Seit Jahren sind sie vielerorts und teils monatelang an Gebäuden zu sehen: Fahnen für die Konzernverantwortungs-Initiative, für die Gletscher-Initiative, für den Frieden in der Ukraine, für IP-Suisse-Produkte, gegen die geplante Strasse Spange Nord in der Stadt Luzern. Die nun von den Bauern in der ganzen Schweiz bereits aufgehängten Fahnen gegen die Massentierhaltungs-Initiative sollen im Kanton Luzern aber illegal sein.

Vollzug Reklameverordnung

An verschiedenen Orten hat die Luzerner Polizei in den vergangenen Wochen dazu aufgefordert, solche Fahnen wieder zu entfernen. Die würden gegen die kantonale Reklameverordnung verstossen. Darin sei festgelegt, dass solche Reklamen nicht zulässig seien. Bei Nichtbefolgen der Forderung wird mit einem Strafverfahren gedroht. Beim Luzerner Bäuerinnen- und Bauernverband (LBV) lösten die Meldungen Empörung und Kopfschütteln aus.

Rechtsgutachten vom SBV

Kampagnenleiterin und LBV-Vorstandsmitglied Hella Schnider, gleichzeitig Gemeindepräsidentin von Flühli, liess beim Schweizer Bauernverband (SBV) ein juristisches Gutachten erstellen. Darin wird auf ein abgewiesenes Postulat und anschliessenden Beschluss des Stadtrates von Luzern verwiesen, wonach das Recht auf Meinungsfreiheit hoch zu gewichten sei. Eine konsequente Durchsetzung der Reklameverordnung sei gemäss Stadtrat bei politischen Fahnen und Plakaten unverhältnismässig, insbesondere, wenn damit weder die Verkehrssicherheit, das Orts- und Landschaftsbild, die Kultur- und Naturdenkmäler noch Aussichtspunkte beeinträchtigt würden. Erwähnt wird vom SBV auch, dass landesweit solche Fahnen auf privatem Grund an Gebäuden und Ställen toleriert würden.

Für sechs Wochen zulässig

Der LBV hat letzte Woche in einem Informations-Mail an die Luzerner Landwirte auf die Situation hingewiesen und Empfehlungen herausgegeben. «Solche Fahnen sollten nicht von vornherein demontiert werden.» Falls aber von der Polizei Aufforderungen eingehen, diese zu entfernen, empfiehlt der LBV, das zu tun. Sechs Wochen vor der Abstimmung, das heisst konkret bei der Massentierhaltungs-Initiative also ab Mitte August, seien solche politischen Meinungsäusserungen aber ohnehin gestattet und dürften ohne rechtliche Konsequenzen an Gebäuden aufgehängt werden.

Exponierte Fahnen entfernen

Exponierte Fahnen, welche nicht an Gebäuden hängen, seien jetzt aber sofort zu entfernen, empfiehlt der LBV. Erfolge dies nicht und es entstehen daraus Strafanzeigen und Kosten, würden diese nicht übernommen und es werde vom LBV auch keine rechtliche Unterstützung gewährt.

Polit-Vorstösse geplant

Fahnen an privaten Gebäuden, wo die Zustimmung des Eigentümers vorliege, könnten aber hängen bleiben. Allfällige Strafanzeigen deswegen seien an den LBV weiterzuleiten, mit einem Rechtsanwalt würden die weiteren Schritte geklärt. Der SBV hat rechtliche und finanzielle Unterstützung zugesichert.

Dem Vernehmen nach wurde das Thema auch schon auf der politischen Ebene platziert und von Luzerner Kantonsräten sind bereits politische Vorstösse geplant, mit dem Ziel, diese Reklameverordnung anzupassen. Grundsätzlich müsse wohl die Auslegung der Reklameverordnung hinterfragt werden, wenn diese von einzelnen Polizisten so spitzfindig ausgelegt werde, findet auch Kampagnenleiterin Hella Schnider.

Aus anderen Kantonen sind derzeit keine solchen Aufforderungen zum Entfernen der Fahnen gegen die Massentierhaltungs-Initiative bekannt.