«Letztlich soll der Markt entscheiden.» Mit diesem letzten Satz brachte der bäuerliche SVP-Kantonsrat Willi Knecht in einem Bericht in der «Luzerner Zeitung» mit dem Titel «Bauernpolitiker liegen sich in den Haaren» wohl auf den Punkt, womit mit ihm alle einig sind. Sein Leserbrief «Hiobsbotschaft für die Landwirtschaft», breit gestreut in den Medien sorgte für einige Reaktionen. Die SVP sei die einzige Partei, welche sich für eine produzierende Landwirtschaft einsetze, hiess es darin. Dies, weil nur sie als einzige Partei im Kantonsrat bei der Beratung des Klimaberichts die von der Regierung geplante Massnahme «Reduktion Tierbestand» einstimmig ablehnte.
Klarstellung der Parteien
Diese Behauptungen liessen die Parteien FDP und Die Mitte nicht auf sich sitzen. In einer gemeinsamen Medienmitteilung «Perspektiven für die produzierende Landwirtschaft» pochten sie auf «Fakten-Tatsachen-Klarstellung». Darin betonen die Landwirte und Kantonsräte Martin Birrer (FDP) und Hanspeter Bucheli (Die Mitte), dass sich beide Parteien mit Nachdruck und aus Überzeugung für den Klimabericht einsetzen würden, welcher die Landwirtschaft beim Ziel Netto-Null-2050 schone und Lösungen suchen wolle, um die Einkommen der Landwirtschaft zu erhalten. Die Behauptung der SVP, eine Reduktion der Tierbestände fördere den Fleischimport, sei irreführend. Der Klimabericht wolle ja gerade dies verhindern, indem explizit der Selbstversorgungsgrad gesteigert und gleichzeitig das Konsumverhalten verändert werden soll.
Lösungen suchen
Zwar haben auch die bäuerlichen Kantonsräte von FDP und Die Mitte den Antrag der SVP auf Streichung der Massnahme Reduktion Tierbestände bei der Abstimmung unterstützt, dieser unterlag aber deutlich mit 71 Nein zu 28 Ja.
Der Antrag der SVP sei eigentlich aus dem Zusammenhang gerissen gewesen. Als Bauer könne man sich doch nicht dagegen sträuben, wenn die Regierung mit ihrer Massnahme eine Überprüfung der Tierbestände anstrebe, liessen Bucheli und Birrer in der «Luzerner Zeitung» verlauten. Diesen Passus habe aber die SVP streichen wollen. Eine allfällige Reduktion der Tierbestände dürfe aber nicht zu einer Verlagerung der Emissionen in andere Regionen führen. Und zudem sollen der Markt und der Konsum die Höhe der Produktion bestimmen. Diese Haltung vertritt im Übrigen auch der Luzerner Bäuerinnen- und Bauernverband.
«Wir unterstützen die Regierung im Willen, nach Lösungen zu suchen», heisst es in der Mitteilung der Parteien. Die Landwirtschaft könne aber nicht einfach wegsehen, wenn auch andere Branchen aufgrund des Klimaberichts gefordert seien.
Das steht im Klimabericht
Die Schweizer Landwirtschaft verursacht 13 Prozent der Treibhausgasemissionen, im Kanton Luzern gar ein Viertel. Davon fallen mehr als die Hälfte auf die Nutztierhaltung, vor allem auf das Rindvieh. Die Reduktionspotenziale in der Produktion sind aber aufgrund der biochemischen Prozesse in der Tierhaltung und Pflanzenproduktion beschränkt.
Nur Halbierung bis 2050
Deshalb wird in der Landwirtschaft bis 2050 nur eine Halbierung der Emissionen angestrebt. Netto Null wäre nur mit einer weitgehenden Aufgabe der Tierhaltung zu erreichen, womit Emissionen in andere Regionen verlagert würden, was nicht zielführend sei. Eine der Stossrichtungen zur Reduktion sei treibhausgasarme Produktionstechnik wie stickstoffoptimierte Fütterung, optimierte Güllelagerung und Hofdüngerbewirtschaftung, oder auch Erhöhung der Laktationen bei Milchkühen.
Eine weitere Stossrichtung ist die treibhausgasarme Produktionsstruktur. Dabei sollen Möglichkeiten aufgezeigt werden zur Weiterentwicklung von Betrieben, welche aus der intensiven Tierhaltung aussteigen möchten. Es soll ein Programm entwickelt und umgesetzt werden zur Emissionsbegrenzung durch Reduktion der Tierhaltung, beispielsweise durch extensivere Produktionsformen wie Biolandbau oder Alternativen wie Spezialkulturen, dies im Gleichschritt mit Emissionsreduktion im Konsum.
Konsumveränderung nötig
Bei der Beurteilung der vorgeschlagenen Massnahmen im Klimabericht wird darauf hingewiesen, dass Strukturanpassungen, namentlich die schrittweise Reduktion der Tierzahlen, im Einklang mit Konsumveränderungen, vorausschauend zu planen und sozialverträglich zu gestalten sind. «Die Reduktion der Tierhaltung soll dabei nicht zu einer Verlagerung der Emissionen in andere Regionen führen, sondern durch eine parallele Anpassung des Konsums mit einer Erhaltung oder gar Erhöhung des Versorgungsgrades mit lokal produzierten Lebensmitteln verbunden sein.»
