Im Kanton Zürich werden die Schutzzonen rund um die Grundwasserfassungen neu überprüft. «Dabei werden sie oft grosszügig ausgedehnt», kritisiert Ruth Büchi-Vögeli, SVP-Kantonsrätin aus Elgg. Sie will wenigstens für ausgleichende Gerechtigkeit sorgen und reichte mit Sandra Bossert (SVP) und Konrad Langhart (Die Mitte) eine Motion ein, worin sie die Regierung auffordert, ein Entschädigungsreglement für Nutzungseinschränkungen in Quell- und Grundwasserschutzzonen auf die Beine zu stellen.
26 ha für Schutzzonen
Weder in Stammheim, wo Konrad Langhart zu Hause ist, noch in Wädenswil, wo Sandra Bossert wohnt, gibt es ein Entschädigungsreglement. Eine der wenigen lobenden Ausnahmen ist Elgg. «Wir haben dies 2018 eingeführt, als das Grundwasserpumpwerk Ritschberg verlegt werden musste», erzählt Ruth Büchi. Die Schutzzone 1 rund um das Pumpwerk in Elgg ist eingezäunt und gehört der Gemeinde. Die Schutzzone 2 (S2) um das neue Pumpwerk umfasst rund 6 ha sowie rund 20 ha in der erweiterten Schutzzone (S3).
«Durch die neue Schutzzonenregelung waren mehrere Landwirte in ihrer Bewirtschaftung eingeschränkt», sagt Ruth Büchi, die auch Gemeindepräsidentin von Elgg ist. Am härtesten traf es die Familie Kupper vom Hobüel-Hof. Rund ein Fünftel der 45 ha war von Nutzungseinschränkungen und Mindererträgen betroffen. «Wir vom Gemeinderat fanden, dass der Betrieb entschädigt werden müsse», erinnert sich Büchi. So stellte die Gemeinde ein Entschädigungsreglement auf die Beine.
Heute zahlt die Gemeinde Elgg bei Quell- und Grundwasserschutzzonen für die Rechtseinräumung und für eine Vertragsdauer von 25 Jahre eine einmalige Abfindung an die Grundeigentümer – was im Grundbuch eingetragen ist. Die Entschädigung für den Mehraufwand und den Ertragsausfall in der S2 und S3 wird jährlich an den Bewirtschafter ausbezahlt und ist für die Dauer von zehn Jahren festgelegt. Danach wird die Entschädigung überprüft und allenfalls angepasst.
Für Fairness sorgen
Ruth Büchi weiter: «Sobald S2 und S3 vom Kanton definitiv festgesetzt sind, werden die Vereinbarungen erstellt.» Betriebsleiter Christof Kupper mischt sich ein: «Es ist eine gute Sache, dass alle Grundeigentümer und Bewirtschafter gleichbehandelt werden, ob die betroffene Fläche klein oder gross ist. Das sorgt für Fairness.» Kuppers betreiben auf ihrem 45-ha-Betrieb nach Biorichtlinien Ackerbau, halten 25 Milchkühe plus fünf Ammenkühe (muttergebundene Kälberaufzucht), vier Pensionspferde und verfügen über einen Mobilstall mit 200 Legehennen. Sie verkaufen ihre Produkte im Hofladen, wo auch der Milchautomat installiert ist.
Durch die Auflagen in den Schutzzonen S2 und S3 sind Kuppers mehrfach betroffen. «Nicht nur im Ackerbau, sondern auch im Futterbau braucht es Nährstoffe. Wir sind im Bio schon sehr eingeschränkt, was Stickstoffgaben betrifft, aber wenn dazu noch Einschränkungen bei den Hofdüngern kommen, wird es schwierig», sagt Christof Kupper. So gilt in der Schutzzone 2 ein Gülleverbot und Stallmist darf jährlich nur mit zwei Gaben à 20 t/ha ausgebracht werden. Die eine Parzelle von Christof Kupper ist zum grösseren Teil in der Schutzzone, sodass es sich für ihn auch nicht lohnt, den übrig gebliebenen Teil zu güllen.
«Wir müssen laufend die Fruchtfolge anpassen und bauen dort vor allem extensive Kulturen wie Urdinkel an», sagt er. Auf einer Parzelle haben sie eine Luzerne-Gras-Mischung angesät. Luzerne sorgt mit ihren Knöllchenbakterien für die Nährstoffzufuhr. Auf einer anderen S2-Parzelle baut er dieses Jahr Soja an, wo durch die Stickstofffixierung auch die Folgekultur profitieren kann.
