Lediglich fünf von 275 Sekundarschul-Absolventen hätten diesen Herbst im Kanton Obwalden die Lehre zum Landwirt gestartet, erklärt Thilo Briel vom Amt für Berufsbildung Obwalden. Die geringe Zahl täuscht, die landwirtschaftliche Ausbildung ist auch in der Innerschweiz gefragt. Und wie attraktiv und vielseitig nicht nur die Lehre, sondern auch die Berufsaussichten sind, wurde interessierten Jungen kürzlich an der Zentralschweizer Bildungsmesse Zebi aufgezeigt.

Jüngere Lehrmeister

Der Trend bei den Auszubildenden sei recht konstant. In Obwalden und Nidwalden gibt es derzeit rund 45 landwirtschaftliche Lehrverhältnisse, davon zwei Drittel in Obwalden. Und der Lehrstellenmarkt sei recht ausgeglichen, es gebe genügend Lehrbetriebe, sagt Briel. Feststellbar sei die Verjüngung bei den Lehrmeistern, ein positives Zeichen, dass viele Hofnachfolger weiterhin auch Lehrplätze anböten.

Viele Junge lernen allerdings Landwirt/in als Zweitberuf. In Obwalden liege der Anteil inzwischen bei über 50 Prozent und steige weiter. Traditionell sei dieser Anteil immer hoch gewesen, und Briel verweist auf die Bedeutung der Nebenerwerbslandwirtschaft im Berggebiet.

Landwirt in Zweitausbildung (Zwal) wird allerdings auch im Talgebiet immer beliebter. Im Aargau seien es 45 bis 50 Prozent der Lernenden, sagt Reto Spörri, Leiter Bildung Landwirtschaft am LZ Liebegg. Die Lehrstellen seien sehr gut gebucht, es gebe wenig offene Stellen. Die leicht steigende Zahl an Lehrbetrieben halte Schritt mit der ebenfalls steigenden Zahl an Lernenden.

Qual der Wahl in Luzern

Ein grosses Überangebot an Lehrbetrieben gebe es hingegen im Kanton Luzern, sagt Andreas Nussbaumer, Präsident der Bildungskommission des Luzerner Bäuerinnen- und Bauernverbandes. Das sei gut für die Qualität, findet er, und «die Lernenden können auswählen». Als ein Grund für die vielen Lehrplätze sieht Markus Höltschi, Prorektor am BBZN Hohenrain, die hohe Tierintensität der Luzerner Betriebe. Da falle viel regelmässige Arbeit an, das sei attraktiv für die Lehrmeister und Lernenden.

Mischklassen sind bereichernd

Im Kanton Luzern sind derzeit 364 Lernende in Ausbildung zum Landwirt oder zur Landwirtin. Die Zahlen seien recht stabil, teils leicht steigend. Sehr hoch mit rund 50 Prozent ist auch im Kanton Luzern der Anteil Lernender in Zweitausbildung. Viele würden sich eben später entscheiden, doch noch Landwirt zu lernen, oder die Eltern seien noch jung, sodass vor der Hofübernahme vorerst einige Jahre in einem anderen Beruf gearbeitet werde, vermutet Nussbaumer.

Vor 15 Jahren sei dieser Anteil noch viel tiefer gewesen, seit einigen Jahren aber konstant hoch, weiss Höltschi. Zweitausbildner machten den Unterricht viel interessanter, und angestrebt würden denn auch Mischklassen. Die älteren Zwal-Schüler seien erfahrener und reifer und viel fokussierter bei ihren Interessen und Zielen, während die jüngeren in Erstausbildung noch ungestümer, aber auch offener für eine breite Ausbildung seien. Das bringe einen guten Drive in die Klasse.

Wachstum in Zug und Aargau

Einen absoluten Rekord an Lernenden im ersten Lehrjahr gebe es dieses Jahr im Kanton Zug, sagt Martin Abt, Leiter Grundbildung am LBBZ Schluechthof. Grundsätzlich ist die gesamte Anzahl Lernender im Zugerbiet deutlich gestiegen in den letzten 15 Jahren, von rund 20 auf fast 70. Auch Reto Spörri berichtet von deutlichem Wachstum am LZ Liebegg, von 180 Lernenden vor zehn Jahren auf 265 im laufenden Jahr. Nach wie vor eine kleine Minderheit seien Quereinsteiger, die meisten Lernenden stammen aus bäuerlichen Verhältnissen.

