Agrarpolitik Keine Verschiebung des Schleppschlauch-Obligatoriums im Kanton Luzern Thursday, 4. November 2021 In diesen Tagen tut sich einiges hinter den Kulissen – beim Luzerner Bäuerinnen- und Bauernverband (LBV) und bei bäuerlichen Politikern. Dies weil der Luzerner Regierungsrat bestätigte, an der Einführung des Schleppschlauch-Obligatoriums auf 2022 festzuhalten, während der Bund den Aufschub bis 2024 beschlossen hat. Thomas Meyer von der Luzerner Dienststelle Landwirtschaft und Wald (Lawa) betonte aber, dass es 2022 keine strafrechtlichen Konsequenzen habe, wer den Schleppschlauch noch nicht einsetzen könne.

Ausnahmen für Kleinbetriebe

Abo Der Schleppschlauch wird ab 2022 obligatorisch, beim Umstieg gilt es einige Punkte zu beachten. (Bild BauZ) Gülle 6 Tipps für die Gülleausbringung mit dem Schleppschlauch Saturday, 24. July 2021 Gleichwohl gibt die unterschiedliche Ausgangslage in Luzern gegenüber andern Kantonen in einigen bäuerlichen Kreisen viel zu reden. Die Luzerner Haltung wird als Ungleichbehandlung kritisiert und dagegen müsse politisch opponiert werden, finden die einen, wie LBV-Präsident Markus Kretz gegenüber der BauernZeitung bestätigt. Er habe vor allem von älteren Betriebsleitern sowie extensiv wirtschaftenden oder kleinflächigen Betrieben mit coupiertem Gelände im Hügel- und Berggebiet viele kritische Reaktionen erhalten. Die Beschaffung der teuren Geräte sei nicht möglich, nicht zumutbar oder die Anwendung unverhältnismässig. «Ich nehme diese Anliegen ernst und setze mich für diese Betriebe ein», betont Markus Kretz. Es brauche mehr Ausnahmen für Benachteiligte und vor allem brauche es rasch mehr Klarheit zu den Ausnahmegesuchen für 2022. Dem Vernehmen nach finden in diesen Tagen Gespräche mit der zuständigen Dienststelle und mit Umweltverbänden statt, um gemeinsame Lösungen zu finden. 

Bekannt und verbreitet

Anderseits gibt es auch nicht wenige Bauern, welche die Aufregung und die Kritik nicht verstehen. Dies weil die Anwendung des Schleppschlauches doch gerade im Luzernbiet schon weit verbreitet sei, viele Geräte vorhanden und teils noch schwach ausgelastet sind, die Einführung des Obligatoriums auf 2022 im Kanton schon seit längerer Zeit bekannt ist und Luzern grundsätzlich gefordert sei, als Ammoniak-Hotspot mehr zu tun als andere Kantone. Schon heute wird gemäss Lawa rund 50 Prozent der Gülle mit dem Schleppschlauch ausgebracht. 2021 wurden Förderbeiträge für rund 100 000 ha so begüllte Fläche ausbezahlt. Dabei sei zu beachten, dass bis vier Güllegaben auf der gleichen Fläche entschädigt werden. Das erschwere eine Flächenübersicht, sagt Thomas Meyer.

Genügend Geräte

Laut Berechnungen seien rund 70 Prozent der Luzerner Betriebe von der Schleppschlauch-Pflicht betroffen. 60 Prozent dieser Betriebe würden schon heute Schleppschlauchverteiler einsetzen. Das seien knapp 2000 Betriebe oder 50 Prozent der Direktzahlungsberechtigten. Das Lawa schätzt, dass im Kanton schon heute mehr als 1000 Schleppschlauchverteiler im Einsatz sind. Wenn vier Bauern je ein Gerät teilen würden, gäbe es somit schon genügend für alle Pflichtigen.

«Wir schätzen, dass es 1000 Geräte gibt.»

Thomas Meyer über die Anzahl Schleppschlauchverteiler im Kanton Luzern.

Thurgau auch ab 2022

In Thurgau, ebenfalls ein Ammoniak-Hotspot, hat übrigens der Regierungsrat am Montag beschlossen, an der ebenfalls bereits kommunizierten Einführung des Obligatoriums auf 2022 festzuhalten. Dies, wie im Kanton Luzern, ebenfalls aufgrund des kantonalen Massnahmenplans Ammoniak.

