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Eine Zeitung schrieb einst über ihn: «Dieser Kerl ist eine Wucht: ein schwarzes Muskelpaket mit Zahnpasta-Grinsen.» Die BauernZeitung trifft Keno Veith an der Landtechnik-Messe Agritechnica in Hannover (Deutschland). Obwohl er umringt ist von Menschen, die mit ihm reden oder ein Selfie machen wollen, ist er nicht zu übersehen. Der Vater zweier Kinder ist vor zwei Jahren über Nacht bekannt geworden. Der Mitarbeiter eines Lohnunternehmers (oder im deutschen Dialekt: Lohner) blieb mit seinem Traktor in einem Acker stecken. Er kommentierte die Misere auf Plattdeutsch und stellte ein Video davon auf seine Facebook-Seite. Mittlerweile hat «De Schwatten Ostfrees Jung» («Der schwarze Ostfriesen-Junge») über 86'000 Fans auf Facebook und über 78'700 Abonnenten auf Instagram (Stand: 16. Dezember 2019).
BauernZeitung: Keno, dass du ein Internet-Phänomen geworden bist, hat mit einem simplen Video begonnen. Danach ging deine Zweitkarriere als Social-Media-Star ab wie eine Rakete. Woran liegt das?
Keno Veith: Das Video war überhaupt nicht geplant. Es hat sicher mit meinem Aussehen zu tun. Die Leute rechnen einfach nicht damit, dass ich Plattdeutsch spreche. Wegen meinem Irokesen-Haarschnitt werde ich immer wieder einmal mit Mister T (Quinton Jackson) aus dem Film A-Team verwechselt. Ich denke, die ganze Kombination hat das irgendwie ausgemacht.
Du hast mittlerweile dein eigenes Management, viele Termine und Anfragen. Kürzlich hast du sogar zwei Parfüms für wohltätige Zwecke herausgebracht. Wo ist die Grenze, bei der du sagst, das machst du nicht? Wir haben zum Beispiel gelesen, du hättest einem Auftritt in der Sendung «Bauer sucht Frau» abgesagt?
Es muss halt immer zu mir passen. Ich mache generell nur Sachen, mit denen ich mich identifizieren kann. Auch wenn ich Single bin, passt «Bauer sucht Frau» einfach nicht zu mir. Ich bin gelernter Mechaniker, kein Landwirt. Ich suche mir lieber im wahren Leben selbst eine Frau. Ich will auch nicht am Ballermann in Mallorca Schlager singen, das bin einfach nicht ich. Manchmal mache ich «just for Fun» eine Story auf Instagram, in der ich einen alten Schlager kurz mitsinge, aber das ist dann einfach, weil es mich gerade mitreisst oder zur Situation passt.
Du willst dich mit deiner Popularität unter anderem für das Plattdeutsche einsetzen. Was ist dir weiter wichtig, was willst du erreichen?
Die Sprache ist mir ganz wichtig. Dafür gibt es auf Instagram den #platterfreitag. Da sprechen Menschen in ihren Storys Plattdeutsch und ich teile das. Ich unterstütze auch Institutionen wie die «Quadengel Ostfriesland». Sie fahren Kinder aus dem Kinderhospiz mit dem Quad und erfüllen ihnen so einen Traum. Manchmal ist das der letzte Wunsch dieser Kinder. Die Quadengel machen viele wohltätige Veranstaltungen, die ich unterstütze. Wir leben in einer sehr schnelllebigen Gesellschaft. Solche Veranstaltungen bekommen viel zu wenig Aufmerksamkeit. Da versuche ich, auf meine Art zu helfen. Das ist mir mega wichtig. Ich lasse mir von niemandem vorschreiben, was ich mache. Das kommt alles von mir selbst.
Kürzlich demonstrierten die deutschen Landwirte, weil sie von der derzeitigen Umwelt- und Landwirtschaftspolitik ihre Zukunft und den sozialen Frieden im ländlichen Raum in Deutschland gefährdet sehen. Du warst auch an mehreren Demos mit dabei.
Genau, ich war in Berlin, Wiesbaden und in Oldenburg dabei - dort mit meinem Arbeitgeber und durfte ein Statement abgeben. Die Landwirtschaft ist einerseits der wichtigste Auftraggeber unseres Lohnunternehmens. Aber ich war nicht nur als Dienstleister mit dabei, sondern auch als Privatperson und Konsument. Es ist nun einmal Fakt: Man möchte auch in Zukunft wissen, wo die Nahrung herkommt. Ich muss doch den Landwirt direkt vor meiner Haustür unterstützen und nicht unbedingt jenen, der mehrere tausende Kilometer weit weg ist. Ich denke da sehr regional. Es geht um die Zukunft der Landwirte und die ihrer Hofnachfolger. Es waren an diesem Tag in ganz Deutschland 18 000 Landwirte und -innen auf der Strasse. Eine ähnlich grosse Bauernbewegung gab es meines Wissens zuletzt in den 1950er-Jahren. Das war schon eindrücklich.
Du bist auf dem kleinen Milchviehbetrieb deiner Grosseltern aufgewachsen. Landmaschinen faszinierten dich schon als Kind. Warum?
