, Alternativen zu prüfen. Dazu gehören alternative Zustellungspunkte an der Route des Zustellboten. So gebe es die Möglichkeit, ein kostenloses Postfach bei einer Filiale einzurichten, einen Briefkasten bei einer Weggabelung zu platzieren oder einen alternativen Zugangspunkt zu definieren. Dies bringe relevante Einsparungen, die in die Paketverarbeitung oder das Postnetz investiert werden könnten – so einer weit grösseren Anzahl Menschen zugutekämen, argumentiert Dauner.

Er stellt aber auch klar: Die Post werde nicht von heute auf morgen alle Haushalte ausserhalb des Siedlungsgebiets aufgeben. «Den grössten Teil der ganzjährig bewohnten Häuser ausserhalb von Siedlungen würden wir nach wie vor bedienen», sagt er. Die Post sei sich bewusst, dass eine Rückkehr zum Siedlungsbegriff gerade für Direktbetroffene in ländlichen und peripheren Regionen als Abbau wahrgenommen werden könne. «Aus diesem Grund ist die Post bereit, die Anpassung mit der nötigen Sensibilität vorzunehmen und die Umsetzung nicht auf einen Schlag, sondern – wie von der Politik gefordert – schrittweise während einer 10-jährigen Übergangsfrist vorzunehmen.» Zur konkreten Umsetzung kann er noch keine Angaben machen. Die Revision befindet sich nämlich erst in der Vernehmlassung. Erst danach werde mit der Vorbereitung der Umsetzung begonnen, so Dauner.

«Salamitaktik inakzeptabel»

Das politische Vorgehen werfe Fragen auf, kritisiert Ernst Wandfluh. Er erinnert daran, dass das Parlament erst 2021 nach intensiven Debatten die Zustellung an alle Haushalte als Teil der postalischen Grundversorgung verankert habe.

«Dass der Bundesrat diesen Entscheid nun auf dem Verordnungsweg rückgängig machen will, ist inakzeptabel», findet Wandfluh. «Eine solche Salamitaktik beim Abbau der Grundversorgung lehne ich entschieden ab.» Die Versorgungssicherheit müsse gewahrt bleiben. «Das ist eine Frage der staatlichen Verlässlichkeit und der Gleichbehandlung aller Regionen unseres Landes.»