Auch bei landwirtschaftlichen Gebäuden muss ab März im Kanton Luzern je nach individueller Situation ein Teil der Energie selber erzeugt werden. Gemäss Luzerner Energiegesetz vom Juni 2024 ist das Potenzial von Gebäuden zur Stromerzeugung «angemessen» auszunutzen, oder es ist eine Ersatzabgabe zu leisten. Die Pflicht gilt für Neubauten und auch bei Dachsanierungen bestehender Bauten. Konkret bei Gebäuden, die «beheizt, gekühlt, belüftet oder befeuchtet» werden, heisst es im Gesetz. Davon betroffen können je nach Situation somit auch Rindvieh-, Geflügel- oder Schweineställe sein, bestätigt Philipp Schnyder von der Luzerner Dienststelle Umwelt und Energie (Uwe).

Flächen über 25 m2

Kürzlich hat der Luzerner Regierungsrat nun in der Verordnung den Umfang der Eigenstromerzeugung sowie die Befreiungen davon genehmigt. Gesetz und Verordnung treten im März 2025 in Kraft. Die Pflicht gilt als erfüllt, wenn bei Neubauten die «belegbare Dachfläche» vollständig mit PV-Modulen ausgestattet wird. Bei Sanierungen ist es die Hälfte. Als «belegbar» gilt bei Neubauten die Hälfte der «nutzbaren Dachfläche», bei bestehenden Bauten ein Viertel der nutzbaren Dachfläche. Es werde bei Neubauten jeweils aufgrund der Neigung und Orientierung einer Teildachfläche beurteilt, ob der Platz zur Stromerzeugung geeignet sei und somit als nutzbare Teildachfläche gelte, erklärt Philipp Schnyder.

Ausgenommen von der Pflicht sind lediglich Dachflächen unter 25 m2 (das entspricht der Fläche von sechs PV-Modulen) oder solche mit gering erwartetem Jahresertrag und beispielsweise auch Gewächshäuser.

VZEV und LEG jetzt prüfen

Seit diesem Jahr können sogenannte virtuelle Zusammenschlüsse für den Eigenverbrauch (VZEV) gebildet werden. So ist die Stromvermarktung an die Nachbarschaft möglich, vorausgesetzt, die Gebäude liegen vor dem Einspeisepunkt. Ab 2026 sind auch Lokale Elektrizitätsgemeinschaften (LEG) möglich, innerhalb einer Gemeinde. Über diese Möglichkeiten und die weiteren Chancen des Stromgesetzes für die Landwirtschaft orientieren Fachleute an einer Informationsveranstaltung des Luzerner Bäuerinnen- und Bauernverbandes am Dienstag, 25. März.

Eine Anmeldung ist nötig an Mail: energieberatung(at)luzernerbauern.ch

Schweine- und Geflügelställe

Ausgenommen sind auch Gebäude, die keinen Energiebedarf aufweisen, das heisst keine Beheizung, keine Belüftung, keine Kühlung und keine Befeuchtung. Gemäss Bundesverfassung müssten die Kantone den Energieverbrauch in Gebäuden begrenzen. Hierfür seien in einer SIA-Norm zwölf Gebäudekategorien festgelegt worden, welche auch die energetischen Pflichten und Anforderungen definieren.

Allerdings könnten landwirtschaftliche Ökonomiegebäude nicht einer einzigen Nutzung und somit auch nicht eindeutig einer Gebäudekategorie zugeordnet werden, sagt Philipp Schnyder. Ein Hofladen, eine Werkstatt oder ein Stall hätten sehr unterschiedliche Energieverbräuche. Als Spezialnutzung gelten Geflügelställe, für diese gibt es ein Merkblatt der kantonalen Energiefachstellen. Und dieses sei sinngemäss auch bei beheizten Schweineställen anzuwenden, erklärt Schnyder.

Beurteilung im Einzelfall

Solche Gebäude müssten mindestens 5 W pro m2 Energiebezugsfläche (EBF) Eigenstrom produzieren, das gelte auch bei Dachsanierungen. Als massgebende Fläche gelte dabei die «beheizte Grundfläche» inklusive Konstruktionsflächen. Für Rindviehställe gebe es in der Regel keine Anforderungen für eine Solardachpflicht. Die saisonale Belüftung werde nicht als Belüftung beurteilt. Beheizte Melkstände müssten gedämmt werden, der ganze Stall gelte deswegen nicht als beheizt.

Grundsätzlich habe die zuständige Behörde die Anforderungen für eine allfällige Solardachpflicht von landwirtschaftlichen Gebäuden nach Ermessen zu definieren, und nicht nach einer Gebäudekategorie, sagt Philipp Schnyder. «Die Dienststelle Uwe steht der Bauherrschaft und der Gemeinde bei Bedarf zur Verfügung.»

Allerdings könne die Pflicht zur Eigenstromerzeugung für landwirtschaftliche Bauten kompensiert werden. So auf, in oder an einem anderen Gebäude innerhalb eines Areals derselben Eigentümerschaft, weist Schnyder auf die gegenüber bisherigen Auflagen geänderte Vollzugspraxis hin.


«Anlagen auf den optimierten Eigenverbrauch fokussieren»

Wie beurteilen Sie die neue Solardachpflicht im Kanton Luzern aus Sicht der Landwirtschaft?

