26 Jahre lang war Markus Rediger beim Landwirtschaftlichen Informationsdienst (LID) beschäftigt. Zusammen mit Partnern vom Schweizer Bauernverband prägte er etwa die bekannte Edelweiss-Kampagne, baute die Schul- und Medienarbeit aus. Jetzt wird er pensioniert.
Sie gelten als Brückenbauer zwischen den Bauernfamilien und den Konsumenten – dieses Thema lag Ihnen immer sehr am Herzen. Warum?
Markus Rediger: Ich bin auf einem Bauernhof am Stadtrand von Basel aufgewachsen – immer in diesem Spannungsfeld zwischen Stadt und Land. Da habe ich gemerkt, was für Werte ein Bauernhof, wo du deine Wurzeln hast, in diesem Kontext hat und welchen Boden dir das unter die Füsse gibt. Das war die Grundmotivation. Ich habe vor der Zeit beim LID am Ebenrain unterrichtet und dann bei der UFA-Revue gearbeitet. Da dachte ich schon, die Bauern seien eigentlich gut informiert, da ist so viel Fachwissen vorhanden. Wir machten damals schon ab und zu Aktionen für die Öffentlichkeitsarbeit, Kleber etc. Irgendwie hatte ich dann aber das Gefühl, dass man sich zu wenig Zeit nahm für die Brücke oder die Verbindung von den Bauern in die Stadt zu den Konsu-ment(innen). Und es gab noch keine professionelle Unterstützung.
Zur Person
Markus Rediger ist ETH-Agronom, hat einen Master of Ext. Education und einen Executive Master of Corporate Communication Management. 1998 wurde er Geschäftsführer des Landwirtschaftlichen Informationsdienstes, bei dem er ein Jahr zuvor als PR-Fachmann begonnen hatte. Zuvor war er u.a. Chefredaktor der «UFA-Revue». Von 2004 bis 2016 engagierte er sich im Präsidium der Agrarjournalisten-Weltverbands (IFAJ), davon 4 Jahre als Präsident
Sie haben Anfang 1997 beim LID begonnen, zuerst waren Sie für Schule auf dem Bauernhof zuständig, relativ schnell wurden Sie dann Geschäftsführer. Was hat Sie 26 Jahre beim LID gehalten?
Eigentlich dachte ich ursprünglich, ich würde immer nach zehn Jahren die Stelle wechseln (lacht). Die internationale Dimension gab dem Ganzen aber eine Tiefe und eine Weite, die die Arbeit immer wieder neu belebt haben, sei das mein Engagement bei der International Federation of Agricultural Journalists (IFAJ) gewesen, seien das andere Projekte gewesen, durch die ich andere Länder und die dortige Landwirtschaft sehen konnte. Darüber selbst zu publizieren oder die Informationen zu streuen, das hat es ausgemacht. Dann habe ich natürlich in der Kommunikation die ganze Entwicklung von reinem Print auf jetzt nur noch Digital mitgemacht.
Was waren für Sie die grössten Veränderungen in der Landwirtschaft in dieser Zeit?
In den 1990er-Jahren hat die Landwirtschaft einige wichtige Abstimmungen verloren, dazu kam der Umbau der ganzen Agrarpolitik. Dann hat man aber in der Kommunikation zugelegt, mit dem Start der Kampagne «Gut gibt’s die Schweizer Bauern» (heute «Schweizer Bäuerinnen und Bauern. Für dich.»). Die Messe-Auftritte wurden professionalisiert, dann wurde 1993 der 1.-August-Brunch national eingeführt. Prägend waren sicher der Umbau von garantierten Preisen auf freien Markt, die Einführung der Direktzahlungen, die Ökologisierung, Krisen wie BSE oder EHEC, der zu-nehmende Administrationsaufwand.
Warum braucht es den LID als neutrale Plattform für Information und Öffentlichkeitsarbeit, sei es für Medien, Schulen oder Konsumenten?
