Seit letzten Sonntag ist bekannt: Das Parlament wird männlicher, älter und rutscht nach rechts. Die Landwirtschaft zieht insgesamt eine positive Bilanz. Denn nicht nur der Männer-Anteil hat zugenommen, sondern auch die Anzahl Bauern und Bauern-Vertreter. Obschon so viele Frauen wie noch nie auf den Nationalratslisten standen, nimmt nun der Frauenanteil im Nationalrat ab und fällt von 42 auf 38,5 Prozent. Entsprechend enttäuscht ist der Schweizerische Bäuerinnen- und Landfrauenverband (SBLV) «über diesen Rückschritt».
Hoffnung auf Ständerat
Im Hinblick auf den zweiten Wahlgang ist man laut Mitteilung beim SBLV zuversichtlich, «dass im Ständerat die Zeichen auf Fortschritt stehen». Eine positive Bilanz zieht der SBLV hingegen zu seiner Kampagne «Mehr Frauen in die Politik» und freut sich über den Erfolg der gewählten SBLV-Mitglieder.
Dass ausgerechnet die jüngste neu gewählte Nationalrätin eine Landwirtin und SVP-Politikerin ist, erstaunt daher etwas. Wir haben mit ihr über ihren grossen Wahlerfolg gesprochen.
Überwältigt vom Ergebnis
«Ich wusste, dass die Stimmen reichen könnten», sagt Katja Riem aus Kiesen BE, ein Tag nach den eidgenössischen Wahlen, bei denen sie mit 101'345 Stimmen in den Nationalrat gewählt wurde. Trotzdem ist die motivierte Grossrätin überwältigt vom Ergebnis. Die Resultate lagen sehr eng beieinander.
«Lange war ich angespannt», sagt die gelernte Landwirtin und Winzerin. Als das Resultat dann offiziell war, verlegte sie die Feier zusammen mit ihren Unterstützer(innen) nach Kiesen, wo sie ein Trychlerclub in Empfang genommen hatte. Doch viel Zeit zum Ausspannen bleibt einer frischen Nationalrätin nicht. Bereits am Sonntag in der Nacht rief das Schweizer Radio und Fernsehen (SRF) an, um sie zu ihrer ersten Talkshow über die Wahlen einzuladen. «Die Medienaufmerksamkeit ist schon auf einem ganz anderen Level», ist Riem überrascht. Auf die Frage, wie sie in Zukunft damit umgehen werde, ist die SVP-Politikerin überzeugt, dass diese Anfragen im Moment eher akut sind und diese Medien-Flut abebben wird.
Von links bis rechts
Das Echo innerhalb der SVP und auch Partei-übergreifend sei positiv. Man habe sich sehr füreinander gefreut, sagt die Agronomin. Einen Überblick über alle Gratulations-Nachrichten konnte sie sich aber noch nicht verschaffen, so Katja Riem. «Aber so, wie ich das sehe, ziehen sich die Gratulationen durchs Band von links bis rechts», ist Riem erfreut.
AP 2030 im Visier
Katja Riem war seit 2021 im Grossrat und beim Schweizer Bauernverband (SBV) tätig. Welche landwirtschaftlichen Anliegen sie auf nationaler Ebene nun weiterführen kann, ist noch nicht klar. Während ihrer Tätigkeit als Grossrätin im Kanton Bern habe sie schon einige Stellschrauben erkannt, an denen sie gerne drehen würde, meint Riem. Viel zu tun werde es dann auch mit der Ausarbeitung der Agrarpolitik 2030 geben. «Da müssen wir jetzt dahinter.» Katja Riem will als Nationalrätin zudem an der Energiepolitik und am Raumplanungsgesetz weiterarbeiten. «Aber es sind dann alles neue Abläufe –ich werde mich zuerst fundiert einarbeiten müssen», sagt die Bernerin.
Ganz so gross, wie am Sonntag angenommen, ist der Rechtsrutsch allerdings nicht. Wie der Bund am Mittwoch mitteilte, hat das Bundesamt für Statistik (BFS) im Nachgang zu den eidgenössischen Wahlen bei Qualitätskontrollen zu seiner Wahlstatistik einen Fehler bei der Berechnung der aggregierten nationalen Parteistärken festgestellt. Die anfangs veröffentlichten Werte mussten korrigiert werden. Nicht betroffen von der Korrektur seien die kantonalen und kommunalen Wahlergebnisse sowie die Sitzverteilung (Mandate) und die Gewählten, die von den Kantonen geliefert worden sind. Grund für den Fehler bei der Berechnung der nationalen Parteistärken sei eine fehlerhafte Programmierung im Datenimportprogramm für die drei Kantone AI, AR, GL.
Mehrfach gezählt
Das fehlerhafte Programm verursachte eine Mehrfachzählung (drei- bis fünffach) der in den drei Kantonen abgegebenen Stimmen für die dort angetretenen Parteien. Diesen Parteien wurden demnach zu viele Stimmen zugerechnet, was sich in einer zu hohen nationalen Parteistärke bei der SVP, der Mitte und der FDP niederschlug. Mit der Berechnung der korrekten Werte sinkt die nationale Parteistärke dieser Parteien und die Stärke der anderen Parteien ändert sich entsprechend:
| Partei | Parteistärke korrigiert | Parteistärke publiziert |
| FDP | 14,3 | 14,4 |
| SP | 18,3 | 18 |
| SVP | 27,9 | 28,6 |
| Mitte | 14,1 | 14,6 |
| EVP | 2 | 1,9 |
| CSP | 0,1 | 0,1 |
| PDA/Sol | 0,7 | 0,7 |
| FGA | 0,2 | 0,2 |
| Grüne | 9,8 | 9,4 |
| EDU | 1,2 | 1,2 |
| Lega | 0,6 | 0,5 |
| GLP | 7,6 | 7,2 |
| MCR | 0,5 | 0,5 |
| Übrige | 2,9 | 2,9 |
| Quelle BFS | ||
