«Wir reden im Parlament nur über die Produktion, aber kaum über den Markt oder andere Akteure der Wertschöpfungskette», bemängelt Sophie Michaud Gigon. Die Waadtländer Grünen-Nationalrätin ist Direktorin der Westschweizer Konsumentenorganisation Fédération romande des consommateurs (FRC) und hat von ihrer Kollegin Isabelle Pasquier-Eichenberger eine Parlamentarische Initiative übernommen. Diese Pa. Iv. verlangt eine «wirksame Preisüberwachung in der Lebensmittelkette» und damit genau das, was laut Michaud Gigon im Moment politisch vernachlässigt wird.

Margen veröffentlichen für bessere Verhandlungen über Preise

«Obwohl man beschlossen hat, mit der AP 30 + die ganze Wertschöpfungskette in den Blick zu nehmen», doppelt die Nationalrätin nach. Ihre Pa. Iv. fordert eine Marktbeobachtungsstelle, die Margen auf diversen Stufen für Standard- und Labelprodukte veröffentlicht. In der Marktbeobachtung sollen die landwirtschaftliche Produktion, Verarbeitung, Industrie, Handel und Konsumentenorganisationen wie die FRC vertreten sein. Unter Einbezug von Forschenden sei das Vorgehen für die Marktanalyse und eine von allen Akteuren anerkannte Methode festzulegen. Das Ziel des Ganzen sind bessere Grundlagen für die Verhandlungen über Referenzpreise der Branche und Preisverhandlungen im Allgemeinen. Das sieht Michaud Gigon als wichtigen ersten Schritt, um für bessere landwirtschaftliche Einkommen zu sorgen. Nach fünf Jahren wird Bilanz gezogen zur Arbeit der Marktbeobachtung, so die Forderung.

Vorschläge zusammen mit landwirtschaftlichen Verbänden erarbeitet

Am Anfang der Pa. Iv. standen die aufwändigen Recherchen der FRC und der Zeitung «le Temps», die hohe oder unerklärbare Margen in der Lebensmittelkette mit harten Zahlen öffentlich anprangerten. Es folgten Untersuchungen des Preisüberwachers über Bioprodukte mit ähnlichen Ergebnissen. «Wir haben die Vorschläge in der Pa. Iv. zusammen mit landwirtschaftlichen Verbänden erarbeitet», schildert Sophie Michaud Gigon. Die Bauernproteste und Gespräche mit Bäuerinnen und Bauern zeigten klar, dass Handlungsbedarf besteht, findet sie. «Ich bin der Meinung, dass Landwirt(innen) vor allem von ihren Markterlösen und nicht in erster Linie von an Vorschriften gekoppelten Direktzahlungen des Bundes leben können sollten». Diese Ansicht teilten ihrer Erfahrung nach viele Praktiker(innen). Es gehe auch um fairen Wettbewerb, der dank anonymisierter Daten zu den Margen ermöglicht würde.

Im Parlament kommen immer diverse Vorstösse durch, die etwa die Milchwirtschaft via angepasste Verkäsungszulage unterstützen oder höhere Beiträge für die Bewirtschaftung von Steilhängen fordern – also die Einkommen durch Bundesgelder verbessern wollen. Die Pa. Iv. zur Marktbeobachtung hingegen drohe – nach drei Jahren politischen Ringens – in Kürze im Ständerat zu scheitern.

Der Nationalrat war dafür, der Ständerat aber klar dagegen

«Sowohl die nationalrätliche Kommission als auch der Nationalrat selbst waren klar dafür», erinnert sich Sophie Michaud Gigon. Die Ständeratskommission hat sie jedoch mit erdrückender Mehrheit abgelehnt. Ihr geht der Vorstoss zu weit. Sie plädiert dafür, die Verbesserung der Preisbeobachtung und die gerechte Verteilung der Wertschöpfung in der Lebensmittelkette im Rahmen der AP 30 + weiterzuverfolgen.

Gleichzeitig an neuer Marktbeobachtung und der AP 30 + arbeiten

Das gehe parallel zueinander, findet die FRC-Direktorin. Zumal die Umsetzung der Pa. Iv. einige Zeit in Anspruch nehmen werde. «Aber es wäre auf jeden Fall ein wichtiges Signal in die richtige Richtung», ist sie überzeugt. Auf der anderen Seite wäre die Botschaft einer Ablehnung fatal, warnt Sophie Michaud Gigon «Das würde heissen, dass der Markt quasi egal ist und mehr Transparenz kein Muss.» Das Bewusstsein für die Bedeutung dieses Anliegens sei bei Westschweizer Parlamentarier(innen) derzeit grösser als bei ihren Deutschschweizer Kollegen. Um eine bessere Marktbeobachtung aber zum Fliegen zu bringen, braucht es das Engagement aller bäuerlichen Vertreter. Mit Markus Ritter, Kilian Baumann, Christine Badertscher, Alois Huber und Jacques Nicolet haben diverse bäuerliche Nationalrät(innen) das Anliegen mitunterzeichnet.

Doch nun liegt es am Ständerat. Die Beratung ist für den 24. September 2025 vorgesehen.