Raphael Heini: PV-Anlagen für den Eigenverbrauch sind grundsätzlich sinnvoll. Ich empfehle diese 1:1 mit dem Verbrauch zu dimensionieren. Bei 50 000 kWh jährlich heisst das eine Anlage von etwas über 50 kWp. Allerdings kann eine Überdimensionierung bis 30 Prozent mit Abriegelung der Wechselrichter (Spitze brechen) Sinn machen, um zu Randzeiten oder im Winter mehr Strom selber nutzen zu können. Aufgrund der grossen Dachflächen kann die Pflicht aber den Eigenverbrauch übersteigen. Dann wäre zu prüfen, ob die Ableitung des Stromes gewährleistet ist. Zwar übernimmt Swissgrid seit diesem Jahr einen Teil der Kosten für die Anschlussverstärkung. Der LBV hat aber bei der Stellungnahme zum Energiegesetz darauf hingewiesen, dass bei unwirtschaftlichen Anlagen auf die Erstellungspflicht und Ersatzabgabe verzichtet werden soll und dass auch bestehende Anlagen berücksichtigt werden. [IMG 2]

Was ist aufgrund der neuen Vorschriften bei der Planung von landwirtschaftlichen Gebäuden zu beachten?

Die Dachflächen von neuen Gebäuden sollten eine günstige Ausrichtung für die Stromproduktion aufweisen. Dann ist mit dem Planer zu klären, ob eine Solardachpflicht besteht und wie gross die belegbare Dachfläche gemäss Verordnung ist. Es sollten immer mehrere Offerten von Elektriker und Solateur eingeholt werden. Und das Gesuch zum technischen Anschluss ist beim Netzbetreiber frühzeitig einzureichen, um zu klären, wie viel Strom über das Netz zurückgespeist werden kann.

Soll über die Pflicht hinaus gebaut werden?

Das hängt stark vom Eigenverbrauch des einzelnen Betriebes ab. Bei grossem Stromverbrauch lohnen sich auch grossflächige Anlagen. Der Stromzukauf vom Netzbetreiber sollte, wenn möglich, 50 000 kWh nicht übersteigen. Dies, weil sonst der Leistungstarif von Fr. 9.– pro kW teure Zusatzkosten verursachen kann.

Viele Bauern haben ihre Dachflächen vor Jahren schon voll belegt und konnten in der Vergangenheit auch von höheren Rückvergütungen profitieren. Nun sind diese viel tiefer, teils unter den Gestehungskosten. Was kann man da tun?

Sicher eben zuerst den Eigenverbrauch maximieren. Flexible, zeitlich ungebundene Verbraucher sollen auf die Produktion der eigenen Anlage abgestimmt werden. Das kann mit einem Solarmanagementsystem oder mit günstigen Zeitschaltuhren gesteuert werden. Mögliche flexible Verbraucher sind die Warmwasserproduktion oder das Rühren und Umpumpen von Gülle.

Wann machen Batteriespeicher Sinn?

Wenn der Eigenverbrauch schon optimiert ist, kann ein Batteriespeicher zeitlich unterstützen, den tagsüber produzierten PV-Strom in der Nacht einzusetzen. Vor allem bei einem hohen Nachtstromverbrauch. Neu gibt es ja seit diesem Jahr die Möglichkeit von virtuellen Zusammenschlüssen für den Eigenverbrauch (VZEV). Das kann sehr interessant sein, wenn benachbarte Grundstücke dafür infrage kommen. Auf der CKW-Website kann über ein Formular eine Anfrage gemacht werden, für welche Gebäude das mit dem gleichen Anschlusspunkt möglich wäre. Die Umsetzung sollte dann mit einem Elektriker überprüft werden. Und für die Administration gibt es verschiedene Dienstleister, welche die Abgleichung der Daten und die Abrechnung übernehmen.

Welche Tipps geben Sie heutigen und künftigen Solarbauern?

Zuerst soll auf einem Betrieb der Stromverbrauch gesenkt werden durch Energieeffizienz-Massnahmen. Die Agri-Peik-Beratung des LBV kann das Potenzial aufzeigen. Und es gibt einige Förderprogramme, so für Wärmepumpenboiler oder E-Hoflader. Wird eine Solaranlage gebaut, können die Stromkosten gesenkt und die Preise für die nächsten 25 Jahre abgesichert werden, zumindest für den Teil Eigenverbrauch. Interessant sind dafür auch Fassadenanlagen, für diese wurde der Förderbonus ab diesem Jahr stark erhöht. Und aufgrund des revidierten Raumplanungsgesetzes braucht es dafür künftig auch kein Baubewilligungsverfahren mehr.

Vorgaben anderer Kantone

Seit 2023 gilt gemäss nationalem Energiegesetz die Pflicht zur Nutzung der Solarenergie bei neuen Gebäuden. So ist gemäss diesem Gesetz bei Neubauten ab 300 m2 anrechenbarer Gebäudefläche (aGbF) ein Teil mit PV-Modulen zu belegen, auch wenn nicht alle Energie im Gebäude verwendet werden kann. Die Kantone können allerdings tiefere Mindestflächen vorschreiben. Aargau, Zug und Uri beziehen sich auf die Bundesvorgabe, haben allerdings die mit Modulen zu belegende Fläche unterschiedlich definiert. So gilt im Aargau ein Vorgabefaktor von 20, das heisst, bei einer aGbF von 300 m2 sind 60 m2 zu belegen. In Uri sind mindestens 20 Watt pro m2 aGbF mit Eigenstrom zu produzieren, in Zug sind es 10 W/m2 der Energiebezugsfläche.