Uri setzt auf Zweitausbildung

Für Uri berichtet Adrian Arnold, Abteilungsleiter Landwirtschaft am BWZ Uri, von stabilen Schülerzahlen. Die Bauernschule Seedorf habe erfolgreich einen eigenen Weg gewählt. Bereits um die Jahrtausendwende waren gegen zwei Drittel der Schüler Zweitausbildner. Mit der neuen Bildungsverordnung setzte man voll auf die Karte Zweitausbildung. Von Kleinstbetrieben, mit dem Ziel auf dem Hof zu wohnen, bis zu grossen Betrieben mit über 2,5 SAK und der Motivation für die Betriebsleiterschule, seien die Klassen traditionell heterogen aufgestellt.

Ausgeglichene Klassen

Positiv werten alle befragten Fachleute in den Kantonen die Möglichkeit, Landwirt EBA oder EFZ zu lernen. Das habe ausgeglichenere Klassen gebracht. Die Agrarpraktiker werden bekanntlich zentral am BWZ in Giswil unterrichtet, aus der ganzen Zentralschweiz. Für beide Richtungen, ob Landwirt/in EFZ oder Agrarpraktiker/in EBA seien die Berufsaussichten sehr gut. Und wer sich für eine Weiterbildung entscheide, sei es als Agrartechniker oder Agronom, könne später ohnehin aus vielen Stellen auswählen.

Frauen lieben Tiere

Aus allen angefragten Kantonen werden auch steigende Anteile von Frauen gemeldet, die Landwirtin werden wollen. In Nid- und Obwalden seien es 10 bis 15 Prozent, in Uri rund 10 Prozent, im Aargau und in Luzern schon um 20 Prozent. Viele früher körperlich schwere Arbeiten in der Landwirtschaft könnten heute dank Technik und Hilfsmitteln auch Frauen verrichten, sieht Markus Höltschi als einen Grund für die Zunahme. Zudem hätten sie eine grosse Leidenschaft für Tiere. «Frauen sind die grössten Kuhfans.»

 

«Man kann den Beruf auch ohne elterlichen Betrieb erlernen»

Michael Ruoss  arbeitet bei der Bauernvereinigung Schwyz, ist Sekretär der Bildungskommission und koordiniert für die Zentralschweiz den Auftritt an der Zentralschweizer Bildungsmesse Zebi. Dazu äussert er sich im Interview.

Michael Ruoss, Sie haben Ihre zehnte Bildungsmesse Zebi hinter sich. Wie ist der Landwirtschaftsstand organisiert?

Michael Ruoss: Die Organisation des Standes läuft vollumfänglich über den Zentralschweizer Bauernbund. Bei der Standbetreuung erhalten wir Unterstützung von den Zentralschweizer Bildungszentren, damit der Auftritt breit abgestützt ist. Präsentiert wird das ganze Berufsfeld Landwirtschaft, wovon die Berufe Agrarpraktiker/in EBA, Landwirt/in EFZ und Obstfachmann/-frau EFZ noch einzeln beworben werden.

Weshalb präsentiert sich die ­Landwirtschaft an der Zebi?

Die Zebi ist von der reinen Berufsmesse zu einer regionalen und digitalen Bildungsplattform und zum Treffpunkt mutiert. Neben zahlreichen Branchen sind auch immer mehr Firmen mit einem Stand vertreten. Die Landwirtschaft kann sich an einem sehr guten Standort präsentieren und macht sich so sicht- und greifbar. Die Entfremdung der Bevölkerung zur Landwirtschaft ist auch beim Berufsbild spürbar. Es ist nicht mehr selbstverständlich, dass die Jugendlichen wissen, was die Landwirte machen.

Nebst der Öffentlichkeitsarbeit: Lohnt sich dieser Auftritt, schauen die Landwirte nicht selbst für den Berufsnachwuchs?

Der Zebi-Auftritt ist ein wichtiger Baustein innerhalb der Berufswerbung. Regionale und kantonale Infoabende ergänzen das Ganze. Wie viele Jugendliche dann aufgrund des Zebi-Auftritts diesen Beruf wählen, kann nicht beziffert werden. Aber dies können auch die anderen Branchen nicht genau sagen. Wenn man aber bedenkt, dass auch immer mehr grosse Firmen wie Victorinox und Sika sich an der Zebi präsentieren, kann der Auftritt nicht so falsch sein.

Welche Fragen beschäftigen die Schüler vor allem rund um das Berufsfeld Landwirtschaft?

Eine Frage, welche über die letzten zehn Jahre ständig gestellt wurde, ist, ob man den Beruf auch ohne elterlichen Betrieb oder landwirtschaftlichen Hintergrund erlernen kann. Dieses Vorurteil bleibt hartnäckig bestehen und verunsichert natürlich auch viele Jugendliche. Weiter sind es die allgemeinen Fragen wie zum Beispiel Arbeitszeit, Ausbildungsbetriebe, Weiterbildungsmöglichkeiten usw.