Die Debatte um die Einführung von Lenkungsabgaben in der Landwirtschaft erreicht eine neue Ebene: Nach dem Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) gerät nun auch die Beratende Kommission für Landwirtschaft (Beko) ins Fadenkreuz der Kritik. In einem Appell vom 25. März lässt die IG Bauernunternehmen, die sich die Befreiung der produzierenden Landwirtschaft von staatlichen Fesseln auf die Fahnen geschrieben hat, kein gutes Haar an der vom Bundesrat einberufenen Expertenkommission. «Die Beko verkommt zum Steigbügelhalter der Verwaltung», heisst es in dem Schreiben. Die Bauern-Unternehmer fordern sogar, dass der Bundesrat die personelle Zusammensetzung der Beko ändert. «Eine echte Interessenvertretung für die produzierende Landwirtschaft sieht anders aus», moniert die Gruppe.
Anlass für die Schelte gab eine Medienmitteilung der Beko vom 24. März. Darin äusserte sie sich unter anderem zum heissen Eisen Lenkungsabgaben – oder «Ressourceneffizienzanreize», wie diese in der Sprache der Experten genannt werden. Darunter versteht man Abgaben auf Produktionsmittel wie Kunstdünger oder Pflanzenschutzmittel, die gezielt an die Landwirtschaft rückerstattet werden sollen. Die grosse Mehrheit der Beko sieht darin laut ihrer Medienmitteilung zur Sitzung vom Februar «eine Option, die fundiert geprüft werden soll». Dabei müsse insbesondere geklärt werden, ob und in welchem Ausmass sie sich zur Erreichung der gesetzten Ziele eignen.
«Prüfen, nicht einführen»
Beko-Präsident Markus Zemp weist den Vorwurf, dass die Beko den Vorschlägen der Verwaltung unkritisch gegenüberstehe, zurück. «Die Kommissionsmehrheit hat nicht gesagt, man solle dieses Instrument einführen, sie hat gesagt, man solle dieses Instrument prüfen», betont er. Das sei durchaus nicht dasselbe.
Weiter verweist Zemp auf andere Punkte in der Stellungnahme, mit denen die Beko den Betrieben den Rücken stärke: «Die Beko legt grossen Wert darauf, dass die Landwirtschaftsbetriebe als eigenständige Unternehmen ihre betriebliche Ausrichtung und die beste Wertschöpfung am Markt selbst bestimmen können», heisst es dort weit oben im Text. Und: «Dazu benötigen sie keine staatlichen Vorgaben.» Insgesamt fordert die Beko eine Vereinfachung der agrarpolitischen Instrumente und eine Reduktion des administrativen Aufwandes für die Betriebe, dies aber ohne einen Rückgang des Agrarbudgets. Allerdings hält die Beko auch fest, der ökologische Fussabdruck sei weiter zu reduzieren.
Eine Vereinfachung des Direktzahlungssystems bei gleichzeitigem Hochhalten der ökologischen Ziele wäre aus Sicht der Beko «die stärkere Ausrichtung der Direktzahlungen auf Ergebnisse mithilfe geeigneter Indikatoren». Und hier bringt sie eben auch die Lenkungsabgaben ins Spiel.
«Betriebsfremde Ansichten»
Zumindest bei einem Teil der Landwirtschaft scheint das Vertrauen aber dahin zu sein. Statt Feinkorrekturen am Direktzahlungssystem fordert die IG Bauernunternehmen ganz konkret die Abschaffung «produktionsmindernder Auflagen». Mit der AP30+ passiere aber das Gegenteil: «Trotz grosser Unterstützung innerhalb der Bevölkerung und an der Urne bastelt die Verwaltung an weiteren Hürden und fachfremden Einschränkungen weiter», kritisiert sie. Wie weit entfernt von der «Produktionsfront» die Verwaltung mittlerweile sei, habe sich bei der Umsetzung der Digitalisierungsstrategie gezeigt. Systeme wie Digiflux zeugten von «betriebsfremden Ansichten».
Die Zusammensetzung der Beko wird damit nicht zum ersten Mal zum Politikum. Auch von linker Seite wurde dem Bundesrat schon Unausgewogenheit vorgeworfen. So kritisierte SP-Nationalrätin Martina Munz in einer im März 2024 eingereichten Interpellation, dass sechs der 14 Mitglieder «direkt oder indirekt bei den marktmächtigen Unternehmungen Migros, Coop, Emmi und Fenaco» beschäftigt seien. Munz verlangte aber nicht mehr Vollgas-Produzenten, sondern Personen mit Hintergrund «Ökologie, Tierwohl, Soziales/Fairness». Der Bundesrat hielt in seiner Antwort fest, dass die Mitglieder von der Landesregierung aufgrund ihrer Person gewählt werden, um «losgelöst von ihren beruflichen Interessen ihre Expertise und Erfahrungen einzubringen.»
Die Mitglieder der Beko
Am 27. Februar trat die vom Bundesrat neu zusammengesetzte Beratende Kommission für Landwirtschaft zum ersten Mal zusammen, um den Prozess zur Erarbeitung der Agrarpolitik ab 2030 (AP30+) zu diskutieren. Die früher siebenköpfige Kommission wurde für die Legislatur 2024–2027 um sieben weitere Mitglieder ergänzt. Es sind dies:
- Christof Dietler (Interessengemeinschaft Agrarstandort Schweiz IGAS),
- Robert Finger (ETH Zürich),
- Manuel Hauser (Emmi Schweiz),
- Salome Hofer (Coop),
- Peter Spring (Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften HAFL),
- Eva Wyss (Dienststelle Umwelt Stadt Biel) und
- Michelle Wyss (Schweizer Bauernverband SBV).
Präsident der Kommission ist wie schon in den zwei vorhergehenden Legislaturperioden
- Alt-Nationalrat Markus Zemp (Proviande), Vizepräsidentin ist
- Geneviève Gassmann (Fenaco).
Weitere bisherige Mitglieder sind:
- Anne Challandes (SBLV)
- Sem Genini (SBV)
- Jürg Maurer (IGAS)
- Sara Stalder (Verein Qualitätsstrategie VQS)
- Silvia Thalmann-Gut, Konferenz der kantonalen Landwirtschaftsdirektoren (LDK)
- Die Beko ist eine ausserparlamentarische Kommission, die dem Bundesrat beratend zur Seite steht. Im Gegensatz zu parlamentarischen Kommissionen greifen ausserparlamentarische Kommissionen nicht direkt in den Gesetzgebungsprozess ein.

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