Thomas Wiederkehr, Leiter Zuger Landwirtschaftsamt und Vorsitzender der Konferenz der Landwirtschaftsämter Zentralschweiz erklärt auf Anfrage, dass die Kantone bereit gewesen wären mit der Einführung des Obligatoriums auf 2022. «Die Bedingungen sind bekannt und meist schon kommuniziert, die digitalen Karten bereit, worauf die Bauern im Rahmen der Strukturdatenerhebung im Februar sehen werden, welche Flächen pflichtig sind.»

Zug wartet zu

Die Bauern hätten nun Zeit, sich entsprechend auf den scharfen Vollzug ab 2024 vorzubereiten, erklärt Wiederkehr. Im Kanton Zug hätte zwar die Regierung auch die Möglichkeit, im Rahmen des Massnahmenplans Ammoniak ein Obligatorium für den Schleppschlaucheinsatz bereits auf 2022 einzuführen, werde das aber nicht machen, weiss Wiederkehr.

«Wir nehmen die Anliegen der Bauern ernst.»

LBV-Präsident Markus Kretz hat viele Reaktionen aus dem Berggebiet erhalten.

Uri will Einsatz des Schleppschlauches auch in Hanglagen fördern                                                   
Schon in den vergangenen Jahren setzten gegen 80 Betriebe im Kanton Uri aufgrund des nun abgeschlossenen Ressourcenprogramms des Bundes den Schleppschlauch ein und begüllten damit (teils mehrmals jährlich) eine Fläche von gegen 2500 ha. Das seien 60 bis 70 Prozent der künftig aufgrund des Obligatoriums pflichtigen Fläche, schätzt Damian Gisler vom Amt für Landwirtschaft.                                                                                                                                             

Förderprogramm ab 2022                                                                                                                                   
Unabhängig der Verschiebung des Obligatoriums durch den Bund auf 2024 hat der Regierungsrat schon Ende Oktober die Absicht bekannt gegeben, ein kantonales Förderprogramm einzuführen. Ab Budget 2022 sollen dafür jährlich 100 000 Franken bereitgestellt werden. Das Geschäft muss allerdings demnächst noch im Landrat beschlossen werden. Abgeholt werden mit dem Förderprogramm vor allem jene Betriebe, welche nicht dem Bundesobligatorium gemäss Luftreinhalteverordnung unterstehen würden. Etwa Betriebe unter 3 ha oder mit Hangneigungen über 18 Prozent. Und solche gebe es aufgrund der speziell kleinflächigen Strukturen viele im Kanton, sagt Damian Gisler.

Rückgang Viehbestände                                                                                                                                                 
Zwar habe die Urner Landwirtschaft schon viel zur Reduktion der Ammoniakemissionen beigetragen. Geschätzt wird, dass sich diese in den letzten 20 Jahren um 17 Prozent reduziert haben. Und seit dem Jahr 2000 seien die Urner Viehbestände um 20 Prozent gesunken. «Im Gegensatz zu andern Kantonen mit viel grösseren Ammoniakproblemen wurde der Rückgang beim Rindvieh bei uns nicht durch Aufstockungen bei Schweinen oder besonders Geflügel kompensiert», erklärt Damian Gisler. Dennoch sollen die Umweltziele im Bereich Ammoniak weiter verfolgt werden, schrieb die Regierung in einer Medienmitteilung. Im Vordergrund stünden neben baulichen Massnahmen zur Optimierung der Ställe und Güllelager Anpassungen bei der Hofdüngerausbringung. Um grösstmögliche Wirkung zu erzielen, sollen Massnahmen wie der Einsatz des Schleppschlauches möglichst flächendeckend umgesetzt werden, «auch in topografisch anspruchsvolleren Lagen».

Technik für Hanglagen                                                                                                                                                       
Weil solche Lösungen in der Ausbringtechnik für die kleinstrukturierten Urner Betriebe aber mit hohen Kosten verbunden sind, sollen mit dem neuen Programm finanzielle Anreize geboten werden. «Damit soll die Düngung mit dem Schleppschlauch auf Flächen, die aufgrund der Kriterien von der Pflicht entbunden sind, aber technisch düngbar sind, attraktiv gemacht werden.» Sobald die notwendige Technik vorhanden sei, sollen deshalb auch Flächen über 18 Prozent Hangneigung vermehrt mit dem Schleppschlauch begüllt werden.