Weiden kann er auf der S2-Fläche, aber es besteht ein Verbot von Weidetränken. In der S2 dürfen die Hühner nur weiden, das Hühnermobil darf aber nicht abgestellt werden. Auf den S3-Flächen darf er den Mobilstall kurzfristig – aber insgesamt nur für fünf Wochen im Jahr – auf diese Flächen verstellen. «Auf diesen Flächen verstellen wir den Mobilstall wöchentlich, damit die Grasnarbe intakt bleibt», sagt er.
In der Schutzzone 3 befindet sich auch das Güllenloch. «Dort müssen wir alle fünf Jahre eine Dichtigkeitskontrolle durchführen lassen», sagt Kupper.
Hoffen auf Zustimmung
Christof Kupper hofft, dass der Kantonsrat die Motion Büchi unterstützt, sodass seine Berufskollegen im ganzen Kanton von einer einheitlichen Regelung und Abgeltung profitieren können.
Was die Kantonsratsdebatte betrifft, ist Ruth Büchi vorsichtig optimistisch. Hinter sich weiss sie die SVP, Die Mitte und die GLP. Wie sich die übrigen Parteien verhalten, sei noch nicht absehbar, insbesondere da der Zürcher Regierungsrat gegen die Motion ist. Nutzungseinschränkungen seien durch ein erhebliches öffentliches Interesse begründet und vom Gesetz her sei keine Entschädigung vorgesehen, lautet das Credo der Regierung. Weiter schreibt sie, dass in der Regel eine massvolle landwirtschaftliche Nutzung in der Zone S2 (trotz Gülleverbot) und in der Zone S3, wo die Nutzungseinschränkungen grösstenteils der guten landwirtschaftlichen Praxis entsprechen, möglich sei. Deshalb seien sie entschädigungslos zu dulden. Ebenfalls würden Entschädigungen zu unverhältnismässig hohen Ausgaben und Aufwendungen für die Wasserversorgungen führen.
«Was soll das Wischiwaschi mit guter landwirtschaftlicher Praxis», ärgert sich Ruth Büchi. Was die Ausgaben und Aufwendungen der Wasserversorger betrifft, sagt sie: «Bis die Vereinbarungen stehen, gibt es Aufwand. Aber dann läuft es ja zehn Jahre ohne grossen Aufwand, bis allenfalls eine Überprüfung der Entschädigungshöhe anstehen würde.» Es seien zudem keine grossen Summen, die ausbezahlt werden. «Das kann sich jede Gemeinde beziehungsweise jeder Wasserversorger leisten», so die Kantonsrätin abschliessend.
Was läuft in anderen Kantonen?
In den Kantonen St. Gallen, Luzern, Solothurn und Aargau existieren Wegleitungen, die als Leitfaden für die Entschädigung von Einschränkungen und Mehraufwänden der Bewirtschafter und Grundeigentümer von genutzten, in Schutzzonen liegenden landwirtschaftlichen Grundstücken dienen.
Laut Ruedi Streit, SBV Agriexpert, haben die erwähnten Wegleitungen nicht den Charakter einer gesetzlichen Norm und stützen sich nicht auf eine kantonale Gesetzgebung, wie es die Motionäre im Kanton Zürich fordern. Es handle sich vielmehr um Empfehlungen von Organisationen wie Bauernverbänden und Amtsstellen vor dem Hintergrund einer freiwilligen Entschädigungsregelung zur gütlichen Einigung.
Das bestätigt auch Tanja Schenker vom Amt für Wasser und Energie des Kantons St. Gallen. Sie sagt: «Wenn Entschädigungen für Nutzungseinschränkungen, Mehraufwände oder Mindererträge zwischen dem Wasserversorger bzw. Gemeinde und dem Landwirt ausgehandelt werden, handelt es sich um freiwillige, privatrechtliche Vereinbarungen.» Die im Jahr 2005 herausgegebene Empfehlung, welche unter anderem in Zusammenarbeit mit dem St. Galler Bauernverband und der Vereinigung der St. Galler Gemeindepräsidentinnen und -präsidenten erarbeitet wurde, diene als Basis für Verhandlungen von Entschädigungsansätzen und wird von Wasserversorgern, Gemeinden sowie Landwirten auch genutzt.
Ziel solcher Vereinbarungen sei eine möglichst partnerschaftliche Einigung beider Parteien zugunsten von sauberem Trinkwasser.