Diese Neutralität war uns in der Tat immer sehr wichtig. Wenn es um eine Abstimmung in Sachen Landwirtschaft geht, liefern wir natürlich Informationen, die helfen, das Ganze einzuordnen, aber wir sagen sicher nie Ja oder Nein. Für diese Neutralität musste ich manchmal auch kämpfen. Wir haben mittlerweile auch mehr Konkurrenz, der Schweizer Bauernverband hat die Mitarbeiterzahl in der Kommunikation mehr als verdoppelt, die SMP haben die Marketing- und Kommunikationsabteilung laufend ausgebaut. Sie sind in einem ähnlichen Feld tätig, aber sie haben natürlich eine andere Brille als wir, quasi die Verbandsbrille. Die Menschen mussten unsere spezielle Rolle auch verstehen lernen. Dass sie vielleicht nicht direkt einen Umsatzzuwachs in zwei Wochen sehen, wenn wir etwas kommunizieren, aber dass sich das in Zukunft positiv auf die ganze Land- und Ernährungswirtschaft auswirken kann, wenn wir Verständnis und Beziehungen schaffen. Wir haben einen guten Streueffekt, wenn Journalist(innen) und Lehrpersonen unsere Informationen übernehmen, den man mit bezahlten Inseraten kaum er-reichen würde.
Wie einfach fällt es Ihnen, pensioniert zu werden?
Ich denke, es wird gut gehen. Es stehen noch viele spannende Projekte an, nächstes Jahr findet der internationale Agrarjournalistenkongress in der Schweiz statt. Dann bin ich noch Präsident eines Tagungszentrums in der Nordwestschweiz. Dazu werden sicher noch weitere Aufgaben kommen, aber es ist mir wichtig, dass sie nicht zu ähnlich sind zu dem, was ich schon immer gemacht habe. Natürlich freue ich mich auch, mehr Luft zu haben, mehr Zeit für meine Familie, für die Enkelkinder, vielleicht auch mal wieder selbst Mähdrescher zu fahren, das ist in der Tat sehr lange her.
Was hat Sie mit Markus Rediger verbunden?
[IMG 2]Cooler Mensch mit warmem Herzen
Ich habe Markus 2005 zum ersten Mal auf dem Kongress der Internationalen Agrarjournalisten-Vereinigung (IFAJ) in Thun BE getroffen. Damals war er Kassier, aber fünf Jahre später wurde er auf dem Kongress in Stockholm (Schweden) zum IFAJ-Präsidenten gewählt. In den folgenden Jahren habe ich Markus als klugen, coolen und netten Menschen mit einem warmen Herzen kennengelernt. Er war für mich ein Vorbild, als ich das Amt übernommen habe. Markus hat Journalisten aus dem Ausland viele Gelegenheiten geboten, die Schweizer Landwirtschaft, Lebensmittel, Natur und Kultur zu erleben.
Lena Johansson, Präsidentin IFAJ
[IMG 4]«Brücken bauen ist wichtiger denn je»
Während gut 25 Jahren hat Markus Rediger als Geschäftsführer die Geschicke des LID erfolgreich geleitet und geprägt. Er hat zusammen mit seinem Team dieser kleinen, aber wichtigen Plattform zu einer hohen Anerkennung mit grosser Glaubwürdigkeit verholfen und sich gleichzeitig als sehr verlässlich erwiesen. In dieser Zeitperiode wurde auch die systematische Basiskommunikation für die Schweizer Landwirtschaft kreiert. Wohl niemand zweifelt heute an der Notwendigkeit dieser langfristigen Grundlagenarbeit, die darauf ausgerichtet ist, Brücken zu bauen, wo andere Gräben sehen.
Stephan Hagenbuch, Direktor SMP
[IMG 3]«Gemeinsame Vision»
Markus Rediger und ich sind einen langen Weg zusammen gegangen. Angefangen hat alles mit der Lancierung der Basiskommunikation von «Gut, gibt’s die Schweizer Bauern». Diese zeigt als «Schweizer Bäuerinnen und Bauern. Für dich» bis heute die Leistungen der Schweizer Landwirtschaft auf. Das Brückenschlagen zwischen Stadt und Land war unsere gemeinsame Vision. Für seinen Einsatz im letzten Vierteljahrhundert danken wir im Namen des SBV, aber auch der Bäuerinnen und Bauern ganz herzlich! Fast gleichzeitig verlassen wir die Bühne. Ich wünsche Dir für die Zukunft alles erdenklich Gute.
Urs Schneider, Stv. Direktor Schweizer Bauernverband