Die Regulation von Wildschweinbeständen ist laut dem Dachverband der Schweizer Jägerschaft Jagd Schweiz «eine der grössten Herausforderungen der heutigen Jagd». Sie sei aber notwendig, auch damit Schäden in der Landwirtschaft tragbar bleiben. In der Tendenz nehmen die Wildschweinbestände hierzulande zu, das Schwarzwild profitiert von milden Wintern und gutem Futterangebot. Damit wächst das Konfliktpotenzial mit den mehrheitlich nachtaktiven Wildtieren. Angesichts dieser Umstände scheint das Verbot für nächtliches Jagen im Wald zu einem denkbar schlechten Zeitpunkt zu kommen.
Ausnahmen mit Bewilligung
In der neuen Jagdverordnung (JSV), die am 1. Februar 2025 in Kraft getreten ist, verbietet Artikel 3 die Jagd im Wald während der Nacht. Ausgenommen ist die Passjagd (abpassen von Füchsen). Für die Verhütung von Wildschäden können Kantone Ausnahmen vorsehen, so die JSV.
Dieses Nachtjagdverbot habe grosse Auswirkungen auf die Wildschweinregulierung, schrieb kürzlich die Luzerner Zeitung. Die Jagdverbände der Kantone Aargau, Baselland und Solothurn haben sich mit einem Schreiben an die jeweilige Jagdverwaltung gewandt und bitten um eine «koordinierte und pragmatische Umsetzung der Möglichkeit, zur Verhütung von Wildschäden das Nachtjagdverbot zweckmässig zu lockern.» Rainer Klöti, Präsident von Jagd Aargau gibt sich im Newsletter des Verbands zuversichtlich, dass dem stattgegeben wird.
In der Vernehmlassung haben weder Jagd- noch Bauernverbände zum Nachtjagdverbot Stellung genommen, da dieser Artikel gar nicht vom Bund zur Debatte gestellt worden ist.
Vorschlag der KWL
Vielmehr kam der Vorschlag von der Konferenz für Wald, Wildtiere und Landschaft (KWL). «Die Nacht gehört dem Wild», so deren Argumentation. Um Störungen der Wildtiere in der Nacht zu vermindern, sei für den öffentlichen Jagdbetrieb ein eidgenössisches Nachtjagdverbot im Wald zu formulieren. Dies mit allenfalls entsprechenden kantonal bewilligten Ausnahmen für die nächtliche Jagd auf gewisse Arten z. B. auf Landwirtschaftsflächen. Dieser Vorschlag hat nun Eingang in die JSV gefunden.
Würde es denn reichen, Wildschweine allein durch Abschüsse ausserhalb des Waldes zu regulieren? «Wenn es gereicht hätte, wären die Abschüsse im Wald gar nicht nötig geworden», gibt Sandra Helfenstein vom Schweizer Bauernverband (SBV) zu bedenken. In einer Broschüre empfiehlt Jagd Schweiz die Kombination verschiedener Jagdarten, darunter die Bewegungsjagd im Wald, die allerdings am Tag stattfindet. Sie gilt als organisatorisch aufwändig, aber sehr effizient: Laut Broschüre können damit in kurzer Zeit viele Tiere erlegt werden. Das kommt dem Grundsatz der kleinstmöglichen jagdlichen Störung des Lebensraums entgegen.
Mit dem Nachtjagdverbot sei eine unnötige administrative Schikane von den Verwaltungen eingeführt worden, kritisiert der SBV. Ein nicht vorhandenes Problem werde neu administriert.
Tiefere Bestände gegen Schäden
Eine Möglichkeit, politisch etwas zu einer Verbesserung der Lage beizutragen, besteht nach Meinung des SBV aber «auf jeden Fall». «Die Regelung war nicht in der Vorlage für die Vernehmlassung und daher hat sich keine Organisation zu einem solchen Verbot geäussert. So kann normalerweise keine Verordnungsänderung erlassen werden», sagt Sandra Helfenstein. Für einen effektiveren Schutz von Landwirtschaftsflächen brauche es nicht mehr Massnahmen wie Zäune, sondern tiefere Schwarzwildbestände. «Denn Wildschweine können neben Schäden an Kulturen auch die klassische oder afrikanische Schweinepest verbreiten.» Bezüglich Zäunen stelle sich die Frage, ob man im ganzen Land jede Fläche je nach zu erwartendem Schaden (Wolf, Biber, Wildsau,…) einzäunen wolle.