Nicht nur Landmaschinen, mich faszinieren alle Maschinen. Ich bin mit der Landwirtschaft gross geworden, das hat mich geprägt. Ich habe von ganz kleinen Treckern mit 34 PS bis heute Traktoren mit über 4000 PS schon mit allem gearbeitet. Das Schöne daran ist, dass man jeden Tag sieht, was man geschafft hat. Es ist immens, was die Technik erreicht hat. Die Schlagkraft der heutigen Maschinen ist überwältigend. Maschinen sind halt einfach mein Ding (lacht).
Eigentlich arbeitest du bei einem Lohnunternehmer, fährst riesige Traktoren. Was sind deine Lieblingsarbeiten und was machst du weniger gern?
Man sieht es ja in meinen Posts, meistens fahre ich Gülle. Wenn die Gülle separiert ist, dann macht das einfach Spass. Das ist geil (lacht herzhaft). Aber ich sitze auch gerne auf dem Mais-Häcksler und fahre gerne LKW. Ich mag die Abwechslung. Immer stupide das Gleiche zu machen, ist nichts für mich. Der Grund, weshalb ich dieser Branche so lange treu geblieben bin, ist, dass sie halt verdammt vielseitig ist. Büro ist hingegen so gar nicht meins. Durch Social Media ist viel Arbeit dazugekommen, die die Leute gar nicht sehen. Das ganze Schneiden der Videos, Nachrichten beantworten usw. - und das Ganze parallel zu meinem Job als Lohner. Das ist schon sehr zeitintensiv. Manchmal bin ich 16 Stunden am Tag am Handy, sieben Tage die Woche. Manchmal hat man dann so Tage, an denen man sagt, «Heute mache ich gar nichts.»
Selber Landwirt werden wolltest du nie?
Nein. Ich bin Maschinist und habe kein Händchen für Tiere. Ich fahre für mein Leben gern. Je grösser, desto besser. Je mehr Leistung, desto besser. Privat fahre ich leidenschaftlich gerne Motorrad.
Du siehst nicht aus wie der typische ostfriesische Lohner. Deine Mutter ist Kamerunerin, dein Vater ein ostfriesischer Agraringenieur. Hast du Erfahrungen mit Rassismus gemacht?
In meinem Alltag bin ich nicht mit Rassismus konfrontiert. Online kam natürlich schon der eine oder andere Kommentar. Aber ich habe eine sehr starke Community. Die Leute, die mir in den sozialen Netzwerken folgen, meine Follower, beseitigen solche Kommentare dann.
Wie bringst du alles unter einen Hut, deine Auftritte und deinen Beruf? Oder anders gefragt: Wann schläfst du?
Das funktioniert alles nur, weil ich gute Freunde, meine Familie und einen guten Chef habe.
Wird dir der ganze Rummel manchmal auch zu viel? Wie kommst du zur Ruhe?
Mit der Ruhe ist es so eine Sache. Man muss schon aufpassen, das habe ich auch gemerkt. Ich versuche, am Wochenende abzuschalten, wenn ich keine Auftritte habe. Die Zeit, die man für sich hat, muss man wirklich für sich selbst nutzen. Ich entspanne beim Motorradfahren, schraube an meinem Auto oder verbringe Zeit mit meinen Kindern.
Könntest du mittlerweile von Social Media leben?
Ich liebe diese Frage (lacht). Es gab Momente in meinem Leben, das wissen die Allerwenigsten, in denen ich gar nichts hatte. Ich bin ein anspruchsloser Mensch und deshalb komme ich immer klar.
Warst du eigentlich schon einmal in der Schweiz? Wie hat es dir gefallen?
Ich war in Meiringen im Berner Oberland an einem Videodreh. Es hat mir sehr gut gefallen. Ich habe noch nie so viel Schnee auf einen Haufen gesehen.
Was bedeutet dir Weihnachten und wie wirst du feiern?
Das Fest der Liebe, sagt man. Weihnachten ist irgendwie schwierig. Am Schlimmsten finde ich, was über die Festtage in den Medien geschieht. Es wird so viel Heuchelei betrieben in dieser Zeit. Bedürftige Menschen sind doch das ganze Jahr da. Warum kümmern sich gewisse Firmen dann plötzlich um diese Menschen, nur um sich in besseres Licht zu rücken? Warum sind sie nicht das ganze Jahr über aktiv? Weihnachten ist schön und gut – für die Kinder. Ich brauche es persönlich nicht so. Ich habe meine Kinder über die Festtage bei mir und werde die Zeit mit ihnen verbringen.
Zur Person
Keno Veith (Jahrgang 1981) ist in Ostfriesland (Deutschland) geboren. Heute lebt er im niedersächsischen Zetel. Veith arbeitet seit 20 Jahren für Lohnunternehmer. Von 2008 bis ins Jahr 2015 hatte er ein eigenes Lohnunternehmen. Er fährt gern Motorrad, betreibt regelmässig Krafttraining und hat früher in zwei Bands Schlagzeug gespielt und gesungen.
Mit diesem Video fing alles an:
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